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Renolit-Schließung in Thansau: So liefen die Klagen von drei Mitarbeitern

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Von: Heinz Seutter

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Die Schließung des Renolit-Werks im Ortsteil Thansau von Rohrdorf hatte am Arbeitsgericht Rosenheim noch ein juristisches Nachspiel.
Die Schließung des Renolit-Werks im Ortsteil Thansau von Rohrdorf hatte am Arbeitsgericht Rosenheim noch ein juristisches Nachspiel. © Thomae/hs (Montage)

Am Mittwochvormittag wurden am Arbeitsgericht Rosenheim die Klagen von drei Mitarbeitern des Renolit-Werks im Ortsteil Thansau von Rohrdorf verhandelt. Alle drei beklagten eine ungerechte Behandlung nach der Schließung des Werks Anfang März diesen Jahres.

Rohrdorf/Rosenheim - „Es ist ja ein bisschen so: Stellen Sie sich vor, Ihr Chef verkündet Ihnen, für Ihre gute Mitarbeit bekommen Sie 10.000 Euro. Zuerst freuen Sie sich, aber am nächsten Tag erfahren Sie, dass ein Kollege sogar 20.000 Euro bekommt. Da ist dann vermutlich die Stimmung erstmal etwas gedämpft. So ähnlich ist das, scheint es mir, auch hier“, führte der Vorsitzende Richter Dr. Robert Lubitz aus, „Sie haben gesehen, was ohne die Deckelung möglich wäre und halten das für ungerecht. Allerdings ist die Firma Renolit hier grundsätzlich im Recht. Der Betrieb hat die Verpflichtung, ihre Zukunft zu mildern, darf dabei aber auch in einem gewissen Rahmen Grenzen ziehen beziehungsweise Deckelungen vornehmen. Er kann Ihnen nun allerdings entgegenkommen, sofern es in einem für die übrigen Betroffenen fairen Rahmen bleibt.“

Am 6. März schloss die Renolit SE im Thansauer Gewerbegebiet die Pforten, einer von 30 Standorten in 20 Ländern des Unternehmens. Renolit, welches erst kürzlich 75-jähriges Jubiläum feierte, hat seinen Ursprung und Hauptstandort in Rheinland-Pfalz, der letzte berichtete Umsatz lag bei 1,032 Milliarden Euro im Jahr 2020. In Thansau werden vor allem Verpackungen im medizinischen Bereich mit Schwerpunkt auf Folien für Infusionslösungen produziert. Für knapp 100 Beschäftigte endete Anfang des Monats ihre Beschäftigung dort. Grund für das Aus in Thansau ist, laut der Firmenzentrale in Worms, dass die Zweigniederlassung seit vielen Jahren Verluste einfahren würde. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres war gemeinsam mit der Gewerkschaft ein Sozialplan einvernehmlich ausgearbeitet worden. Er habe selten einen so zugänglichen Vorstand eines Großunternehmens erlebt, berichtete Tobias Meinhardt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der die Verhandlungen zum Sozialplan im vergangenen Jahr begleitete, gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. Auf den ersten Blick schien also alles harmonisch abgelaufen zu sein.

Renolit Thansau-Schließung: Drei Mitarbeiter klagen am Arbeitsgericht

Allerdings meldeten sich in der Folge mehrere Mitarbeiter des Unternehmens bei unserer Redaktion und beklagten, dies sei keinesfalls so gewesen. Die Abfindungen für langjährige Mitarbeiter seien auf Höchstbeträge gedeckelt worden. „Etwa 60 Prozent der Kollegen sind noch nicht so lange dabei, wie wir. Für die, fast durchgehend junge Leute, mag das, unter Umständen, sogar nach einem richtig guten Deal ausschauen: Jetzt nochmal bis zur Schließung ordentlich rackern, aber dann eine schöne Abfindung. Und als junger Mensch findet man in der Branche sicher auch bald wieder einen neuen Job“, berichtete einer der Betroffenen. Anders sähe es jedoch für langjährige Mitarbeiter wie ihn aus, die keine so guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt mehr hätten. Angesichts dessen prangerten sie die Höhe der Abfindungen an, das Unternehmen habe ihrer Ansicht nach die Möglichkeit, seine treuen Mitarbeiter besser zu versorgen.

In der Folge kam es zu Klagen der Betroffenen. Drei davon wurden am Mittwochvormittag vor dem Arbeitsgericht Rosenheim verhandelt. Geklagt hatten zwei ehemalige leitende Mitarbeiter sowie eine Mitarbeiterin der Verwaltung. Bei ihnen handelt es sich nicht um diejenigen, welche bei unserer Redaktion vorstellig wurden. Allerdings sehen sie sich aus ähnlichen Gründen ungerecht behandelt. Sie beklagen, das ihre Abfindungen zu niedrig angesetzt seien. Auch beklagen sie ebenfalls, das keine Möglichkeit für eine Weiterbeschäftigung gegeben wurde. In ihren Fällen verhält es sich aber etwas anders, als bei ihren an die Öffentlichkeit getretenen Kollegen. Letztere beklagten, es habe sich um „reine Alibi-Angebote, die erst gemacht wurden, als wir schon unsere Klagen eingereicht hatten“, gehandelt habe.

Richter wird zum Schlichter

Etwas anders dagegen verhält es sich bei den drei Beschäftigten, deren Fälle am Mittwoch verhandelt wurde. Er sei auf sein Interesse für eine Stelle in gleicher Position in Waldkraiburg angesprochen worden, so einer der beiden leitenden Angestellten. „Im direkten Gespräch darüber hieß es dann aber, sie hätten bereits einen jüngeren Mitarbeiter dafür im Auge, der auch schon aus dem Betrieb dort stammt.“ Die Begründung für die Wahl gegen ihn sei in erster Linie gewesen, dass in seinem Fall eine zu lange Einarbeitungszeit zu erwarten gewesen wäre. „Ich bin aber der Ansicht, dass ich sehr wohl in einer zumutbaren Zeit eingearbeitet hätte werden können!“ Ähnliches beklagte auch der andere leitende Mitarbeiter. In seinem Fall ging es allerdings um eine Stelle im Ausland oder die Weiterbeschäftigung an einer Anlage, die an einen anderen Standort wechselte. „Beides ist aber keine legitime Begründung“, bemerkte Richter Dr. Lubitz.

Am Ende wurde der Richter in allen drei Fällen zum Schlichter. Der Anwalt von Renolit stimmte jeweils, im Namen der Firma, zu, über ein sogenanntes „Transfergesellschafts-Modell“, die Abfindung aller drei Kläger um einige tausend Euro zu erhöhen, was deren Zustimmung fand. „Diese Abfindungen sollen eine Übergangsphase ermöglichen, ihr Sinn und Zweck ist, eine Überbrückung zu bieten, bis sie eine neue Stelle gefunden haben“, betonte der Anwalt des Unternehmens. Darin stimmte ihm, wie erwähnt, der Vorsitzende Richter auch zu. Während die Fälle der beiden leitenden Angestellten noch relativ ausführlich behandelt wurden, stimmte die dritte Klägerin im Anschluss dem rasch getätigten Vorschlag einer ähnlichen Einigung zu.

hs

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