Kein dunkler Kanal

Rosenheim - Wenn Passanten die Gleise von der Klepperstraße zum Bahnhof unterqueren, sollen sie nicht den Eindruck haben, in einem dunklen Kanal gelandet zu sein. Dafür sorgt im städtischen Bereich ein ausgeklügeltes Licht- und Gestaltungskonzept.
Die Bahn setzt in ihrem Teil hingegen auf die üblichen Standards. Die ersten Fliesen kleben schon. Zur Landesgartenschau im April soll alles fertig sein.
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Einige neugierige Bahnkunden steigen schon jetzt ab und zu in den Untergrund, um den Fortgang der Arbeiten zu begutachten - und sind mit dem, was die Bahn tut, nicht unbedingt einverstanden. Hermann Maier, häufiger Bahnfahrer, meint: "Meine Freude über die deutliche Aufwertung unseres Bahnhofs wird dadurch schmerzlich getrübt, dass die Wände der Unterführung mit cremefarbenen und mausgrauen Keramikfliesen belegt werden." Das sei an Langweiligkeit nicht zu überbieten. Außerdem sei so ein farbneutraler Hintergrund auch eine Einladung an alle Sprayer, sich zu verewigen.
In der auf Seite der Stadt für die Gestaltung des Bauwerks zuständigen Werkgemeinschaft Rosenheim ist man zwar auch nicht glücklich über den rund 50 Meter langen Bereich, in dem die Bahn das Sagen hat. "Aber ganz so schlimm ist das auch nicht. Da gibt es dann einfach eine deutlich sichtbare Zäsur", tröstet Architekt Bernhard Breitung darüber hinweg, dass die Bahn nicht bereit war, sich dem städtischen Konzept anzuschließen.

Dort, auf einer Länge von rund 100 Metern, soll es anders aussehen. Auf einer Seite sorgt eine durchgehende Lichtwand für schattenfreie Verhältnisse - denn Schatten machen Angst. Auf der anderen Seite sollen aufgemalte große "Mikadostäbe" die Röhre optisch verkürzen. Sorge, Rowdys könnten die Lichtwand in kürzester Zeit funktionsunfähig machen, hat Breitung nicht. "Die treten sich eher die Schuhspitzen blau", ist er überzeugt. Es handele sich um randalefestes Milchglas, von dem sich auch Sprühfarbe leicht entfernen lasse. Auf der anderen Seite, bei den "Mikadostäben", bleiben keine größeren Flächen, die reizvoll wären für Sprayer.
Das steckt zumindest hinter der Idee. Dem Einfallsreichtum von Leuten, die etwas zerstören wollen, sind allerdings keine Grenzen gesetzt. Nicht nur deshalb, sondern vor allem, um das allgemeinde Sicherheitsgefühl zu erhöhen, werden Kameras eingebaut. Es muss offenbar nur noch entschieden werden, welche Stelle die Aufnahmen dann auch überwacht, denn sonst sind Kameras nutzlos.
Breitung zeigt sogar ein gewisses Verständnis dafür, dass die Bahn nicht von den in allen Bahnunterführungen Deutschlands gängigen überprüften Standards abweichen wollte. Das wäre ein Riesenaufwand gewesen, zudem teurer als die schlichten Fliesen.
Breitungs Kollege Peter Schweiker findet es erfreulich, dass die Bahn zumindest auf den Vorschlag eingegangen ist, die verschiedenfarbenen Fliesen nicht in schlichtem Streifenmuster zu verlegen, sondern etwas lebhafter: "Das ist doch auch schon was. Mehr war nicht drin."
Tiefbauamtschef Hans-Joachim Stein meint, was das Licht angeht, sei es im Grunde nicht notwendig, auch im Bereich der Bahn das ausgeklügelte Lichtsystem einzusetzen. Während der städtische, 100 Meter lange Gang eine geschlossene Röhre sei, falle bei der Bahn durch die Auf- und Abgänge zu und von den Bahnsteigen ja ohnehin Licht ein.
Nicht erfüllt hat sich der Wunsch von Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, die Röhre mit leiser Musik zu beschallen. Sie hatte dies immer wieder angeregt, war aber im Stadtrat auf taube Ohren gestoßen, nicht nur bei den anderen, sondern auch in der eigenen CSU-Fraktion. Da hatte sie zum Schluss aufgegeben.
Elvira Biebel-Neu (Oberbayerisches Volksblatt)