"Zum Raacha muaßt ausse geh!"

Rosenheim - Es ist 14 Uhr. Das Hendl hat geschmeckt, die Mass Bier auch. Zeit für ein Zigaretterl. Als Testperson darf man das. Mal schauen, was passiert!? **www.herbstfest-rosenheim.de**
Zwei Lungenzüge - handgestoppte 25 Sekunden später - steht die Bedienung schon am Tisch. "Sog a moi, liest du koa Zeidung? Zum Raacha muaßt ausse geh." Das Experiment mit der verbotenen Zigarette zeigt: Die erste rauchfreie Wiesn in Rosenheim ist tatsächlich ein Herbstfest ohne Zigarettenqualm.
Was nutzt ein Gesetz, wenn sich niemand dran hält und bei Verstößen alle Augen zugedrückt werden? Das OVB wollte wissen, wie genau es die Rosenheimer mit dem Rauchverbot auf der Wiesn nehmen.
Drei „illegale“ Zigaretten hat sich ein OVB-Redakteur in der Auerbräu-Festhalle angezündet. Die erste am Nachmittag (14 Uhr), die zweite am frühen Abend (19 Uhr), die dritte gegen 22 Uhr. Am nächsten Wiesn-Tag wiederholte er den Test im Flötzinger-Festzelt.
Das Ergebnis: Tagsüber erregen die verbotenen Rauchzeichen schnell die Aufmerksamkeit der Tischnachbarn, Bedienungen oder Wachdienste. Freundlich, aber bestimmt weisen sie darauf hin, dass es jetzt zwei Möglichkeiten gibt: Zigarette ausmachen oder an der frischen Luft weiterrauchen.
Doch im 22-Uhr-Trubel, als die Kapellen in den vollen Bierburgen zur Hochform auflaufen, gelingt es, die Zigarette fertig zu rauchen – keiner nimmt Anstoß. Die Leute im direkten Umfeld tanzen ausgelassen auf den Tischen – und die Wachdienste bekommen von dem Regelverstoß nichts mit, weil sie durch die tanzenden Menschen nicht hindurchsehen können.
Eine Beobachtung, die sich weitgehend mit den Erfahrungen von Festwirten, Bedienungen und Wachmännern deckt: Tagsüber wird so gut wie überhaupt nicht gegen das Rauchverbot verstoßen. Erst am späten Abend, wenn alle Dämme brechen, sinkt auch bei den Rauchern die Hemmschwelle: Dann greifen einige wenige zur Zigarette, verstecken sie nach jedem Zug aber sofort wieder unter der Tischbank.
„Man muss den Wiesn-Besuchern ein dickes Kompliment machen“, sind sich Zeltmeister Jochen Zeppmeisel vom Flötzingerbräu und Klemens Kantner, Betriebsleiter der Inn Gastro GmbH (Pächterin der Inntalhalle), einig. Die überwältigende Mehrheit der Raucher habe sich ans Gesetz gehalten. So habe es deutlich weniger Wirbel und Konflikte gegeben als befürchtet.
Bis 17 Uhr kümmern sich in beiden Bierresidenzen die Zeltleitungen im Verbund mit den Bedienungen um die Einhaltung des Nichtraucherschutzes, ab 17 Uhr die Wachdienste, deren Zahl heuer deutlich aufgestockt wurde – nicht aber wegen der Raucher, sondern aufgrund des gewaltigen Andrangs an den Wochenenden.
Ärger mit unbelehrbaren Rauchern sei die absolute Ausnahme gewesen, auch die Beschwerden von Nichtrauchern habe man an einer Hand abzählen können. Laut Zeppmeisel haben sich bis gestern nur zwei Wiesnbesucher an der Festleitung über rauchende Tischnachbarn beschwert. Die Polizei musste in keinem einzigen „Raucher-Fall“ anrücken.
Die Rauchergruppen, die an den Eingängen die Wege verstopften, unterbrechen aber nicht nur die Besucherströme, sondern erschwerten auch den Biergarten-Bedienungen die Arbeit. Mit einem Tablett gab es teilweise kein Durchkommen mehr, weshalb Brauereien, Festwirte und Zeltdienste die Erfahrungen der ersten rauchfreien Wiesn ab Montag auswerten und dann ein Konzept entwickeln, um die Raucher vor den Eingängen und den Wegen fernzuhalten.
Ludwig Simeth (Oberbayerisches Volksblatt)