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Krankenhäuser in Not: Gefährden explodierende Kosten die medizinische Versorgung in Rosenheim?

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Von: Michael Weiser

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Rosenheim: Schockraum in der Notaufnahme, Chefarzt Dr Bayeff-Fieloff im gespräch mit Gesundheitsminister Klaus Holetschek
Beengte Verhältnisse: Gesundheitsminister Klaus Holetschek im Schockraum der Notaufnahme im Gespräch mit Chefarzt Dr. Michael Bayeff-Filoff. © Anita Berger

Eigentlich war Gesundheitsminister Holetschek gekommen, um Förderbescheide über 6,2 Millionen an die Romed-Kliniken in Rosenheim und Prien zu übergeben. Bei seinem Besuch in Rosenheim stellten sich aber weitere dringende Baustellen heraus. Krankenhäuser in Not: Was bedeutet das für die Bürger?

Rosenheim - Am Ende gab Klaus Holetschek noch mal einen aus. Der bayerische Gesundheitsminister drückte im Eingangsbereich des Romed-Klinikums fleißig auf den Bügel des Spenders, damit sich seine Begleiter nach dem Rundgang durch das Krankenhaus der Reihe nach bequem die Hände desinfizieren konnten.

Mindestens ebenso willkommen wie die ganz praktische Hilfestellung des Ministers waren die Schecks, die er mitgebracht hatte. Über 6 Millionen Euro für die Digitalisierung der Kliniken in Rosenheim und Prien, das ist schon eine Ansage. Allerdings: Diese Geldspritze des Freistaats wird für die zahlreichen Baustellen im Gesundheitswesen in der Region Rosenheim nicht ausreichen.

So gehen derzeit die Energiekosten durch die Decke, die Kliniken drohen in Schieflage zu geraten. 3,7 Millionen Euro gab Romed im vergangenen Jahr für Energie aus, 4,5 Millionen waren für heuer kalkuliert worden. Tatsächlich aber könnten sich die Kosten für 2022 wohl bereits auf 9 Millionen Euro summieren, wie Romed-Geschäftsführer Dr. Jens Deerberg-Wittram auf Anfrage mitteilte.

Medical Park sieht ein „gewaltiges Problem“

Auch andere Klinikbetreiber ächzen unter den hohen Energiepreisen. Bei Medical Park mit Standorten unter anderem in Bernau, Bad Feilnbach und Prien spricht man von einem „gewaltigen Problem“. Die Energiekosten hätten sich im Vergleich zu 2021 verdreifacht, sagt Medical Park-CEO Ulf Ludwig. Auch gestiegene Preise für Lebensmittel machen den Krankenhäusern zu schaffen. „Die Kostensteigerungen liegen etwa doppelt so hoch wie die Inflationsrate.“

Von den Schön-Kliniken in der Region Rosenheim waren keine Auskünfte über die Herausforderung steigender Energiepreise zu erhalten.

Kliniken seien deswegen so überproportional stark betroffen, weil sie sehr viel Energie benötigen und nicht ohne Weiteres einsparen können. „So müssen medizintechnische Geräte ebenso betrieben werden wie therapeutische Bewegungsbäder“, sagt Ludwig. „Wir können die Geräte nicht einfach ausschalten, und auch Temperaturabsenkungen in den Schwimmbädern würden die therapeutische Zielsetzung gefährden.“

Bürger müssen sich auf steigende Beiträge einstellen

Die Vergütungsmechanismen im Gesundheitswesen seien starr, sagt Ulf Ludwig, die Kosten könnten kurzfristig daher nicht weitergegeben werden. Momentan fehle es an der Bereitschaft der Kostenträger, also im Wesentlichen der Krankenversicherungen, die steigenden Kosten auszugleichen. „Das bringt die Kliniken in eine bedrohliche wirtschaftliche Situation“, warnt der Medical-Park-Chef. Wohlgemerkt: Er spricht von einer Momentaufnahme. Auf lange Sicht werden sich die Menschen wohl auf weiter steigende Beiträge für die Krankenversicherung einstellen müssen.

An den Energiekosten leiden die Krankenhäuser akut, mit dem Investitionsstau aber haben sie chronisch zu kämpfen. Gesundheitsminister Holetschek absolvierte auf seinem Rundgang durchs Romed-Klinikum Stationen, in denen der Mangel sichtbar wird. In der ZentralenNotaufnahme zum Beispiel: So eng geht es dort zu, dass die Ärzte und Mitarbeiter in Holetscheks Begleitung schon aufpassen mussten, dem Nebenmann nicht auf die Füße zu steigen. Die Mutter-Kind-Station wiederum befindet sich im ältesten Gebäudetrakt des Klinikums, auch dort ist der Sanierungsbedarf auch für Laien offensichtlich. Der Handlungsbedarf sei „dringend“, sagte Deerberg-Wittram.

Medical-Park-Chef: Nach Corona kein Geld für Investitionen übrig

Auch Ulf Ludwig spricht von jahrelangem Investitionsstau, der sich nunmehr besonders verheerend auswirke: Veraltete Strukturen, erneuerungsbedürftige Technik und fehlende Digitalisierung erhöhten den Energieverbrauch deutlich. Nach zweieinhalb Corona-Jahren fehle den Kliniken aber ohnehin das Geld für Investitionen.

Ein Großteil der Kliniken sei in den roten Zahlen. Dass aber das deutsche Gesundheitswesen Schiffbruch erleide, könne sich schon volkswirtschaftlich niemand wünschen. Er wünscht sich Investitionshilfen, dazu einen Ausgleich für die Energiekosten. „Das muss allerdings die Politik auf den Weg bringen“, sagt der Medical-Park-Chef.

Auf deren Unterstützung zählen auch die Rosenheimer. Landrat Otto Lederer, neben Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März Aufsichtsratsvorsitzender von Romed, dankte Klaus Holetschek für den Besuch und die Förderbescheide und wünschte sich, dass Holetschek „die dezentrale Krankenhausversorgung im ländlichen Raum auch in Zukunft fest im Blick hat“. Denn dieses Engagement sichere die nahe und bestmögliche Versorgung der Menschen in der Region.

Holetschek stellte weitere Unterstützung in Aussicht. Die Steigerungen bei den Energiepreisen bedeuteten einen „fatalen Trend“, sagte er den OVB-Heimatzeitungen. Um dem entgegenzusteuern, hätten die Gesundheitsminister der Länder einen Hilfsaufruf an den Bund koordiniert.

Dann eilte er zu seiner Dienstlimousine. Vermutlich, um sich zur nächsten Baustelle im Gesundheitswesen fahren zu lassen.

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