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Flüchtlings-Aufnahme: Landkreistag schlägt Alarm - Kommunen in der Region sind „am Limit“

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Von: Martin Lünhörster

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Die Landkreise stoßen an ihre Grenzen. Landräte Walch und Lederer hoffen auf Unterstützung aus Berlin und Brüssel.
Die Landkreise stoßen an ihre Grenzen. Landräte Walch und Lederer hoffen auf Unterstützung aus Berlin und Brüssel. © Berger/Landratsamt Traunstein/Rieger

Mehr und mehr Flüchtlinge kommen in die Region Rosenheim. Die Verwaltungen versuchen ihr Bestes, alle so gut wie möglich unterzubringen - stoßen aber langsam an ihre Grenzen. Und richten einen dringenden Appell in Richtung Berlin und Brüssel.

Rosenheim/Traunstein - Die Flüchtlingskrise spitzt sich mehr und mehr zu. 170.000 Flüchtlinge sind es laut dem Bayerischen Innenministerium derzeit. Mehr als zur Flüchtlingskrise 2015. Der Zustrom von Kriegsflüchtlingen und Asylsuchenden aus anderen Ländern bringt die Landkreise und die Kommunen an den Rand der Belastbarkeit. Dabei geht es nicht nur um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, auch das Angebot an Möglichkeiten zur Unterbringung ist nahezu erschöpft.

Die Landräte in den bayerischen Kreisen sehen Bayern am Limit. Laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Landkreistages hätten die Kommunen mehrfach versucht, den Bund und auch die EU um Hilfe zu bitten. Diese Ersuche blieben bisher unbeachtet. Dabei sei eine Lösung aus Sicht der Landräte nur durch ein schnelles Handeln der EU mit Unterstützung des Bundeskanzlers möglich. 

Andere EU-Staaten müssen mitziehen

Es gehe dabei vor allem um die Migranten, die von vornherein keine Aussicht auf ein Bleiberecht haben, sagte der Präsident des Landkreistages, der Landrat von Fürstenfeldbruck, Thomas Karmasin. „Menschen, die vor einem Krieg flüchten, und deren Leben in der Heimat bedroht ist, müssen in Europa Schutz finden können.“ Alle anderen müssten aber bereits an den EU-Außengrenzen abgewiesen werden. Zudem müsse sich die EU auf verbindliche Verteilungsquoten für die Mitgliedstaaten festlegen. „Die Herausforderung muss von denen geregelt werden, die es regeln können”, so Karmasin. Diese Meinung teilt auch Traunsteins Landrat Siegfried Walch. Deutschland und ein paar andere Länder können das nicht alleine stemmen, sagt er. Das müsse auf mehreren Schultern verteilt werden. „Aus meiner Sicht ist es unverständlich, dass man in Berlin die Sorgen und Probleme, die gerade in der Umsetzung zutage treten, nicht zur Kenntnis nehmen möchte.”

Unterkünfte sind voll ausgelastet

Bis dahin wird die Lage in den bayerischen Kreisen immer enger. Aktuell befinden sich im Landkreis Traunstein mehr als 3000 Flüchtlinge. Knapp 1950 davon aus der Ukraine. Mehr als 1900 von den insgesamt 3000 sind in den Unterkünften des Landkreises untergebracht, die anderen sind privat untergekommen. Im vergangenen halben Jahr hat sich die Lage dort immer weiter verschärft. Seit Herbst kommen alle zwei Wochen ungefähr 50 Flüchtlinge hinzu. 140 freie Plätze sind derzeit noch in den Unterkünften verfügbar. „Unsere Unterkünfte sind de facto voll”, sagte Landrat Siegfried Walch auf OVB-Anfrage. „Wir kämpfen Tag für Tag darum, dass wir die Personen, die in unseren Landkreis kommen, unterbringen können.”

Immer mehr Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge kommen in der Region an. Und jeden Monat werden es mehr.
Immer mehr Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge kommen in der Region an. Und jeden Monat werden es mehr. © Verena Klinger

Es sei eine Herkulesaufgabe, die es zu bewältigen gilt. Die aktuellen Kapazitäten reichen noch bis voraussichtlich Mitte März, heißt es von Seiten des Landratsamtes. Noch konnte der Landkreis Traunstein darauf verzichten, Turnhallen als Unterkunft zu nutzen. Nach dem Willen von Landrat Walch, soll das auch so bleiben, um Belastung für Schulen und die heimische Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Derzeit würde das noch gelingen, aber „es ist klar, dass es so nicht weitergehen kann.”

Den Luxus, auf Turnhallen verzichten zu können, hat man in Stadt und Landkreis Rosenheim nicht. In der Stadt Rosenheim leben derzeit 600 Flüchtlinge. 85 davon sind in der Luitpoldhalle untergebracht. Eine Situation, die sowohl für den Stadtrat als auch Oberbürgermeister Andreas März nicht hinnehmbar ist. Eine Alternative stehe derzeit aber auch nicht zur Verfügung. Daran ändern auch die neu aufgestellten Mobilheime an der Westerndorfer Straße nichts. Ab Ende März sollen dort 60 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden. 

Jeden Monat 100 neue Flüchtlinge

Der Landkreis Rosenheim beherbergt derzeit 2825 Flüchtlinge. 1968 davon sind Asylbewerber und 857 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Die meisten der Neuankömmlinge werden in Turnhallen untergebracht. Zumindest solange, bis geeignete Unterkünfte zur Verfügung stehen. „Bei den Turnhallen handelt es sich um reine Notunterkünfte”, heißt es von Seiten des Landratsamtes. Es sei dort auch ein großes Anliegen, die Hallen so bald wie möglich an den Schul- und Vereinssport zurückzugeben. Der Landkreis habe sein Möglichstes getan, um die in der Region ankommenden Menschen unterzubringen, sagt Landrat Otto Lederer.

„Dennoch hat sich die Lage in den vergangenen Monaten deutlich zugespitzt. Der Wohnungsmarkt - ganz besonders im Bereich der Flüchtlingsunterbringung - ist im Landkreis Rosenheim praktisch leergefegt”, sagt Lederer. Derzeit werden dem Landkreis jeden Monat etwa 100 Personen neu zugewiesen. Die Unterbringungsverpflichtungen und Versorgung seien kaum mehr zu bewältigen. Dazu kommen Probleme bei der Integration. Es fehle an Kitaplätzen, Lehren für die Schulen oder auch Sprachkursen. Landrat Lederer schließt sich den Forderungen des Kreistagspräsidenten an. Es fehle an finanzieller Unterstützung des Bundes und an politischen Entscheidungen, die zur Verringerung des Flüchtlingsstromes führen.

EU soll Problem lösen

„Ohne eine spürbare Begrenzung des ungesteuerten Zugangs vor Ort wird die Integration auf kommunaler Ebene scheitern”, sagt Landkreistagspräsident Thomas Karmasin. Auch eine überzeugende Entwicklungspolitik der EU sei entscheidend, um das Problem langfristig in den Griff zu bekommen. Die Situation in den Herkunftsländern, insbesondere der afrikanischen Staaten, müsse so stabilisiert werden, dass eine Migration aus wirtschaftlichen Gründen kein Ziel mehr sei. 

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