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Weiter Bangen um Karstadt in Rosenheim: Hängepartie mit offenem Ausgang

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Von: Michael Weiser

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Shoppen an einem der belebtesten Punkte Rosenheims: Die zentrale Lage ist einer der Gründe, warum sich der Karstadt-Standort Rosenheim gute Chancen ausrechnet.
Shoppen an einem der belebtesten Punkte Rosenheims: Die zentrale Lage des Karstadt ist einer der Gründe, warum sich der Standort gute Chancen ausrechnet. © Michael Weiser

Wie geht‘s weiter nach Insolvenz und Schutzschirmverfahren? In Rosenheim hat Karstadt noch bis 31. Januar Zeit, dann muss das Sanierungskonzept stehen. Was die nächste Phase im Ringen um den Konzern bringt, ist ungewiss. Was das für den Standort Rosenheim heißt.

Rosenheim - Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen: Nachdem sich im Schutzschirmverfahren für Galeria Karstadt Kaufhof die Frist für die Einreichung eines Sanierungskonzepts Stand Freitag, 27. Januar 2023, dem Ende zuneigt, hält das Ringen um die einzelnen Standorte in ganz Deutschland an.

Aus dem Büro von Sanierer Arndt Geiwitz war zu hören: Noch stehe nicht die Zahl der zu schließenden Filialen fest, schon gar nicht die konkreten Standorte. „Es gibt aktuell keine konkreten Standortentscheidungen“, betonte ein Sprecher. Derzeit liefen die Gespräche mit den Vermietern der Filialen auf Hochtouren.

Mit Februar beginnt die Prüfung des Sanierungsplans

Ursprünglich hatte es geheißen, die Liste der zu schließenden Filialen liege im Januar vor. Nun nimmt der Entscheidungsprozess also doch mehr Zeit in Anspruch. Bis 31. Januar muss das Team um Geiwitz aber zumindest beim zuständigen Amtsgericht Essen dokumentieren, wie es sich eine Rettung des angeschlagenen Kaufhauskonzerns vorstellt. Ab 1. Februar wird das Konzept dann geprüft. Was mindestens genau so lange dauern dürfte wie dieser Check des Sanierungsplans, sind die Gespräche mit den vielen Eigentümern der Immobilien, in die sich Galeria Karstadt Kaufhof eingemietet hat.

Wie diese Gespräche im einzelnen laufen, bekommen die rund 17.400 Mitarbeiter - über 200 Voll- oder Teilzeit-Beschäftigte werden es in Rosenheim sein - kaum mit. Für sie heißt es zittern. Und das für eine lange Zeit, wohl mindestens bis in den März hinein. Das war von den Seiten der Sanierer zu erfahren, die Gespräche mit den Eigentümern nicht einfach.

In Rosenheim gilt es für Karstadt, mit gleich mehreren Vermietern zu verhandeln

Wie kompliziert sie sich gestalten können, lässt sich am Standort Rosenheim wenigstens ansatzweise erahnen. Fünf Parteien besitzen Teile des Gebäudes. Darunter ein Investmentfonds. Klar ist, je mehr Vermieter am Tisch sitzen, desto schwieriger wird es, sich auf die eine bestimmte Linie zu einigen. Klar scheint im Falle von Rosenheim aber auch, dass die Anteile so ineinander verzahnt sind, dass eine kleinteilige Nutzung durch mehrere Mieter nach Karstadt zumindest schwierig vorstellbar erscheint.

Was in den vergangenen Wochen immer wieder durch die Medien geisterte, sind Spekulationen über die Zahl der zu schließenden Filialen. Von 131 Standorten bundesweit könnte der Konzern bis zu 90 aufgeben. Eine hohe Zahl, die offen ließe, ob sich damit das Konzept eines klassischen Warenhauskonzerns überhaupt noch umsetzen ließe. Die Zahl war allerdings zuerst in einem Schreiben des Gesamtbetriebsrats aufgetaucht. Aus Kreisen des Managements waren zuletzt niedrigere Zahlen zu hören.

Auch nach buero.de könnte es noch Übernahmekandidaten geben

So schlimm soll es also wohl nicht kommen, aber einige Häuser gelten als stark bedroht. In Nürnberg zum Beispiel ist Galeria Karstadt Kaufhof zweimal vertreten, Doppel- und Mehrfachstandorte würden besonders gründlich geprüft, heißt es. Ebenso wie die Standorte, die bereits beim Insolvenzverfahren 2020 auf der Kippe standen.

Häuser, die zuletzt fortlaufend Verluste schrieben, würde Galeria Karstadt Kaufhof sicher räumen, hieß es aus Kreisen der Sanierer. Allerdings heißt es auch da: Weg von Galeria heißt nicht automatisch Schließung. Es gebe auch nach dem Abgang vom selbsternannten Karstadt-Retter buero.de übernahmewillige Bewerbe, sagte der Sprecher von Geiwitz.

Auch die 22 Häuser, die der Signa-Unternehmensgruppe des Galeria-Karstadt-Kaufhof-Besitzers René Benko gehören, sind nach Aussage von Arndt Geiwitz nicht von vornherein sicher. Geprüft werden also auch diese Standorte.

Sanierer Geiwitz verordnet der Konzernzentrale einen „Aderlass“

Wo sicher gespart werden soll, ist an der Konzernzentrale in Essen. Das kündigte Arndt Geiwitz bei mehreren Gelegenheiten an. Sparen werde man auch Verkaufsfläche - etwa, indem Etagen untervermietet werden. Ein Schritt, den Karstadt Rosenheim bereits hinter sich hat. Die Feinkostabteilung im Untergeschoss gibt es schon seit der jüngsten Insolvenz nicht mehr, Nachmieter wurde dort ein Asia-Shop. Seine Pforten schloss damals auch Karstadt Sports. In dem seit Oktober 2020 leer stehende Gebäude will ein Investor unter anderem Gastronomie und Wohnungen unterbringen.

Rosenheim punktet innerhalb des Karstadt-Verbunds mit dicken Vorteilen

So kompliziert die Gesprächssituation mit gleich mehreren Partnern in Rosenheim sein könnte, so punktet der Standort doch mit vielen anderen Vorteilen. Rosenheim verfügte zumindest bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie über eine gute Einkaufszentralität, zog also in den vergangenen Jahren viel Geld aus dem weiten Umland an. Der Standort an der Münchener Straße ist denn auch nach der Einschätzung von Rosenheims Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl ein „starker Standort innerhalb des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof“. Rosenheim ist eben nicht nur kein Doppelstandort, es ist sogar der einzige Standort im wohlhabenden südostbayerischen Raum.

Und: Das Rosenheimer Karstadt-Gebäude befindet sich nicht nur in bester Innenstadtlage, sondern auch in gutem Zustand. Erst vor wenigen Jahren saniert, erfüllte es eine Anforderung von Geiwitz vermutlich schon jetzt ziemlich gut: Um als Standort im Konzern zu bleiben, dürfen keine hohen Sanierungskosten an der Immobilie zu erwarten sein. Rosenheim gilt als gut ausgestattet. Ob das am Ende reicht? Vor Ende des Winters wird die Zitterpartie womöglich nicht ausgestanden sein.

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