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Weil „Glücksformel“ fehlt: Bald in der gesamten Region wieder schärfere Corona-Regeln?

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Von: Markus Zwigl

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Eine junge Frau lehnt sich traurig an ein Fenster und ein Schild mit Corona-Maßnahmen
Laut einer Studie setzten die Corona-Einschränkungen vielen Deutschen auch psychisch zu. © Westend61/IMAGO & Rene Traut/dpa

Derzeit ist die Inzidenz noch das alleinige Kriterium bei der Bewertung der Corona-Lage. Das soll sich aber ändern. Doch auf neue Parameter konnten sich die Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche nicht geeinigt. Was tun nun die Länder?

Bei der Einschätzung der Corona-Lage wollen sich neben Baden-Württemberg und Niedersachsen immer weniger Bundesländer ausschließlich nach den reinen Inzidenzwerten richten. In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kündigten zahlreiche Landesregierungen an, zur Bewertung des Infektionsgeschehens künftig weitere Kriterien heranzuziehen.

Die endgültige „Glücksformel“, von der Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gesprochen hatte, wird allerdings noch gesucht. „Klar ist, dass es neben der Inzidenz auch einen Blick in die Kontaktnachverfolgung und die Situation in den Krankenhäusern geben wird“, heißt es etwa aus dem Bremer Gesundheitsressort. Ob und welche neuen Warnstufen sich daraus ergeben, sei allerdings „noch nicht final geklärt“. Auch Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerium arbeitet weiter an den neuen Regelungen: „Diese stehen heute ebenso wie das Datum der Veröffentlichung noch nicht fest.“

Reicht Inzidenz als Parameter

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält hingegen die Sieben-Tage-Inzidenz für ausreichend. Sie habe sich bewährt. „Wir benötigen keine weiteren Parameter zur Einschätzung des Infektionsgeschehens“, sagte Lauterbach. „Der Beschluss der MPK, ab einem Wert von 35 eine Testpflicht für Ungeimpfte einzuführen, ist einfach und richtig.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich Anfang des Monats schon dafür stark gemacht, weitere Kriterien heranzuziehen. Sein bayerischer Amtskollege Söder gilt zwar als Fan des Inzidenzwerts, hält aber eine Einbeziehung der Klinikbelegung ebenfalls für sinnvoll. Zudem möchte der CSU-Chef die Schwellenwerte erhöhen, weil er angesichts des Impffortschritts bei einer Inzidenz von 50 keine Gefährdungslage mehr sieht. Doch wann wird in Bayern etwas geändert? Ab Dienstag (17.August) gelten im Landkreis Mühldorf wieder deutlich strengere Corona-Regeln, weil die 7-Tage-Inzidenz am 15. August mit 59,5 den Wert von 50 an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten hatte. Und das hat weitreichende Folgen:

Strenge Regeln bei Inzidenz über 50

Denn bei einer Inzidenz von über 50 ist der gemeinsame Aufenthalt im privaten oder öffentlichen Raum nur noch Angehörigen des eigenen Hausstandes sowie Angehörigen zweier weiterer Hausstände gestattet (nicht mehr als zehn Personen). Die Teilnahme am Präsenzunterricht kann nur mit einem negativen Testergebnis, das höchstens 48 Stunden vor Schulbeginn durchgeführt worden sein darf, erfolgen und es gilt Maskenpflicht.

In der Gastronomie muss eine Dokumentation zur Kontaktnachverfolgung erfolgen. Wenn an einem Tisch Personen aus verschiedenen Hausständen sitzen, ist zudem ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis erforderlich. Kontaktfreier Sport ist nur noch in Gruppen von bis zu 10 Personen ohne Testnachweis oder unter freiem Himmel in Gruppen von bis zu 20 Kindern unter 14 Jahren gestattet. Mit Testnachweis ist Sport jeder Art allerdings ohne Personenbegrenzung gestattet. Bei kulturellen Veranstaltungen unter freiem Himmel sind nur noch höchstens 1.500 Besucher mit festen Sitzplätzen (davon bis zu 200 Personen mit Stehplätzen) erlaubt. Und das sind noch nicht einmal alle Regeln.

Rosenheim und Berchtesgadener Land kurz vor strengeren Regeln

Und diese verschärften Regeln drohen fast der gesamten Region bzw. ganz Bayern. Die Stadt und der Landkreis Rosenheim liegen mit einer Inzidenz von 47,2 und 41,7 nur knapp unter 50. Und auch das Berchtesgadener Land meldete am Montag wieder eine Inzidenz von 47,2. Einzig die Landkreise Traunstein und Altötting stehen mit einer Inzidenz von 24,3 und 34,1 relativ stabil da. Aber das es ganz schnell gehen kann, bewies vor kurzem erst die Stadt Rosenheim. Dort stieg die Inzidenz innerhalb von fünf Tagen um 27 „Punkte“. Es ist also eine Frage der Zeit bis wieder strenge Corona-Regeln in Kraft treten.

Doch bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gab es vergangenen Dienstag keine Verständigung auf gemeinsame, neue Parameter, die als Grundlage für neue Einschränkungen oder Lockerungen dienen könnten. Tags darauf entschied Baden-Württemberg, die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz aus der Corona-Verordnung des Landes zu streichen. Damit dürfen dort ab Montag unabhängig von der Entwicklung der Infektionen alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen - vorausgesetzt, sie sind geimpft, genesen oder getestet. Niedersachsen kündigte gleichzeitig an, neben der Inzidenz weitere Bewertungsmaßstäbe in seine Corona-Verordnung aufzunehmen, wie etwa die Auslastung der Krankenhäuser.

Corona-Patienten in Kliniken als Parameter

Die Zahl der Corona-Patienten in den Kliniken scheint als zusätzliches Entscheidungskriterium weitgehend unstrittig zu sein. Einige Bundesländern verfahren sogar schon länger so. Als Indikatoren für das politische Handeln setzt etwa das Land Berlin seit über einem Jahr auf drei Corona-Ampeln, die neben der aktuellen Infektionsentwicklung auch die Auslastung der Intensivbetten im Blick haben. Auch in Mecklenburg-Vorpommern fließen die Klinikeinweisungen sowie der Anteil der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen in die tägliche Risikobewertung ein.

Auch die Intensivmediziner-Vereinigung Divi ist dafür. Mit Blick auf die Aufnahmezahlen von Krankenhäusern und Intensivstationen sowie die Auslastung der vorhandenen Intensivbetten sagte Präsident Gernot Marx der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag): „Auf den Intensivstationen werden diese Parameter schon jetzt in die täglichen Planungen vor Ort ein bezogen.“

Suche nach „Glücksformel“ dauert an

Schleswig-Holstein befürwortet ebenfalls zusätzliche Indikatoren und will dies spätestens bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz bundeseinheitlich regeln. Dabei solle unter anderem auch die Impfquote Berücksichtigung finden, heißt es aus Kiel. Auch die Regierung von Rheinland-Pfalz strebt „ein gemeinsames System aus verschiedenen Indikatoren“ an, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Die Suche nach der „Glücksformel“ dauert also länderübergreifend an.

Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, zur Beurteilung der Lage sei die Sieben-Tage-Inzidenz „ein wichtiger, aber nicht der alleinige Faktor“. Es gebe nach wie vor weitere Indikatoren wie die Impfquote, die Zahl der schweren Krankenhausfälle, freie Intensivkapazitäten oder den R-Wert. Dieser gibt an, wie viele andere ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt. „Dass einige Länder jetzt diese Komplexität in den Landesregeln abbilden wollen, begrüßen wir ausdrücklich“, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag. Er verwies zugleich darauf, dass laut dem jüngsten Bund-Länder-Beschluss zunächst einmal die 3G-Regel für einen Inzidenzwert ab 35 gelte - also Zutritt zu bestimmten Innenräumen nur für Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete.

mz/dpa

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