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Vor Ort in der Ukraine: „Alles hat sich verändert; das ist nicht wie Corona. Es ist schrecklich.“

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Von: Sascha Ludwig

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Auf einem Handy zeigt Priester Roman die sicheren Gewölbe unter seiner Kirche
Priester Roman der Diözese Ternopil spricht über den Krieg in der Ukraine © sl

Bei der Übergabe der Hilfsgüter für die Diözese Ternopil hatten wir vor Ort die Gelegenheit, uns mit Roman zu unterhalten. Der Priester berichtet über Luft-Alarm, Geflüchtete in seiner Gemeinde und die Auswirkungen des Krieges auf die ukrainische Bevölkerung.

Landkreis Rosenheim/Ternopil - Im Rahmen des Hilfstransports in die Ukraine in der vergangenen Woche (9.-11. März), fungierte Priester Roman von der Diözese Ternopil als Ansprechpartner vor Ort. Auch heute noch koordiniert der Geistliche die eintreffenden Lieferungen aus Europa und leitet die benötigten Güter an bedürftige Stellen in seinem Wirkungskreis weiter. Vor Ort haben wir uns mit Roman unterhalten; im Gespräch zeichnet er ein ganz persönliches Bild vom Krieg.

Das ist eine Aufnahme von einem anderen Tag, letzte Nacht hatten wir das fünf Mal“, erzählt Roman, während er eine Handy-Aufnahme eines Luftalarms vorspielt. Danach zeigt er Fotos von einem sicheren Gewölbe, in dem aktuell bis zu 100 Flüchtende in seiner Gemeinde Schutz vor russischen Angriffen finden. Zuletzt folgt noch ein Foto seiner Familie; seine Miene verfinstert sich ein wenig.

„Im Moment wollen die meisten noch in der Ukraine bleiben.“

Die Solidarität im Land aber auch in Europa sei glücklicherweise sehr hoch, lobt Roman die Hilfsbereitschaft in Polen aber auch in Deutschland: „Zum Beispiel auch bei mir zuhause habe ich sieben Personen aus Kiew aufgenommen,“ berichtet er. Aktuell würde ein Großteil der ukrainischen Bevölkerung im Land bleiben, „doch schon morgen könnten sie sich entscheiden, das Land zu verlassen.“ Und dennoch: „Wer ohne Ansprechpartner nach Polen oder auch nach Deutschland geht, der ist alleine. Ohne Unterstützung ist man einfach alleine.

Der Krieg im Land treffe die Bevölkerung hart: „Laut neuesten Nachrichten wurden zum Beispiel in Charkiw 2058 Häuser zerstört. Diese Familien haben also nichts mehr. Sie kommen zum Beispiel nach Ternopil mit nichts als einer kleinen Kiste und im Schlafanzug“, berichtet Roman und weiter: „Insgesamt sind es nicht viele Menschen, die unser Land dauerhaft verlassen. Sie suchen nur einen ruhigen, sicheren Ort. Wie etwa die Städte in der Nähe der Grenze. Die Leute wollen aber wieder nach Hause. Man hat dort sein Leben zurückgelassen.

Mit Unverständnis blickt Roman auf die Ursachen aber auch die Auswirkungen des Krieges. Das Leben in der Ukraine sei bis vor kurzem noch geregelt und durchwegs westlich geprägt gewesen. Junge Menschen hätten studiert, jeder sei einem geregelten Leben nachgegangen. Selbst das Reisen ins Ausland sei jederzeit ohne Probleme möglich gewesen: „Alles war in Ordnung; wir sind eine pazifistische Nation,“ bekräftigt der Geistliche. „Aber alles hat sich verändert; das ist nicht wie der Corona-Virus. Es ist sehr schrecklich.“

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