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Wenn es den Vereinen an der Führung fehlt - Wie Giulia Giardina helfen will

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Von: Martin Lünhörster

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Ehrenamtskoordinatorin Giulia Giardina hilft Vereinen Probleme zu lösen
Ehrenamtskoordinatorin Giulia Giardina hilft Vereinen Probleme zu lösen. © Hadersbeck/Landratsamt Rosenheim

Seit einem Jahr ist Giulia Giardina die Ehrenamtskoordinatorin des Landkreises Rosenheim und hilft den heimischen Vereinen, wenn Probleme auftreten. Um die Vereine aber auch fit für die Zukunft zu machen, bietet ihnen der Landkreis ein kostenlosen Coaching an. Giulia Giardina erklärt, worum es dabei genau geht.

Rosenheim - Viele Menschen sind Teil eines Vereins. Sei es nun der Schützenverein, der Sportverein oder etwas ganz anderes. Aber viele Vereine haben auch Nachwuchssorgen. Nicht nur, was die Mitgliederzahlen betrifft, sondern auch die Bereitschaft Verantwortung in der Vorstandschaft zu übernehmen. Oft sind die Vorstände der Vereine schon lange im Amt und wollen sich altersbedingt zurückziehen. Um den Vereinen die richtigen Werkzeuge mit auf den Weg in Richtung Zukunft zu geben, bietet der Landkreis ein Coaching an. Und das kostenlos. Organisiert wird das durch die Ehrenamtskoordinatorin des Landkreises Giulia Giardina.

Frau Giardina, Sie sind seit einem Jahr die  Ehrenamtskoordinatorin des Landkreises Rosenheim. Wie steht es denn um das Vereinsleben im Landkreis?

Giulia Giardina: Das Vereinsleben hier ist sehr bunt. Wir haben natürlich die traditionellen Vereine, wie jeder Landkreis auch. Aber es gibt auch ganz kleine, besondere Vereine. Zum Beispiel gibt es einen Verein, der sich um historische Rosen kümmert, ein anderer hat das Ziel alte Opernstücke wieder ins Leben zu rufen. Auch Tauschfreunde gibt es. Es ist sehr vielfältig.

Wie treten Sie mit den Vereinen in Kontakt?

Giardina: Wir haben einen Verteiler und auch über die Gemeinden schicken wir den Vereinen unsere Angebote. Wir haben großartige Vereine mit tollen Vorständen. Es ist unglaublich, was es für eine Resonanz auf das gibt, was wir anbieten. Unsere Veranstaltungen sind immer voll ausgebucht. Vor Kurzem hatten wir die Veranstaltung “Kassenführung im Verein”. Da hatten wir 25 Plätze und mehr als 200 Anfragen bekommen. Immer wieder bekommen wir Anrufe von Leuten, die fragen “Wie können wir das machen? Wir brauchen das dringend!” So wurde aus einer Veranstaltung zehn. Auch andere Veranstaltungen sind immer sofort ausgebucht. Unsere Vereine stehen tatsächlich vor großen Herausforderungen, aber die nehmen ihre Zukunft in die Hand. 

Das klingt so, als ob einige Vereinsvorstände ihre Hilfe brauchen. Sie bieten auch ein Vereins-Coaching an. Was wird da angeboten?

Giardina: Es gibt tatsächlich Vereine, die sich bei uns melden, weil sie große Schwierigkeiten haben. Auch schon vor Corona sind große Herausforderungen für die Vereine entstanden. Unsere Gesellschaft, das Ehrenamt und das Engagement ist im Wandel. Das spiegelt sich im Vereinsleben wider. Das heißt, dass es mehr Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Aber lieber ohne Struktur und oft nur auf einen bestimmten Anlass bezogen wie ein Bürgerfest oder Vorlesetage. Aber nicht in diesen strukturierten, langfristigen Ehrenämtern in Vereinen. Damit verteilt sich die Arbeit der Vorstände oft auf wenige Schultern.

Was bedeutet das dann für die Zukunft der Vereine?

Giardina: Die Vereine müssen sich in ihren Strukturen ändern, um sich den Herausforderungen zu stellen. Ein Thema ist der Nachwuchs, auch in den Vorständen. Viele Vorstände sind mittlerweile alt, können aber nicht aufhören, weil es keine Nachfolger gibt. Hier setzt das Coaching an. Wir unterstützen die Vereine, neue Vorstände zu finden. Um die Vorstandschaft zu motivieren und zu unterstützen, könnte ich mir auch bei uns eine Art Vereins-Führerschein für neu gewählte Vorstände oder Vereinsmitglieder, die sich die Vorstandschaft überlegen, vorstellen. Das ist aber erst eine Idee.

Wie könnte so ein Führerschein aussehen?

Giardina: Es gibt viele Module, über die sich die Interessierten an das Thema Führung heranarbeiten können. Es geht um auch um das Auftreten und Vereinsrecht, auf was man achten muss. Dabei spielt es keine Rolle, um welche Art Verein es sich handelt. Im November planen wir einen Fachtag. Vereine sollen auch sehen, ob sie anderswo neue Führungskräfte finden können und nicht immer nur in den traditionellen Kreisen. Vereine müssen sich ein bisschen öffnen, um sich den Herausforderungen zu stellen. Um auch die Lücke zwischen den “Alten Hasen” und den Jungen zu schließen. 

Was sind denn weitere große Herausforderungen?

Giardina: Ganz wichtig, besonders jetzt nach der Krise, den Fokus auf die Digitalisierung zu legen. Vor allem die kleinen Vereine haben hier Probleme, aber wir wollen, dass sie die Chance nutzen. Es gibt ein Projekt “Digital verein(t)” der Landesregierung. Wir versuchen hier für nächstes Jahr Standort zu werden. Wir werden immer wieder Veranstaltungen rund um das Thema Digitalisierung anbieten. Die erste Veranstaltung wird “Öffentlichkeitsarbeit im Verein - Homepage sicher gestalten” sein.

Heißt das, dass Sie auch bei der Erstellung einer Homepage helfen?

Giardina: Ja, vor allem in der Erstellung und wir schauen, dass alles richtig ist, auch in Bezug auf Datenschutz. 

Wie kann ein Verein an dem Coaching teilnehmen?

Giardina: Das Coaching ist ein passgenaues Angebot. Wir haben gemerkt, dass es im Landkreis ein großes Problem ist, Vereinsvorstände zu finden. Ich habe zusammen mit dem Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement diese Coachings in unseren Landkreis gebracht und hierzu mit einem Coach gesprochen. Acht Vereine im Landkreis haben dabei kostenlos die Möglichkeit, sich tief in das Thema einzuarbeiten. Interessenten haben bis Ende März Zeit sich zu bewerben. Eine Jury wird nach Gemeinsamkeiten suchen.

Wie sind diese Coachings aufgebaut?

Giardina: An fünf Terminen über das Jahr verteilt, helfen wir mit dem Coach den Vereinen, neue Vorstände zu finden. Dabei haben auch Vereine, die ähnliche Interessen haben, die Möglichkeit, sich auszutauschen. Es wird keine vorgefertigte Lösung geben, sondern in der Gruppe diskutiert, was notwendig ist. Der Coach hat viel Erfahrung und weiß, was den Vereinen hilft. Auch im Anschluss werden die Vereine weiter begleitet. Dieses Angebot ist dank einer Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales möglich.

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