Meinung
Entscheidung für Trassenverlauf des Brenner-Nordzulaufs: Das Ringen fängt jetzt erst richtig an
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Die planerische Festlegung auf eine Trassenvariante für den Brenner-Nordzulauf ist zweifellos ein Meilenstein, urteilt OVB-Chef-vom-Dienst Norbert Kotter.
Das Verfahren verlässt damit die Ebene des Prüfens und Ausschließens und schafft erstmals Fakten. Die Festlegung auf die Streckenführung östlich des Inns zeigt im doppelten Sinn des Wortes auf, wo der Weg nach den Wünschen der Bahn hinführen soll. Dass sie den Neubau eines dritten und vierten Gleises für erforderlich hält, ist ja schon lange kein Geheimnis mehr.
Der Trassenvorschlag ist allerdings keine Antwort auf die Bedarfsfrage. In der Tat hat es die Politik bisher versäumt, durch nachvollziehbare Zahlen den Streit darüber aus der Welt zu schaffen. Hier besteht weiter dringender Nachbesserungsbedarf – nicht zuletzt mit Blick auf die mit Sicherheit zu erwartenden Verwaltungsgerichtsverfahren.
Dialogprozess muss fortgeführt werden
Kritiker machen es sich allerdings zu leicht, wenn sie dieses Manko als ausreichend für die grundsätzliche Ablehnung der Planung erachten. Für die Notwendigkeit zusätzlicher Transportkapazitäten auf neuen Schienensträngen spricht nicht allein die Zunahme des Verkehrsaufkommens beim Alpentransit über den Brenner. Die Politik will aus Klimaschutzgründen insbesondere beim Güterverkehr künftig weit mehr Gewicht auf den ökologischen Aspekt legen und Verlagerungen von der Straße auf die Schiene vornehmen. Da wäre es geradezu fahrlässig, bei der Leistungsfähigkeit eines Jahrhundertprojekts wie dem Brenner-Nordzulauf allein auf die Bestandsstrecke zu setzen.
Verweigerungshaltung ist zu wenig
Bahn, Politik und die Bürgerinitiativen täten als Interessenvertreter gut daran, den begonnenen Dialogprozess fortzuführen. Auch wenn es ohne Justiz nicht gehen wird: Es muss das oberste Ziel bleiben, konsensorientiert möglichst viele Lösungen am Runden Tisch zu erarbeiten. Sie müssen Ökonomie und Ökologie in Einklang bringen und den an den Zulaufstrecken wohnenden Menschen ein hohes Maß an Lebensqualität garantieren. Das Ringen um eine optimale Lösung, zu der unter anderem ein weitaus höherer Untertunnelungsgrad gehört als derzeit vorgesehen, hat gerade erst begonnen. Hierfür sind Kreativität und Durchsetzungskraft gefragt, blanke Verweigerungshaltung ist auf jeden Fall zu wenig.