Corona-Fallzahlen explodieren
Prekäre Corona-Lage in der Region Rosenheim: Kliniken am Limit, in den Heimen wird‘s kritisch
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Die Corona-Lage ist äußerst angespannt in der Region Rosenheim – insbesondere, was die Belegung der Intensivstationen angeht. Die Kapazitäten in den Romed-Kliniken sind ausgeschöpft, die Zahlen steigen weiter. Auch in den Heimen wird es wieder kritisch. Dort sind aktuell die meisten Todesfälle zu beklagen.
Rosenheim – Prekär ist die Lage in den Romed-Kliniken, deren Intensivstationen bereits überbelegt sind. Um die Versorgung dennoch sicherzustellen und die steigende Anzahl an Covid-Patienten bewältigen zu können, muss nun umorganisiert werden: Personal wird nach Rosenheim beordert, dort wird die Zahl der Covid-Intensivbetten aufgestockt. Gleichzeitig werden seit dieser Woche planbare Operationen und Eingriffe abgesagt.
Kliniken schaffen neue Covid-Betten
Mit nunmehr 16 Covid-Intensivplätzen in Rosenheim und Einzelbetten an den Standorten Bad Aibling und Wasserburg hofft man, zumindest genügend Spielraum übers Wochenende zu haben. „Damit konnte zumindest Luft verschafft werden“, erklärt eine Romed-Sprecherin auf Anfrage. Kommende Woche müsste nach Möglichkeiten gesucht werden, die Bettenanzahl noch weiter zu erhöhen.
Angespannte Lage in den Romed-Kliniken
Stand Freitagmorgen befanden sich 74 Covid-Patienten zur stationären Behandlung in den Romed-Kliniken, davon 13 auf Intensivstation. Hinzu kommen acht Verdachtsfälle, davon einer auf Intensiv. Vier der insgesamt 14 Intensivpatienten müssen beatmet werden (Stand 5. November, 9 Uhr).
24 Covid-Intensivfälle in der Region
Im gesamten Rettungsdienstbereich, der die Landkreise Miesbach (Krankenhaus Agatharied) und Rosenheim sowie die Stadt Rosenheim umfasst, waren Freitagmorgen 119 Covid-Patienten in stationärer Behandlung (am 28. Oktober 86), davon 24 auf einer Intensivstation (Vorwoche 16).
Dr. Städtler: Extrem belastend
Insgesamt ist nach Aussage des Ärztlichen Leiters Krankenhauskoordinierung, Dr. Michael Städtler, eine weitere Steigerung der Belegung der Krankenhausbetten zu verzeichnen. Die Belegungszahlen mit Covid-19 sowohl auf Normal- als auch Intensivstation steige weiter an und nähere sich dem Spitzenwert der zweiten Welle bei gleichzeitig weniger zur Verfügung stehenden Kapazitäten. „Ein gleiches Bild zeigt sich im gesamten oberbayerischen Raum, sodass Abverlegungen im Umkreis nahezu nicht möglich sind“, erklärt Städtler. Auch Abverlegungen in weiter entfernte Regionen seien nur sehr vereinzelt möglich. Die Lage auf den Intensivstationen im Romed-Klinikverbund sei „extrem belastend“, die Intensivkapazitäten seien „ausgeschöpft“.
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Das Personal, so Städtler, befinde sich an der „absoluten Belastungsgrenze“. Und: Es würden fast ausschließlich ungeimpfte Patienten intensivmedizinisch versorgt. Städtler: „Für den Winter ist zu erwarten, dass saisonbedingt die Infektionszahlen weiter massiv ansteigen werden. Das wird die Belastung der Kliniken in der Region, vor allem im Intensivbereich, an ihre Leistungsgrenze bringen.“
Fallzahlen explodieren
Unterdessen schwellen die Inzidenzen weiter an, die Fallzahlen explodieren geradezu. Dem Staatlichen Gesundheitsamt Rosenheim wurden in dieser Woche täglich durchschnittlich etwa 220 neue Fälle (insgesamt 1520 Neumeldungen; Vorwoche: 1364) gemeldet. Am Donnerstag, 4. November, wurde mit 304 die bislang höchste Zahl neuer Fälle registriert.
Überwiegend Ungeimpfte
Und es bleibt dabei: Weit überwiegend sind, so belegen es die Erhebungen der Behörde, Ungeimpfte bei den neuen Fällen betroffen, knapp zwei Drittel der positiv Getesteten liegen im Altersbereich zwischen 18 und 59 Jahren.
Ausbruch in Unternehmen
Das Ausbruchsgeschehen in der Region ist aktuell vielfältig – und größtenteils „diffus“, wie es aus dem Gesundheitsamt heißt. Konkret betroffen war zuletzt ein Unternehmen im nördlichen Landkreis. Die Bilanz nach einer Reihentestung: 18 Positiv-Fälle.
Schulen und Kitas betroffen
Hinzu kommen 60 Fälle in 29 Schulen, die in die Herbstferien hinein gemeldet wurden, und 23 in 18 Kitas, wobei es sich um neun Ausbrüche mit 13 Folgefällen handelt.
Viele Fälle in Heimen
Besorgniserregend ist die Entwicklung in den Alten- und Seniorenheimen, wo bei Mitarbeitern und Bewohnern die Fallzahlen sprunghaft gestiegen sind. Laut Gesundheitsamt ist dabei der Anteil der positiv getesteten vollständig geimpften Bewohner beunruhigend hoch. Zum überwiegenden Teil waren die betroffenen Mitarbeiter ungeimpft. So wurden in dieser Woche in 19 Alten- und Pflegeheimen bei 104 Bewohnern (88 davon waren vollständig geimpft, 15 nicht geimpft, ein Fall nicht bekannt) und 46 Mitarbeitern (25 nicht geimpft, 14 vollständig geimpft, sieben unbekannt) Corona-Infektionen festgestellt.
Elf der betroffenen Heimbewohner (drei nicht geimpft, sieben vollständig geimpft, einer unbekannt) mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. „Die Zahlen unterstreichen eindrücklich, dass dringend Auffrischimpfungen bei vollständig geimpftem Personal und Bewohnern erforderlich sind, wenn die letzte Impfung vor mindestens einem halben Jahr stattfand. Sofern bislang keine Impfung erfolgte oder nicht vollständig geimpft wurde, sollten sie sich dringend Nachholimpfungen verabreichen lassen“, betont Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Gesundheitsamtes.
Fünf weitere Corona-Tote
Aus den Heimen sind aktuell die meisten Todesfälle zu beklagen: Vier der zuletzt insgesamt fünf Covid-Toten waren laut Gesundheitsamt in einem Heim untergebracht. Sie alle waren über 80 Jahre alt. Ein weiterer Corona-Todesfall in dieser Woche (Vorwoche: sechs Fälle) war zwischen 60 und 80 Jahre alt. Die Gesamtzahl der Corona-Todesfälle in Stadt und Landkreis Rosenheim erhöht sich damit auf 568 Personen (491 im Landkreis, 76 in der Stadt).
Die 7-Tage-Inzidenz liegt mit Stand 5. November für die Stadt Rosenheim bei 360,11 (am 28. Oktober 369,55), für den Landkreis Rosenheim bei 493,27 (am 28. Oktober 431,38).
Dr. Hierl: Risiken werden unterschätzt
Nach wie vor mäßig ist in der Region Rosenheim die Impfquote mit 57,21 Prozent durchgeführte Zweitimpfungen und 58,03 Prozent Erstimpfungen. „Nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Stadt und Landkreis ist vollständig geimpft. Die wöchentlichen Zuwächse bewegen sich nur im Zehntelprozentbereich. Das ist für einen nennenswerten Beitrag durch eine Herdenimmunität viel zu gering“, mahnt Dr. Hierl. Gründe für die Zurückhaltung beim Impfen seien oftmals, dass die Risiken einer Impfung deutlich überschätzt und die Gefährlichkeit der Corona-Erkrankung unterschätzt würden. Hierl weiter: „Auch die Stärke der Immunabwehr und Resilienz des Körpers bei gesunden, trainierten Menschen gegenüber einem potenziell tödlichen Virus wird oftmals falsch eingeschätzt.“
Kommt der Kollaps?
Der Gesundheitsamtsleiter rechnet angesichts der aktuellen Lage mit dem Schlimmsten: „Das Ziel einer ausreichend hohen Impfrate in der Bevölkerung von 85 Prozent ist in Stadt und Landkreis Rosenheim in absehbarer Zeit nicht zu erreichen. Dieses Ziel ist eher eine Fata Morgana als eine realistische Option.“
Wer aber nicht vollständig geimpft sei, so Hierl, werde sich unweigerlich infizieren und einige werden dabei schwer erkranken. „Es steht zu befürchten, dass in der Region im Winter eine bislang noch nicht dagewesene Welle an Infektionen und Erkrankungen bevorsteht, die dann mit den zur Verfügung stehenden Infektionsschutzmaßnahmen nicht zu beeinflussen sein wird. Dies wird zu einer weiteren Belastung und möglicherweise auch zu einem Kollaps der Kapazitäten der Intensivstationen in Stadt und Landkreis führen. Es wird aber auch dazu führen, dass das Gesundheitsamt aufgrund der Flut der täglichen Meldungen die Strategie der Einzelanordnungen gegenüber Indexfällen, Kontaktpersonen aber auch gegenüber Einrichtungen, wie Schulen und Kitas, Krankenhäusern, Heimen und Betrieben, nicht mehr leisten kann.“
Hierl begrüßt Verschärfungen
Die in dieser Woche im Südosten Bayerns veranlassten Verschärfungen hin zu 2G in Clubs, FFP2-Maskenpflicht und Quarantäneverlängerung für Ungeimpfte begrüßt Dr. Hierl ausdrücklich. „Alle diese Regelungen gehen in die richtige Richtung“,
kommentiert Hierl. „Nur durch wirkungsvolle Kontaktbeschränkungen von Ungeimpften lässt sich das Infektionsgeschehen abmildern. Ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen, bleibt abzuwarten und hängt ganz entscheidend von den Einlasskontrollen in den Einrichtungen oder bei den Veranstaltungen ab.“