„Mia San Queer“: Warum der Christopher Street Day jetzt auch nach Rosenheim kommen soll

Jedes Jahr feiern queere Menschen den Christopher Street Day (CSD). Jetzt soll der internationale Gedenk- und Feiertag auch nach Rosenheim kommen. Das Ziel: Die queere Szene in der Stadt sichtbar machen. Doch die Vorbereitungen laufen schleppend. Ein offener Brief soll helfen.
Rosenheim - Patrick Dörrer weiß, wie ignorant die Gesellschaft sein kann. Immer wieder kommt es vor, dass er angepöbelt, beschimpft und teils verfolgt wird. „Meine blauen Haare und mein Halsband passen vielen Menschen nicht in den Kragen“, sagt er. Um Rosenheim für queere Menschen sicherer zu machen und mehr Toleranz zu schaffen, hat er sich bereits vor vielen Jahren der Initiative „LGBTQ+ Rosenheim“ angeschlossen und ist Teil des Arbeitskreises CSD.
Sichtbarkeit für die queere Szene schaffen
Er sitzt im Jägerstüberl, vor ihm auf dem Tisch liegen zahlreiche Unterlagen. Schon seit Jahren spielen er und die Mitglieder der Initiative mit dem Gedanken, einen CSD in Rosenheim zu organisieren. „Wir wollen der queeren Szene in Stadt und Landkreis Sichtbarkeit verschaffen“, sagt Dörrer. Aus diesem Grund soll am Samstag, 3. Juni, der erste politische Christopher Street Day auf der Loretowiese in Rosenheim stattfinden - mit Reden, Infoständen, einem Zug durch die Innenstadt und Auftritten aus der queeren Szene.
Unterstützung bei den Planungen bekommen die Mitglieder der Initiative von Enzo Gerardi. Er betreibt das Jägerstüberl, dessen langjähriger Besitzer Hans Auer, im September 2020 verstarb. „Es war immer sein größter Wunsch, einen CSD zu organisieren“, sagt Gerardi. Jetzt könnte sich sein Wunsch erfüllen.
Offener Brief an Stadträte, Verwaltung und Oberbürgermeister
Doch bis es soweit ist, müssen noch einige Hürden überwunden werden. Unter anderem bei der Stadt Rosenheim. Denn die Verwaltung muss sowohl dem Veranstaltungsort als auch der Strecke des Zuges durch die Innenstadt zustimmen. Um die Entscheidung positiv zu beeinflussen, hat der Arbeitskreis „CSD“ jetzt einen offenen Brief an Stadträte, Verwaltung und Oberbürgermeister Andreas März (CSU) geschickt.
„Die Loretowiese ist als gesellschaftlich genutzter Veranstaltungsort für das Herbstfest, den Flohmarkt der BRK Wasserwacht sowie die Messe Rosenheim im Landkreis weit bekannt“, heißt es in dem Schreiben. Für eine möglichst große Sichtbarkeit und aufgrund der Barrierefreiheit, die allen Menschen die Teilnahme ermöglicht, soll auch der Christopher Street Day auf der Loretowiese stattfinden. „Nun ist die Stadt an der Reihe, uns infrastruktur-technisch zu unterstützen und zur Erleichterung der Organisation des CSDs 2023 beizutragen“, teilt die Initiative mit.
Unterstützung durch zahlreiche Fraktionen
Schon jetzt haben Patrick Dörrer zufolge zahlreiche Fraktionen ihre Teilnahme durch Infostände bestätigt - darunter Grüne, SPD, FDP und die Linken. Weitere sollen in den kommenden Tagen folgen. Lob für das Engagement bekommt die Rosenheimer Initiative von Henryk Hoefener, Vorstandsmitglied vom CSD Deutschland: „Die Stadt Rosenheim kann und sollte stolz auf so viel bürgerliches Engagement und Mut sein. Gerade im eher ländlich geprägten Raum gibt es noch viele Missverständnisse, teilweise Unsicherheit oder gar Ignoranz in der Gesellschaft.“
All das führe im schlimmsten Fall zu Ausgrenzung oder Gewalttaten. Fakt ist: Straftaten gegen queere Menschen haben sich zwischen 2010 und 2021 fast versiebenfacht. Das geht aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, mit der sich der Landtag erst kürzlich befasst hat.
Bunte Vielfalt soll nach Rosenheim kommen
Um sich für ihre Rechte einzusetzen, gehen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Personen und andere queere Menschen deshalb im Rahmen des Christopher Street Days auf die Straße. Im Juni auch in Rosenheim. Der CSD soll Dörrer zufolge in Anlehnung an die Proteste der 1960er und 70er-Jahre geschehen, welche von queeren Menschen organisiert wurden. „Seither haben sich CSDs in ganz Deutschland etabliert und finden jährlich statt. Diese bunte Vielfalt wollen wir nun auch nach Rosenheim bringen“, heißt es in dem offenen Brief der Initiative.
Bei der Stadt Rosenheim ist der Brief mittlerweile angekommen. In den nächsten Tagen soll ein Gespräch zwischen dem Veranstalter und dem Ordnungsamt stattfinden. Dann soll unter anderem geklärt werden, ob sich die Loretowiese für die Versammlung eignet. „Wenn sich die Stadt gegen den Standort ausspricht, würde das die Organisation teilweise stark erschweren“, sagt Patrick Dörrer.