Bundeswehr-Querdenker drohte Politikern: Juristisch Ärger bekommt er nun aus anderem Grund

Er drohte der Regierung bei einer Demo mit Gewalt, rief zum Widerstand gegen Corona-Maßnahmen und Polizei auf. Über ein Jahr lang ermittelten die Behörden gegen den Noch-Gebirgsjäger Andreas O. Jetzt gibt es Ergebnisse.
Rosenheim - Unter anderem auf dem Ichikawaplatz in Rosenheim redete sich der Oberfeldwebel aus dem Gebirgsjägerbataillon 231 in Bad Reichenhall in Rage. Im Zuge der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie hatte sich der Gebirgsjäger offenbar radikalisiert. Und so rief er im Dezember 2021 in Rosenheim seine Kameraden in Uniform zum Widerstand gegen den Staat auf, drohte Politikern.
Bei einer Querdenker-Demo am Odeonsplatz in München wurde Andreas O., der aus dem Landkreis Traunstein stammt, von der Polizei kurze Zeit später sogar festgenommen. Seit den diversen Vorfällen ermittelten auch die Behörden. Und nun gibt es ein Ergebnis: Die Generalstaatsanwaltschaft in München hat beim Amtsgericht Traunstein einen Strafbefehl beantragt. Wegen Gehorsamsverweigerung. Erkennt Andreas O. den Strafbefehl an, wird er eine Geldbuße zu berappen haben. Im unteren vierstelligen Bereich, heißt es seitens der Generalstaatsanwaltschaft.
„Leichen auf Feldern verstreuen“: Krude Sprüche des Oberfeldwebels
Man werde sie in Scherben schlagen, „eure Leichen wird man auf den Feldern verstreuen“. Das drohte Andreas O. Politikern bei der Corona-Demo in Rosenheim an. Nicht nur dieses Video verschaffte Andreas O. große Bekanntheit in Querdenker- und Reichsbürgerkreisen. Filmen ließ er sich bei verschiedenen Gelegenheiten auch mit dem Möchtegern-Putschisten Maximilian E., einem Ex-Oberst der Bundeswehr, der bei der großen Reichsbürger-Razzia im vergangenen Dezember festgenommen wurde.
Die gewalttätige Sprache, die in diversen Clips dokumentierte Nähe zumindest zu Exponenten der Reichsbürger-Szene nährt Zweifel, ob Andreas O. sich wirklich noch auf dem Boden der Verfassung bewegt. Doch Zweifel sind offenbar zu wenig für die Generalstaatsanwaltschaft in München. Um dem Oberfeldwebel ein Vergehen wie etwa die Aufforderung zu einer Straftat vorzuwerfen, seien die Äußerungen zu unbestimmt, zu wenig konkret gewesen, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft auf OVB-Anfragen. Auf Vermutungen dürfe man sich nicht stützen, „wir haben kein Gesinnungsstrafrecht“. Zudem setze das Recht auf freie Meinungsäußerung hohe Hürden.
Die Äußerungen sind zu unbestimmt für handfeste Vorwürfe, sagt der Staatsanwalt
So führen die nach Ansicht der Behörde „eher allgemeinen Äußerungen“ - tatsächlich nannte Andreas O. weder einzelne Personen als Ziele noch einen Zeitpunkt - juristisch ins Nirgendwo. Geahndet werden soll daher offenbar nur eine Gehorsamsverweigerung des Oberfeldwebels.
Wobei bis auf weiteres offenbleibt, worum es sich dabei handelt. Möglich wäre ein Verstoß gegen das Verbot, weiter Uniform zu tragen. Aber auch die Weigerung, der Impfpflicht in der Bundeswehr Folge zu leisten, kommt in Betracht. Andreas O. hatte seinerzeit die Corona-Impfung verweigert und in einem offenen Brief an seine Vorgesetzten gegen die Anordnung Stellung bezogen.
Sollte Andreas O. den Strafbefehl anerkennen, wird also eine Geldstrafe fällig. Öffentlich verhandelt werden müsste die Angelegenheit, würde der Oberfeldwebel Einspruch einlegen. Dass er dies in Hoffnung auf die Bühne des Amtsgerichts tut, erscheint gar nicht ausgeschlossen. Eine Entscheidung ist auf jeden Fall noch für Februar zu erwarten.
Die Mühlen des Truppendienstgerichts mahlen sehr langsam
Länger wird es bei der Bundeswehr selbst dauern. Zwar hatte das Verteidigungsministerium via Twitter bereits im Dezember 2021 von nicht hinnehmbaren Äußerungen gesprochen und mögliche „Konsequenzen“ angekündigt. Auch die Vorgesetzten hatten sich in deutlichen Worten gegen Andreas O. geäußert: Er habe es nicht verdient, das Edelweiß länger zu tragen.
So schnell schießen die Preußen nicht, heißt es. Ein Spruch, der auch für das Truppendienstgericht gilt. Es prüft Vorwürfe auf disziplinarische Vergehen sorgfältig und langwierig. Dass der Oberfeldwebel irgendwann tatsächlich entlassen wird, gilt in der Truppe als wahrscheinlich, aber längst nicht als ausgemacht.
Es habe schon seine Richtigkeit, dass das Gericht nicht einfach der vermeintlichen Willkür eines Vorgesetzten folge, sondern unabhängig entscheide, sagte ein Sprecher des Bataillons 231, in dem der Oberfeldwebel gelistet ist. Eine Entscheidung aber könne sich in Extremfällen über Jahre hinziehen. Bis dahin zahlt Vater Staat viel Geld an seinen vom Wege abgekommenen Sohn: auf ein Jahresnetto von knapp unter 30.000 Euro dürfte ein Oberfeldwebel im Alter von Andreas O. kommen. (Quelle: die unabhängige Seite www.oeffentlicher-dienst.info).