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Förderung von Seilbahnen und Kunstschnee - Trotz Umwelt-Bedenken gerechtfertigt?

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Von: Heinz Seutter

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Debatte um Erneuerung der Kampenwandbahn
Umweltschützer haben an der Kampenwand ein Banner mit der Aufschrift „NO“ angebracht. Im Vodergrund ist die Sonnen Alm zu sehen. Größere Gondeln, mehr Kapazitäten, Barrierefreiheit - die Seilbahn auf die Kampenwand im Chiemgau soll erneuert werden. Einige Umweltschützer sehen die Pläne zur Erneuerung der Kampenwandbahn jedoch kritisch. © Sven Hoppe/dpa

Sowohl der Ausbau der Seilbahn-Infrastruktur als auch die künstliche Beschneiung werden in Bayern großzügig gefördert. Doch wie wird das von der Regierung gerechtfertigt, auch angesichts von Klimawandel und zunehmendem Bewusstsein für die Folgen übermäßigen Tourismus für die Umwelt? Zwei Stellungnahmen an Landtagsabgeordnete geben Antworten.

Landkreise Berchtesgadener Land/Rosenheim/Traunstein - „Seilbahnanlagen stellen eine entscheidende Infrastruktureinrichtung dar: Sie erhalten regionale Wertschöpfungsketten, sichern auf diese Weise Arbeitsplätze im ländlichen Raum und prägen den Tourismus in zahlreichen bayerischen Bergregionen. Darüber hinaus sind sie ein wichtiges Instrument zur Besucherstromlenkung in den Bergen. Viele Gemeinden in den bayerischen Bergregionen leben vom Tourismus, für die die Seilbahnen häufig die wichtigste lokale Infrastruktureinrichtung darstellen“, schreibt das Bayerische Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme auf eine Kleine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Florian von Brunn aus dem August 2020. Daher sei die finanzielle Förderung des Ausbaus des Seilbahnbetriebs eine wichtige Aufgabe des Freistaats.

Kapazitätserweiterungen seien dabei keine Voraussetzung für den Erhalt von Mitteln. „Die geförderte technische Erneuerung beziehungsweise Modernisierung bestehender Seilbahnanlagen geht aber häufig mit einem Ausbau der Beförderungskapazitäten der Anlage einher.“ - Ähnlich äußert sich das Ministerium auch in seiner Antwort an mehrere Abgeordnete der Grünen-Landtagsfraktion aus dem November 2021.

Kampenwandbahn & Unternberg - Immer wieder Debatten in der Region um Förderung von Seilbahnen und Kunstschnee

Der Ausbau der Seilbahn-Infrastruktur ist inzwischen immer häufiger auch Streitthema. Zuletzt sorgte der geplante Ausbau der Kampenwandseilbahn in der Region für Diskussionen. Diese hatte der Aschauer Gemeinderat 2016 beschlossen. Grundlage war ein neu ausgerufener Förderzeitraum des Freistaats für solche Maßnahmen. Geplant ist, die aktuelle Vierer-Gondelbahn in eine bodennahe kuppelbare Achter-Kabinenbahn auszubauen. Das erhöht die Transportmöglichkeiten und die Wartezeiten an Tal- und Bergstation sollen damit verringert werden. Ein genauer Zeitpunkt für den Ausbau steht noch nicht fest und damit auch noch kein Förderbescheid. Die Einrichtung einer Baustelle würde ein halbes Jahr dauern, die Bauzeit ein Jahr.

„Wenn der Ausbau kommt, dann bedeutet das den Kollaps für Bürger, Umwelt und Natur im Inntal“, kritisierte Peter Weimann aus Aschau, der eine Petition gegen die Maßnahme mit mehreren tausend Unterschriften auf den Weg brachte. Verkehrs-, Umwelt, Gesundheits- und Wirtschaftsgründe, die gegen den Ausbau der Kampenwandseilbahn sprechen nach Ansicht der Kritiker gegen den Ausbau. Beispielsweise könnten in der Folge an einem guten Tag bis zu 10 000 Menschen auf den Berg fahren. Das überlaste „die kleinräumige Natur und Landschaft des Kampenwandbereichs in Spitzenzeiten.“ - „Ich sehe keinen Massentourismus auf uns anrollen. Natürlich wird es am Anfang so sein, dass ein paar Interessierte mehr kommen werden, die die neue Seilbahn fahren wollen“, hielt e Herbert Reiter von der Tourist-Info in Aschau entgegen, „Aber wo sollen denn die ganzen neuen angeblichen Massen herkommen?“

Bisher eher zögerliche Entwicklung bei künstlicher Beschneiung in der Region

Nach Aussagen der Verantwortlichen kein Thema ist dabei künstliche Beschneiung. Nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums in der Antwort an Grünen-Abgeordnete aus dem November 2021 hat sich deren Anwendung in unserer Region aber ohnehin noch eher zurückhaltend entwickelt. Im Kreis Rosenheim gab es seit 2013 keine Zunahme der beschneiten Fläche mehr, damals nahm sie von 30,55 auf 33,55 Hektar zu. Im Kreis Traunstein nahm sie sogar ab. Einzig im Berchtesgadener Land stieg sie zweimal 2013 von 54,35 auf 57,05 Hektar und dann noch einmal 2016 auf 62,05 Hektar. Anders sieht es in Nachbarlandkreisen aus. Miesbach vergrößerte die beschneite Fläche von 2013 46,53 Hektar auf 117,53 Hektar und 2016 noch einmal auf 124,11 Hektar. Im Kreis Bad Tölz wiederum nahm sie 2014 von 24,74 auf 64,65 Hektar zu, 2019 wurde sie noch einmal auf 74,65 Hektar erweitert.

Entwicklung der beschneiten Fläche in der Region mit viel Skitourismus:

Kreis/Fläche201220132014201520162017201820192020
RO30,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha33,55 ha
BGL54,35 ha57,05 ha57,05 ha57,05 ha62,05 ha62,05 ha62,05 ha62,05 ha62,05 ha
TS44,92 ha43,42 ha43,92 ha43,92 ha43,92 ha43,92 ha43,92 ha43,92 ha43,92 ha
MB46,53 ha46,53 ha117,53 ha115,93 ha124,11 ha124,11 ha124,11 ha124,11 ha124,11 ha
TÖL34,75 ha34,75 ha64,65 ha64,65 ha64,65 ha64,65 ha64,65 ha74,65 ha74,65 ha
Oberbayern327,19 ha332,19 ha435,27 ha438,97 ha450,55 ha450,55 ha453,25 ha463,25463,25

Auch hier gibt es durchaus Konfliktpotenzial zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz in der Region. Anfang August des vergangenen Jahres ging der Streit um den Unternberg in eine nächste Runde. Die „meine Volksbank Raiffeisenbank eG“ hatte 14 Hektar Grund sowie die Liftanlagen am Ruhpoldinger Unternberg von der Gemeinde gekauft. Nachdem die Bank und Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU) sowie Landrat Siegfried Walch (CSU) dort Schneekanonen einsetzen wollen, um den oberen Teil der Piste wieder zu präparieren, schlugen der Bund Naturschutz Traunstein und Gisela Sengl, Landtagsabgenordete der Grünen, Alarm. Das Wirtschaftsministerium wiederum kommentiert in seiner Antwort, eine Förderung sei nur dann möglich, wenn keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen und das Vorhaben mit den Belangen des Umweltschutzes sowie der Raumordnung, insbesondere dem Alpenplan und dem Regionalplan, in Einklang steht, „Das heißt sämtliche öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren erfolgreich durchlaufen wurden.“

hs

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