Seit dem Sommer 2019 feuern regelmäßig bis zu 15 Bayern-Fans aus Kolbermoor und Rosenheim ihren „Herzens-Club“ bei Live-Übertragungen der Champions-League, dem DFB-Pokal oder Bundesliga-Highlights in ihrem eigenen Stadion-Halbrund an. Eine Aluminium-Tribüne mit Original-Sitzschalen der Münchner Allianz Arena ist das „Sahnehäubchen“ der Stadion-Atmosphäre. Ein Hochleistungs-Beamer sorgt auf einer von einem Malermeister eigens glattgespachtelten Hauswand mit einer imposanten Fläche von 7,5 Quadratmetern für das professionelle optische Live-Erlebnis. Dazu wird zum Anpfiff noch das FCB-Emblem in Farbe auf die Hauswand projizieren.
Bei Schlechtwetter, wie zuletzt am 8. März, kann die „Kolbermoorer Arena“ mit einem extra großen Gastroschirm als flexibles Stadiondach überspannt werden. „Spielabsagen gibt es für unser Outdoor-Fußballevent nur dann, wenn der Regen hier quer über den Tribünenplatz fegt. Aber das ist bis jetzt nur einmal passiert“, erklärt dazu Stadionchef Jockisch mit einem Lächeln.
Das auslösende Moment für diesen praktizierten Fan-Enthusiasmus war die Suche nach einem passenden Geburtstagsgeschenk für den langjährigen Fußball-Freund und FCB-Edelfan Dieter Brunnhuber. Die Kolbermoorer Bayern-Fans nutzten dabei eine einmalige Chance für langjährige Stadion-Jahreskarteninhaber.
So bot der FC Bayern seinen treuen Mitgliedern im Rahmen seiner Stadionmodernisierung der Münchener Allianz Arena die Möglichkeit zum Kauf von original Stadionsitzen an. Mit einer Punktlandung konnten nach ein paar „heißen“ Telefonaten und schnellem E-Mailverkehr elf Original-Sitzschalen des FCB-Arenen-Runds organisiert und unter großem „Hallo“ den Kolbermoorer Fußballfans präsentiert werden.
Der „Gag“ an der ganzen Sache ist, dass es Jockisch und seinen FCB-Mannen gelungen war, dass bei den georderten Sitznummern auch die beiden ganz speziellen Nummern 13 und 16 dabei waren, auf denen Jahreskarteninhaber Brunnhuber seit über 15 Jahren die Heimspiele des FCB in der Fröttmanninger Arena verfolgt hatte. „Das war eine Hammer-Überraschung, da wird der Hund in der Pfanne verrückt“, blickt der Beschenkte auch nach Jahren immer noch sichtlich perplex auf diesen Tag zurück.
Doch damit nicht genug. Mit perfekter Teamarbeit und professionellem Knowhow wurden die Sitzschalen kurzerhand noch in eine speziell konstruierte zweistufige Bühne aus Aluminium verbaut. Das kleine aber feine Highlight sind dabei Getränkehalter an jedem einzelnen VIP-Sitz. „Das gibt es nicht mal in den VIP-Loungen unseres großen FCB“, schmunzelt Harald Brunnhuber und zeigt dabei mit dem Daumen nach oben. Die Kolbermoorer FCB-Fandelegation ist ein bunter Mix aus Jung und Alt. Dazu gehört mit der 21-jährigen Helena Jockisch und Tamara Bauer auch eine gute Portion stimmliche Frauenpower.
Ab der ersten Spielminute merkt man deutlich, hier wird jede Sekunde, jede Minute Fußball-Emotion live gelebt. Frust- und Freud-Erlebnisse werden unter hohem körperlichen und stimmlichen Einsatz erlebt. „Klar regen wir uns auch mal über den ein oder anderen Schiri-Pfiff auf, aber die Fairness steht bei uns immer an der obersten Stelle“, macht dazu Johannes Heinritzi deutlich.
Nach 45 Minuten steht es noch Null zu Null. Die Kolbermoorer Fan-Delegation zeigt sich dennoch zufrieden und optimistisch, wenn es auch bis jetzt noch nicht das erwartete hochkarätige und packende Spiel war. In jeder Halbzeitpause, egal bei welchem Spiel, rückt der heiße Grill kurzzeitig in den Mittelpunkt, der nur gut drei Schritte von der VIP-Tribüne entfernt steht.
In nur 16 Minuten gehen 78 Stadion-Grillwürstel in 27 Semmel über die heiße Grillfläche an den Mann oder die Frau. Dabei werden mit großem Fußball-Insiderwissen die ersten 45 Minuten auf den Prüfstand gestellt, Spieltaktiken analysiert, über vergebene Torchancen diskutiert und Prognosen für die zweite Spielhälfte abgegeben.
22.04 Uhr: Pünktlich zum Anpfiff des zweiten Spielabschnitts sitzen die Kolbermoorer wieder auf ihren Arena Sitzen.
Sechs Minuten später reißt es alle von den VIP-Plätzen. Tor für die Bayern. Bevor Jockisch aber den Original Tor-Jingle der Allianz-Arena live einspielen kann, wird der Treffer wegen Abseits aberkannt.
In der 60. Spielminute ist es aber dann soweit. Eric Maxim Choupo-Moting trifft 1:0 für den Lieblingsclub. Alle sind aufgesprungen, klatschen sich ab oder schlagen sich vor Freude auf die Schultern. Wenige Minuten später macht Serge Gnabry dann mit dem 2:0 alles klar. Der Jubel auf der Kolbermoorer Tribüne ist riesig, alle sind schier aus dem Häuschen.
Nach dem Schlusspfiff ist dann erst einmal kräftiges Durchatmen angesagt. Man sieht nur noch glückliche und zufriedene Gesichter. „Wir haben der Pariser Millionen-Truppe gezeigt, wer der Boss im Haus ist. Geld allein schießt eben keine Tore. Was für ein geiles Spiel“, freut sich Stadionchef Jockisch diebisch und ballt dabei beide Fäuste.
„Der Großteil von uns ist quasi schon im Bayern-Trikot auf die Welt gekommen.“
Abschließend nach dem Grund für die große und intensive Fußball-Liebe zum FCB gefragt, lehnt sich Gabriel Häusler in seinem VIP-Sitz entspannt zurück. „Der Großteil von uns ist quasi schon im Bayern-Trikot auf die Welt gekommen. Das berühmt-berüchtigte FCB-Gen haben wir schon von Geburt an im Blut.“