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Alpenbus Rosenheim-Bad Tölz: Antworten zu Planung, Finanzierung und MVV-Beitrittsfolgen

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Von: Heinz Seutter

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Die Stadt Rosenheim hat sich aus Kostengründen gegen einen Alpenbus entschieden. Und dass, obwohl der Freistaat bis zu 65 Prozent des Betriebskostendefizits übernehmen würde.
Die Stadt Rosenheim hatte sich 2021 zunächst aus Kostengründen gegen einen Alpenbus entschieden. Inzwischen wird aber wieder verhandelt. © picture alliance/dpa

Ab Sommer 2024 soll eigentlich der sogenannte „Alpenbus“ zwischen Bad Tölz und Rosenheim in Betrieb gehen. Ob es dazu kommt, ist allerdings noch nicht gesichert, die Stadt Rosenheim verhandelt aber aktuell wieder. Unterdessen beantwortet das Bayerische Verkehrsministerium gegenüber einem Grünen-Landtagsabgeordneten eine Reihe von Fragen zu dem Projekt.

Rosenheim - „Im Zuge der Planungen hat sich gezeigt, dass die Herausforderungen an den Betrieb, in erster Linie lange Gesamtfahrzeiten, schwierige Fahrplaneinhaltung durch fehlende Pufferzeiten bei nur kurzen Wendezeiten und der Expressbuscharakter nicht in einer Linie abgebildet werden können“, erklärt das Bayerische Verkehrsministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Andreas Krahl. „Gute Anschlüsse zum und vom Schienenpersonennahverkehr an den Linienstart- beziehungsweise Linienendpunkten in Murnau beziehungsweise Rosenheim können mit einer durchgehenden Linie, die zugleich auch die Firma Roche anbindet, aufgrund der Fahrzeiten nicht hergestellt werden. Aus diesen Gründen wurde von der ursprünglichen Idee der durchgehenden Linie Abstand genommen.“

Bayerisches Verkehrsministerium beantwortet Fragen über Alpenbus Rosenheim-Bad Tölz

Die Inbetriebnahme des Alpenbusses sei bereits vor Fertigstellung der Nordumfahrung von Bad Tölz vorgesehen. Diese soll ungefähr Ende 2025 erfolgen, wie unser Partnerportal merkur.de* berichtet. „Auch nach der Fertigstellung der Nordumfahrung wird die Verkehrsbelastung in Bad Tölz hoch sein. Fahrzeitverluste bei außergewöhnlichen Ereignissen sind deshalb nicht ausgeschlossen. Daher sind auch künftig entsprechende Fahrzeitreserven und Pufferzeiten erforderlich“, so das Ministerium weiter. Es verneint außerdem, dass eine Weiterführung ins Allgäu beziehungsweise nach Landsberg am Lech zu irgendeinem Zeitpunkt beziehungsweise aktuell geplant sei. „Die Abstimmung der Linienführung erfolgte bedarfsorientiert gemeinsam mit den Aufgabenträgern, dem Freistaat und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft anhand von Kriterien wie Pendlerverflechtungen, zu erschließenden Arbeitsplatzangeboten sowie Tourismus- und Freizeitzielen.“

Grünen-Landtagsmitglied Andreas Krahl regte eine Petition im Landtag an, um dem Lärm der neuen A 94 zu Leibe rücken zu können. Sutherland
Grünen-Landtagsmitglied Andreas Krahl. (Archivbild) © red

Ab Sommer 2024 soll eigentlich der sogenannte „Alpenbus“ zwischen Bad Tölz und Rosenheim in Betrieb gehen. Ob es dazu kommt, ist allerdings noch nicht gesichert. Vor kurzem erst wurde ein Sachstandbericht im Ausschuss für Umweltangelegenheiten, Landwirtschaft, räumliche Entwicklung, Natur- und Klimaschutz sowie Mobilität des Landkreises Rosenheim vorgestellt. Nachdem der Verkehrsausschuss der Stadt Rosenheim eine finanzielle Beteiligung am Projekt im Dezember 2021 abgelehnt hatte, sind jetzt die Planer gefragt. „Sie sollen klären, wie man optimieren könnte“, sagte Landrat Otto Lederer. Noch sei nichts entschieden. Der Geschäftsführer der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft Oliver Kirchner rechnet aber damit, dass sich die Inbetriebnahme des Alpenbusses verzögern wird, möglicherweise ins Jahr 2025. Zuletzt hatte die Stadt am Mittwoch mitgeteilt, dass sie derzeit mit den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen und Miesbach verhandelt. „Dabei ist speziell zu prüfen, ob für die Stadt eine wirtschaftlich günstigere Lösung möglich ist.“

Ministerium nennt Beispiele für gelungene vergleichbare Projekte

„Die Ausschreibung und Vergabe der Verkehrsleistungen liegt im Zuständigkeitsbereich der ÖPNV-Aufgabenträger“, fährt das Ministerium in seiner Antwort an den Grünen-Abgeordneten Krahl fort. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG), den gemeinsamen Aufgabenträger von Stadt und Landkreis Rosenheim. „Die am Alpenbus beteiligten ÖPNV-Aufgabenträger haben die MVV Consult GmbH mit der Planung und Durchführung der Ausschreibung beauftragt.“ Wiederum der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen übernehme eine Koordinierungsfunktion zwischen den Landkreisen, dem Freistaat als Fördermittelgeber und der MVV-Consult GmbH. Bei allen Beteiligten gäbe es außerdem Projektverantwortliche.

Gefragt nach vergleichbaren Beispielen weist das Ministerium darauf hin, dass 2021 die ersten beiden landesbedeutsamen Buslinien den Betrieb aufgenommen hätten. „Das sind zum einen der ‚Coburger‘ von Gersfeld nach Coburg, zum anderen der MVV-Expressbusring, der mit sieben Tangentialbuslinien einen Ring um die Stadt München bildet und direkte Fahrten ohne Umweg über die Münchner Innenstadt ermöglicht. Die Betriebskostendefizite dieser Linien werden in gleichem Umfang staatlich gefördert, wie der Alpenbus gefördert werden soll, durch eine sogenannte degressive Förderquote in Höhe von 65 Prozent im ersten Jahr, 60 Prozent im zweiten, 55 Prozent im dritten und ab dem vierten Jahr mit 50 Prozent dauerhaft, gegebenenfalls zuzüglich Fünf-Prozent-Zuschlag für Regionen mit besonderem Handlungsbedarf.“

In Baden-Württemberg gäbe es eine ähnliche Förderung für sogenannte Regiobuslinien. „Gefördert werden Verkehrsleistungen im Betrieb von Linien des straßengebundenen ÖPNV mit Kraftfahrzeugen, die den Schienenpersonennahverkehr ergänzen. Das Land Baden-Württemberg erstattet grundsätzlich die Hälfte – im Einzelfall 60 Prozent – der durch die Einrichtung der Regiobuslinie beziehungsweise des damit verbundenen Bedienungsstandards entstehenden Kostenunterdeckung. Die Aufgabenträgerschaft verbleibt ebenfalls beim ÖPNV-Aufgabenträger.“ Weitere Beispiele seien der PlusBus in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Brandenburg mit über 100 Linien. „Eine Einführung im Saarland, Niedersachsen und in Schleswig-Holstein wird derzeit geprüft.“

Fragen zu Kostenschätzung und -beteiligung sowie Konsequenzen von MVV-Beitritt beantwortet

Die dem Planungskonzept zugrundeliegende aktuelle Kostenschätzung liege bei 2,5 bis 2,7 Mio. Euro jährlich. „Die Eckpunkte der Qualitäts- und Fördervorgaben wurden mit den Koordinationslandräten der Phase 1 und den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt. Eine Umsetzung der Fördereckpunkte in eine Richtlinie ist vorgesehen, wegen geringer Fallanzahl aber bisher noch nicht erfolgt“, führt das Verkehrsministerum weiter aus. Die voraussichtliche Höhe der Einnahmen sei nicht mit festen Werten eingerechnet. „Konservativ geschätzt wird eine Kostendeckung von zehn bis fünfzehn Prozent der Betriebskosten im ersten Betriebsjahr bis hin zu 25 Prozent ab dem vierten Betriebsjahr angenommen. Die entsprechenden Einnahmen werden von den Betriebskosten abgezogen.“ Die Förderung beziehe sich auf das verbleibende Betriebskostendefizit. Einnahmen durch Werbung auf den Fahrzeugen seien in den bisherigen Kalkulationen nicht berücksichtigt. „Im MVV-Regionalbusverkehr ist Fahrzeugwerbung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber eher die Ausnahme. In Relation zu den Gesamtkosten sind mögliche Werbeerlöse als vergleichsweise gering einzuordnen.“

Die verbleibenden geschätzte jährliche Finanzierungsanteile nach Abzug der Förderung, würden für den Freistaat Bayern 1.600.000 Euro, für den Landkreis Miesbach 351.000 Euro, für den Landkreis Miesbach 351.000 Euro, für den Landkreis Weilheim-Schongau 181.000 Euro, für den Landkreis Rosenheim 149.000 Euro, für die Stadt Rosenheim 75.000 Euro und für den Landkreis Garmisch-Partenkirchen 53.000 Euro betragen. „Die Aufteilung erfolgt nach dem Territorialprinzip, das heißt nach dem jeweiligen Anteil der im Bereich des Aufgabenträgers gefahrenen Kilometer“, so das Verkehrsministerium.

Zuletzt geht das Ministerium noch auf Fragen Krahls über die Auswirkungen eines MVV-Beitritts für einen Landkreis ein. Mehrere Landkreisen und kreisfreien Städten, darunter auch Rosenheim, lassen derzeit den möglichen Beitritt zum MVV in einer vorbereitenden Grundlagenstudie untersuchen. „Mit einem Verbundbeitritt sind keine quantitativen Vorgaben für das ÖPNV-Angebot verknüpft. Die Angebotsgestaltung bleibt weiterhin Sache der zuständigen Aufgabenträger“, betont es. „Es entstehen einmalige sowie dauerhafte verbundbedingte Kosten. Im Rahmen der aktuell durchgeführten Grundlagenstudie zur Bewertung der verkehrlichen und wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit einer Verbunderweiterung werden die kommunalen Kosten für den Beitrittsfall ermittelt. Da bei den Planungen zum Alpenbus eine mögliche Verbunderweiterung bereits berücksichtigt wird, hat der Alpenbus voraussichtlich keine oder nur geringe Auswirkungen auf die verbundintegrationsbedingten Kosten.“

hs

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