1. rosenheim24-de
  2. Rosenheim
  3. Rosenheim Land
  4. Stephanskirchen

Zwischen Brenner-Nordzulauf und Räuber Hotzenplotz: Emotionaler Spagat in Stephanskirchen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Sylvia Hampel

Kommentare

Ein Mann in Trachtenweste schwingt in einem Festzelt den Taktstock. Es ist Karl Mair, Bürgermeister von Stephanskirchen
Bürgermeister Karl Mair hat 2022 - meist erfolgreich - den Takt vorgegeben © re

Der Blick zurück enthielt ein Quantum Zorn. Weil die Bahn mit einem Federstrich die Trinkwasserversorgung bedroht. Der Blick voraus ein Quantum Freude. Weil der neue Ortsteil immer konkreter wird. Und weil 2023 Otfried-Preußler-Jahr ist. Chefsache für Stephanskirchens Bürgermeister Karl Mair.

Stephanskirchen - Wann welches Geld für was ausgegeben wird steht auf der Prioritätenliste. Dazu gibt es einen gedanklichen „Fahrplan“, wann was angegangen werden soll. „Und dann ist vieles doch wieder anders gelaufen, als vor einem Jahr erwartet“, stellte Bürgermeister Karl Mair fest, als er auf 2022 zurück- und auf 2023 vorausblickte.

Denn damit, dass Russland die Friedensordnung in Europa über den Haufen werfen würde, konnte zum Jahreswechsel 2021/2022 niemand rechnen. Also auch nicht damit, dass im März 60 Geflüchtete aus der Ukraine in Stephanskirchen untergebracht und betreut werden mussten. Und nicht damit, dass sich Gemeinde zum Ende des Jahres Gedanken machen musste, was im Falle eines Blackouts zu tun ist.

Dass Stephanskirchen weiter gegen den Brenner-Nordzulauf (BNZ) kämpfen würde, war hingegen vor einem Jahr klar. Dass sich da eine neue Front auftun würde, aber nicht. Im Juli hatte die Gemeinde endlich, nach fast zehn Jahren Arbeit und einer Million Euro Ausgaben, den Antrag auf Ausweisung des Schutzgebietes für den eigenen Trinkwasserbrunnen beim Landratsamt eingereicht.

Ein Luftbild eines Teils der Gemeinde Stephanskirchen mit zwei farbigen Linien für die Trassen des Brenner-Nordzulaufs
Das größte Ärgernis 2022: die pinke Trasse des Brenner Nordzulaufs läuft direkt über den gemeindlichen Trinkwasserbrunnen © re

Im Herbst zieht die Bahn neben der violetten noch eine pinke Linie durch das Gemeindegebiet. Genau über den Brunnen. Und schweigt fein still. Hat aber nicht mit dem aufmerksamen Mair gerechnet. Dem fiel, als die pinke Trasse bei einem Dialog-Forum an die Wand geworfen wurde, das Fiasko auf. So viel zum von der Bahn viel beschworenen transparenten Dialog mit den Gemeinden. Die Folge: Der Gemeinderat verabschiedete erneut einstimmig eine Resolution gegen den BNZ.

So einig sind sie sich nicht immer, die Stephanskirchner Kommunalpolitiker. Der laut Bürgermeister „bunteste Gemeinderat im Landkreis“ - mit acht Parteien und Gruppierungen - schafft es zur Freude des Bürgermeisters aber sehr häufig, sich in den Diskussionen auf einen Konsens zu einigen, den fast alle mittragen können. Und es herrscht großes Vertrauen zwischen Gemeinderat und Gemeindeverwaltung, „einfach gut“, findet der Mann an der Nahtstelle.

Die Erweiterung der Otfried-Preußler-Grundschule ist schon weit fortgeschritten.
Die Erweiterung der Otfried-Preußler-Grundschule ist schon weit fortgeschritten. Im September sollen hier alle Stephanskirchner Grundschüler Platz finden © Peter Schlecker

Und nötig, denn 2023 steht in Stephanskirchen wieder einiges an. Die Erweiterung der Otfried-Preußler-Grundschule soll bis zum Ende der Sommerferien fertig sein, endlich ein Standort für das neue Gerätehaus der Feuerwehr Schloßberg gefunden werden, gemeindliche Liegenschaften mit PV-Anlagen ausgestattet und der Badesteg für Menschen mit eingeschränkter Mobilität in Baierbach fertig sein. Zweiter Bürgermeister Robert Zehentmaier empfahl den Mitarbeitern der Verwaltung und seinen Ratskollegen in der letzten Sitzung des Jahres: „Über die Feiertage mal runterfahren, damit wir 2023 kommunalpolitisch wieder gut durchstarten können.“

Das größte Projekt der Gemeinde wird 2023 noch ein Stück konkreter: Für den neuen Ortsteil im Südosten von Haidholzen beginnt die Bauleitplanung. Wohnraum für 500 bis 700 Menschen ist dann kein Gedankenspiel mehr, sondern einen Schritt näher an die Realität. Auch wenn bis zum Einzug der ersten Bewohner noch ein paar Jahre vergehen werden.

Das Rathaus der Gemeinde Stephanskirchen im Ortsteil Schloßberg wird 20 Jahre alt
Das „neue“ Rathaus in Schloßberg wird 2023 20 Jahre alt - und liefert einen von vielen Gründen zum Feiern © Peter Schlecker

Anlässe zur Freude und zum Feiern gibt es 2023 in Stephanskirchen genug: Der Abwasserzweckverband Simssee wird 50 Jahre alt, das Rathaus auch schon wieder 20. Die Theatergruppe Stephanskirchen plant ein großes Freilichtspiel. Viele andere Feste und Kulturangebote übers Jahr kommen dazu.

Einer aber steht 2023 ganz besonders im Scheinwerferlicht: Otfried Preußler. Der Schriftsteller, Schulleiter und Stephanskirchner Ehrenbürger wäre am 20. Oktober 2023 100 Jahre alt geworden. Eine große Räuber Hotzenplotz Mitmachausstellung, Leseabende für Erwachsene und Lesenachmittage für Kinder sowie ein Zeitzeugenabend an Preußlers Geburtstag sind gesetzt. Andere Veranstaltungen planen Mair und Bibliotheksleiterin Ursula Dreischl noch. Auch der Kindergarten „Räuber Hotzenplotz“, die Otfried-Preußler-Schule, der Kulturclub, Innszenierung, die Stadtbibliothek Rosenheim, der historische Verein Rosenheim und die Theaterinsel arbeiten an vielfältigen Angeboten. Fans der kleinen Hexe, des Wachtmeisters Alois Dimpflmoser und des kleinen Wassermanns können sich vorfreuen.

Auch interessant

Kommentare