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Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus: Stadt geht einen „Rosenheimer Weg“

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Von: Anna Heise

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Der Vorplatz der Städtischen Mädchenrealschule soll in Elisabeth-Block-Platz umbenannt werden. Zudem ändert sich die postalische Anschrift der Schule.
Der Vorplatz der Städtischen Mädchenrealschule soll in Elisabeth-Block-Platz umbenannt werden. Zudem ändert sich die postalische Anschrift der Schule. © Schlecker

Die Stadt Rosenheim will an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern – und zwar gleich auf mehreren Wegen. In der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses am Dienstag (29. März) hat die Verwaltung jetzt erste Ideen vorgestellt. Unterschiedliche Meinungen gab es lediglich in einem Punkt.

Rosenheim – Stolpersteine, Stelen und kleine Gedenktafel an der Hauswand: Es gibt zahlreiche Wege, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Nachdem sich die Stadträte mehrheitlich gegen die Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Raum ausgesprochen hatten, will die Verwaltung jetzt den „Rosenheimer Weg“ gehen. Idee sei es, mithilfe eines Künstlerwettbewerbs ein Modell zum dezentralen und zentralen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu entwickeln. Dabei sollen die Gedenken an der letzten Wirkungsstätte der Opfer aufgebaut werden und grundsätzlich auf Augenhöhe sein – in besonderen Fällen sei auch eine Anbringung am Boden möglich.

Digitale Verlinkungsmöglichkeit

Geplant sei zudem eine digitale Verlinkungsmöglichkeit mit Zugang zu weiterführenden Informationen. Die erste Anbringung eines solchen dezentralen Gedenkens erfolgt laut Verwaltung bereits am 9. November. „Wir wollen keine Stolpersteine durch die Hintertür“, kritisierte Alexandra Linordner (CSU). Zwar sei sie prinzipiell für den Vorschlag der Verwaltung, plädierte aber dafür, von einem Gedenken auf dem Boden abzusehen. „Es gibt auch Installationen auf dem Boden, bei denen es sich um keine Stolpersteine handelt“, widersprach Ricarda Krüger (Die Partei).

Karl-Heinz Brauner (Grüne) schlug vor, abzuwarten, welche Vorschläge von den Künstlern kommen. „Wir sollten keine Beschränkungen für den Wettbewerb aussprechen“, ergänzte Robert Multrus (Freie Wähler/UP).

Einstimmig sprachen sich die Stadträte letztendlich für den „Rosenheimer Weg“ aus, jedoch mit dem Vermerk im Protokoll, dass die CSU gegen ein Gedenken auf dem Boden ist.

Historisch belastete Straßennamen

Neben dem „Rosenheimer Weg“ will sich die Verwaltung zudem den historisch belasteten Straßennamen annehmen. „In Rosenheim müssen mehr als 800 Straßennamen einer fachwissenschaftlichen Überprüfung unterzogen werden“, heißt es aus dem Rathaus. Zur Ermittlung möglicher problematischer Straßennamen soll der vom Münchener Stadtarchiv erarbeitete Kriterienkatalog verwendet werden. Fragwürdig seien demnach unter anderem Straßennamen mit Verdacht auf Rassismus, Militarismus oder der aktiven Unterstützung des Nationalsozialismus vor und nach 1933. „Wir in der Fraktion lehnen diesen Punkt ab. Wir finden es nicht sinnvoll, 800 Straßennamen aufzudröseln“, sagte Ulrike Plankl (CSU). Sie erinnerte daran, dass der Versuch, Straßennamen umzubenennen in anderen Städten – wie beispielsweise Fürstenfeldbruck – bereits gescheitert sei. Unter anderem aufgrund der Anwohner. „Wir müssen uns genau überlegen, ob dieser Aufwand betrieben werden muss“, so Plankl weiter.

Zwar stimmte die Dritte Bürgermeisterin Gabriele Leicht (SPD) zu, dass eine Umbenennung für die Anwohner mit Umständen verbunden sei. Sie erinnerte aber auch daran, dass man Straßen nicht nach x-beliebigen Menschen benenne, sondern damit auch immer eine gewisse Wertschätzung ausgedrückt werde. Und genau die scheine bei manchen Straßen eben nicht mehr ganz zeitgemäß zu sein. „Schon alleine die Tatsache, dass es immer noch Stimmen gibt, die sagen, dass es egal ist, wie Straßen heißen, zeigt, dass noch viel getan werden muss“, sagte Krüger. Mit 6:5 Stimmen sprachen sich die Stadträte dafür aus, sich mit den Straßennamen auseinanderzusetzen. Ob die Straßen dann tatsächlich umbenannt werden sollen und wenn ja, wie, soll dann in einem anderen Ausschuss nochmals diskutiert werden.

Neue Anschrift für Mädchenrealschule

Deutlich einiger waren sich die Stadträte beim Thema Mädchenrealschule. Einstimmig sprachen sich die Stadträte – und die Schulfamilie – dafür aus, den Zugang zur Realschule zusammen mit einer kleinen Teilfläche des öffentlichen Geh- und Radwegs entlang der Ebersberger Straße als „Elisabeth-Block-Platz“ umzubenennen. „Das erforderliche amtliche Straßennamenschild wäre an der Grenze zwischen Privatzufahrt und öffentlicher Verkehrsfläche aufzustellen“, teilt die Verwaltung mit. Zudem soll die postalische Anschrift der Städtischen Mädchenrealschule geändert werden.

Desweiteren soll Gertrud Blocks Zither voraussichtlich für das Schuljahr 2022/2023 im Rathaus ausgestellt werden. Das Stadtarchiv erarbeite im Moment gemeinsam mit Fachlehrerinnen der Mädchenrealschule Vorgaben, die bei der Konzeption der Ausstellung berücksichtigt werden sollen. Die gesamte Koordinierung „Erinnerungskultur“ erfolgt über das Stadtarchiv.

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