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Botschafter für Inklusion: Staatliche Berufsschule II in Rosenheim erhält Auszeichnung

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Von: Anna Heise

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Rosenheim – Die Zahl der Schulen mit dem Siegel Inklusion steigt. Mittlerweile gibt es 432 Einrichtungen in Bayern, bei denen das Thema fest im Schulprofil verankert ist. Seit einigen Tagen gehört auch die Staatliche Berufsschule II in Rosenheim offiziell dazu. Ein Gespräch mit Schulleiterin Christiane Elgass.

Wie wichtig ist Ihnen als Schulleiterin die Auszeichnung?

Christiane Elgass: „Natürlich freue ich mich, wenn wir eine Auszeichnung erhalten. Viel mehr noch freut es mich, dass sich unsere Lehrkräfte engagiert dem Thema widmen und dies auch tun würden, wenn wir das Schulprofil nicht erhalten hätten. Aber diese Auszeichnung sehen wir als Ansporn, die begonnene Tätigkeit fortzuführen und weiter zu verbessern.“

Wie wichtig das ist, zeigt die Tatsache, dass sich viele Schüler mit Behinderungen für eine kaufmännische Ausbildung entscheiden.

Elgass: „Für Schüler mit Behinderung ist es häufig einfacher, eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren. Seit der Umsetzung der Menschenrechtskonvention wurde die Inklusion von Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen auch ein Thema der Schulen. Eine immer größer werdende Zahl an Inklusionsschülern besucht die allgemeinbildenden Schulen und nun stehen sie vor der Berufsausbildung und besuchen damit eine berufsbildende Schule.

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Das bedeutet, wir haben uns immer stärker mit den damit verbundenen Herausforderungen auseinandergesetzt und durch viele positive Rückmeldungen gemerkt, dass wir dies gut angegangen sind. Damit war unser Ehrgeiz geweckt, das noch weiterauszubauen.“

Wie viele Menschen mit Handicaps gibt es an Ihrer Schule?

Elgass: „Aktuell werden zwölf Schüler mit körperlichen und psychischen Einschränkungen beschult. Diese sind sehr vielfältig – sie reichen von Autismus-Spektrum-Störung, Cerebralparesen, Gehbehinderungen, Hirnschädigungen bis hin zu vermindertem Seh- oder Hörvermögen. Jeder Betroffene braucht individuelle Unterstützung. Der Landkreis ist ein sehr großzügiger Sachaufwandsträger. Bisher haben wir alle notwendigen Hilfsmittel zügig und unkompliziert beschaffen können.

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Das ist eine enorme Erleichterung. Landrat Otto Lederer hat von Beginn an unsere Bewerbung unterstützt und uns auch langfristig Unterstützung zugesagt. Im kommenden Jahr wollen die beiden anderen Landkreis-Berufsschulen, die Berufsschule I und das BSZ Wasserburg, ebenfalls mitmachen. Dann sind wir – zumindest schulisch gesehen – auf dem Weg zu einem inklusiven Landkreis.“

Ihre Schule hat aus diesem Grund auch ein Inklusions-Team.

Elgass: „Das Inklusionskernteam besteht aus der Inklusionsbeauftragten und Schulpsychologin Melanie Härdl, dem Ansprechpartner des Arbeitgebers für Inklusion Peter Stöttner und Phillip Becker, einem Kollegen, der aktuell die Weiterbildung zum Förderlehrer absolviert. Hinzu kommen bei Bedarf weitere Lehrkräfte mit speziellen Aufgaben.“

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Welche Aufgaben hat das Team?

Elgass: „Das Team übernimmt den Erstkontakt zu den neuen Auszubildenden und führt, zusammen mit der Schulleitung, ein umfassendes Erstgespräch. Hier geht es zum einen um ein Kennenlernen, aber noch mehr um die Klärung offener Fragen auf beiden Seiten. Im weiteren Prozess berät das Team die betroffenen Lehrkräfte, bietet Gespräche auch mit den Schülern an und begleitet den Prozess fachlich wie persönlich. Unsere bisherigen Erfahrungen haben uns gezeigt, wie wichtig ein gutes Ankommen an der Schule ist.“

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Warum?

Elgass: „Es nimmt Ängste und Unsicherheiten. Wir, die Lehrkräfte und die Schulleitung, möchten, dass die Inklusionsschüler so viel Normalität wie möglich in ihrer Berufsschulzeit erfahren und Freude am Schulbesuch haben. Dies ist in der Tat eines unserer Kernziele.“

Wie unterscheidet sich Ihre Schule von anderen Schulen, die nicht das Schulprofil Inklusion tragen?

Elgass: „Mit der Auszeichnung erhalten wir vielfältige Möglichkeiten: Vor allem erhalten wir Unterstützung durch unseren Partner, die Rupert-Egenberger-Schule in Bad Aibling. Deren langjähriges Wissen können wir nutzen. Hinzu kommt die Möglichkeit, durch ein zusätzliches Stundenbudget die Klassen mit Inklusionsschülern zu teilen, um individueller auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Ein zusätzliches Fortbildungsbudget erlaubt es uns, mit unseren Partnern – der Förderschule und der Berufsschule Bad Aibling – ein passendes Fortbildungsangebot für unsere Lehrkräfte zu organisieren. Denn darum geht es uns auch: Unsere Lehrkräfte sind nicht als Förderlehrkräfte ausgebildet und müssen sich die nötigen Kompetenzen aneignen.“

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Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der oft viele Partner zusammenwirken. Wie ist das bei Ihnen an der Schule?

Elgass : „Wir können als Inklusionsschule nur erfolgreich sein, wenn wir mit anderen zusammenarbeiten. Das sind neben den Ausbildungsbetrieben und den Erziehungsberechtigen natürlich alle Fachstellen im Landkreis. Hierzu zählen zum Beispiel auch die Agentur für Arbeit, der Mobile sonderpädagogische Dienst und das Jugendamt.“

Weitere Infos:

Das bayerische Schulprofil Inklusion ist laut dem Kultusministerium ein Erfolgsprojekt. So sei die Zahl der Schulen, an denen die Inklusion fest im Schulprofil verankert ist, mittlerweile auf 432 angewachsen. Darunter sind bereits die 27 neuen Profilschulen, denen Kultusstaatssekretärin Anna Stolz in einer Videobotschaft gratulierte: „An Ihren Schulen lernen junge Menschen mit und ohne Behinderung zusammen, gestalten gemeinsam das Schulleben und füllen eine großartige Idee mit Leben. Mehr noch: Sie bilden in besonderer Weise auch Herz und Charakter und lassen so die Bildungsziele unserer bayerischen Verfassung lebendig werden.“ Die Basis für das Schulprofil Inklusion würde ein von allen Beteiligten gemeinsam erarbeitetes pädagogisches Konzept bilden. Im Mittelpunkt stünden dabei stets die einzelnen Schüler und Schülerinnen. Die Staatssekretärin verlieh das Schulprofil an weitere zwei Berufsschulen, eine Grundschule, sieben Mittelschulen, fünf Realschulen, sechs Gymnasien, fünf Förderschulen. „Sie sind Leuchttürme für die Inklusion im Freistaat“, so Anna Stolz. Die Auszeichnung solle anspornen, weiter zu gehen und andere mitzunehmen.

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