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Zwischen Hoffnung und Verzweiflung: Über 2000 Teilnehmer bei Rosenheimer Corona-Demo am dritten Advent

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Von: Marina Birkhof

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Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Über 2000 Teilnehmer schlossen sich dem Demonstrationszug gegen die Corona-Maßnahmen, der im Rosenheimer Mangfallpark startete, an. © mb

Sonntagnachmittag, 16 Uhr: Es ist der dritte Advent, die Sonne ist hinter Wolkenschleiern verschwunden, die Temperaturen bewegen sich bei vier Grad Plus. Tausende versammeln sich an diesem idyllischen Wintertag im Mangfallpark Nord. Sie alle wollen ein Zeichen setzen gegen die aktuelle Corona-Lage - jeder auf seine individuelle Art und Weise.

Rosenheim - Über 2100 Bürger haben sich am Lampenpark versammelt, um am „besinnlichen Lichterzug durch Rosenheim“ teilzunehmen. Isabella und Marvin gehen gerade am Damm oberhalb des Parks Gassi und blicken kopfschüttelnd in Richtung der Menge an Menschen, die immer größer wird.

Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Rund 2000 Bürger fanden sich am Sonntagnachmittag im Mangfallpark zur Corona-Mahnwache ein. © mb

„Wir fühlen uns durch die aktuellen Maßnahmen nicht in unserer Menschlichkeit oder dem Dasein eingeschränkt“, erklärt Marvin, während er seiner Husky-Hündin einen Streichler gibt. „Wir sind genau für das Gegenteil dessen, was hier gefordert wird“, fährt Isabella fort.

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„Es gibt keinen anderen Weg raus aus der Pandemie als die Herdenimmunität - deshalb bin ich auch für eine Impfpflicht. In anderen Ländern bekommen sie die Pandemie ja auch mit strikten Maßnahmen in den Griff, aber hier bei uns funktioniert das nicht. Schlimm ist für mich, dass die Intensivbetten voll sind mit größtenteils ungeimpften Covid-Patienten und Behandlungen oder OP‘s für Menschen mit anderen Krankheiten aufgeschoben oder gecancelt werden müssen. Aber hier demonstrieren gehen“, lautet die Meinung der jungen Frau.

„Wie viel Booster brauchen wir und wann hört das auf?“

Unter den Demonstranten treffen wir auf Ludwig aus Aßling. Für ihn ist die Corona-Mahnwache in Rosenheim seine erste Demo. Er hält ein Plakat hoch, auf dem in Großbuchstaben „Freie Impfentscheidung für freie Bürger“ geschrieben steht - das Ganze umrahmt mit lächelnden freundlichen Smileys. „Das Plakat sagt alles“, antwortet er auf die Frage, weshalb er hierher gekommen ist.

Er sei nicht gegen das Impfen an sich, was er kritisiere, sei der Zwang, vor allem mit einem Impfstoff, der nur eine vorläufige Zulassung habe, bewährte Stoffe noch nicht auf dem Markt seien. „Zudem bräuchten wir Medikamente. Warum dauert es so lange, diese zu entwickeln und wieso war im Umkehrschluss ein Impfstoff so schnell vorhanden - möglicherweise zu schnell?“, wirft er die Frage in den Raum.

Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Ludwig (links) bei seiner ersten Demo am 12. Dezember im Mangfallpark in Rosenheim. © mb

„Wichtig ist mir, dass keine Entscheidungen getroffen werden, die man hinterher bereut. Wird das Impfen gesetzlich festgelegt, geraten wir in eine Impfschleife. In meinen Augen ist die Verhältnismäßigkeit verloren gegangen. Es ist wichtig, wieder eine Mitte zu finden. Wir müssen schauen, wie wir mit dem Virus leben können, denn ausrotten lässt er sich nicht. Wir bräuchten für einige die Impfung, ja, aber nicht für alle Menschen - das wäre sonst ein kollektiver Anschlag auf unser Immunsystem. Die Impfung ist eine gentechnische Behandlung, die alle paar Monate aufgefrischt werden muss: Wie viel Booster brauchen wir und wann hört das auf?“, fragt sich Ludwig.

Kritische Worte an die Regierung hat Claudio aus Bad Aibling parat: „Von politischer Seite werden Hetzkampagnen betrieben. Die Aufklärung über das Virus und seine Folgen ist Sache der Ärzte und nicht die Aufgabe von Spahn oder Lauterbach. Ich möchte von einem Arzt wissen, welche Risiken eine Impfung mit sich bringen kann und mit welchen Nebenwirkungen ich rechnen muss. Weil die Politik die Sache in Bayern in die Hand genommen hat, sind bei uns noch so wenige geimpft - da sieht es in anderen Bundesländern schon viel besser aus. Aufklärung durch eine Vertrauensperson ist das A und O.“

Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Viele hatten Plakate und Botschaften auf dem Demonstrationszug dabei. © mb

Der Versammlungstreffpunkt ist abgegrenzt mit rot-weißen Absperrbändern. Auf der Versammlung gilt Abstands- und Maskenpflicht. An jeder Ecke stehen Polizeibeamte, die die Sache überblicken. Über 300 sind an diesem Adventssonntag im Einsatz. Von den Initiatoren selbst werden zusätzlich hundert Ordner ernannt, die im Zug mitgehen.

Mitten drin halten Claudia und Simone aus Rosenheim Kerzen in den Händen. Das „friedliche Miteinander“ habe sie herbewegt, erklären sie im Gespräch mit rosenheim24.de: „Wir wollen Liebe, Frieden und Gerechtigkeit in der Welt und wir möchten, dass die Menschen wieder miteinander sprechen, Dinge gemeinsam angehen und keiner ausgegrenzt wird. Mein Körper, meine Entscheidung.“

„Wir sind dabei, weil wir gegen die Corona-Regeln sind - und gegen die Impfung“

Inzwischen hat sich der Zug mit Teilnehmern in Bewegung gesetzt: Vom Mangfallpark Nord aus verläuft die Strecke zunächst über die Schönfeldstraße und die Innstraße. Dort tönen plötzlich Weihnachtsgesänge an unsere Ohren, die Melodie von „Oh Tannenbaum“. Wojan und Petra haben sich mit einer weiteren Familie aufgemacht, um mit zu marschieren.

„Wir sind dabei, weil wir gegen die Corona-Regeln sind - und gegen die Impfung. Wir wollen unsere Kinder nicht impfen lassen. Es gibt normale Impfungen, die lange Zeit getestet wurden, ehe sie auf den Markt kamen und bei der Corona-Impfung sind wir die Tester - das wollen wir nicht. Wenn unser Protest nichts bewegt und sich nichts ändert, dann sind wir wieder auf der Straße“, zeigt sich der Stephanskirchner kämpferisch, ehe er in „Alle Jahre wieder“ mit einstimmt.

Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Rund 300 Polizeibeamte begleiteten die Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim. © mb

Ilona aus Kolbermoor ist der Meinung, das sei „keine Virus-, sondern eine reine Angst-Pandemie“. Der Virus existiere zwar als solcher, allerdings seien die Maßnahmen völlig überzogen und reine Panikmache. Ähnlich sehen das Kolbermoorerin Romana und Rosenheimerin Alena: „Wir möchten unsere Grundrechte zurück.“

Hier und da ertönen Trillerpfeifen und Trommeln, Rufe nach „Friede Freiheit Demokratie“ und „Keine Diktatur“ hallen wiederholt durch die Menge. Wortfetzen, die auf Diskussionen um Impfpflicht oder 2G hinweisen dringen an unser Ohr. Vereinzelt vernimmt man Rufe aus den Reihen der Demonstranten gen Polizei. „Die Maske, die Maske macht uns krank, nicht der Virus“, wettert ein Demonstrant, während er auffällig an der Maske zupft und Blickkontakt mit einem Beamten hält.

„Wir stehen hier für die Jungen, die Alten, für eure Zukunft“

Der Zug schlängelt sich weiter in Richtung Ludwigsplatz. Hier treffen wir Uli, der sich den Marsch aus ein paar Metern Entfernung ansieht. Er ist deshalb nur Zuschauer, weil er anderer Meinung sei als der Großteil der Zugteilnehmer: „Ich bin dreifach geimpft und es geht um mich: Ich sehe Corona nicht als Staatsereignis, sondern sorge für mich selber. Andere dürfen gerne andere Meinungen haben, ich finde es jedenfalls super, dass hier ein Demonstrationszug auf die Beine gestellt wurde.“

Corona-Mahnwache am dritten Advent in Rosenheim
Über 2000 Teilnehmer streiften im Rahmen einer Corona-Mahnwache am dritten Advent durch die Rosenheimer Innenstadt. © mb

Aus einem Radio am Anfang des Zugs ertönt Musik, mit Texten wie „Wann wachen wir auf?“ Oder „Deutschland, zeig dein Gesicht“. Initiatorin Peggy Galic ist zufrieden, wie sie einer einer kurzen Erst-Bilanz auf Höhe der Prinzregentenstraße erklärt: „Es sind super viele Teilnehmer und die Polizei ist kooperativ.“ Durch ein Mikrofon weist sie immer wieder auf die Abstände und die FFP2-Maskenpflicht hin. „Wir stehen hier für die Jungen, die Alten, für eure Zukunft - danke Rosenheim“ - für diese Worte erhält sie Jubelrufe und Beifall.

Die Temperaturen befinden sich inzwischen um den Gefrierpunkt. Zurück zum Mangfallpark Nord verläuft der Zug über die Rathausstraße, die Königstraße, den Ludwigsplatz, die Innstraße und die Schönfeldstraße. Dort löst sich der friedliche Demonstrationszug nach rund zwei Stunden Marsch auf. Was bleibt, sind Bitten, Appelle und Forderungen der Bürger - in unsicheren Pandemie-Zeiten wie diesen.

mb

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