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Christoph Heusgen in Rosenheim: So negativ äußert er sich über Wladimir Putin

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Von: Thomas Stöppler

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Im Anschluss signierte Dr. Christoph Heusgen fleißig Bücher.
Im Anschluss signierte Dr. Christoph Heusgen fleißig Bücher. © Stöppler

Sicherheitskonferenz-Chef Christoph Heusgen sprach in der Buchhandlung Rupprecht in Rosenheim über Putin, die Ukraine und Mario Götzes Tor im WM-Finale. Es herrschte Nervosität wegen angekündigter Demonstrationen.

Rosenheim - Noch bevor Dr. Christoph Heusgen da war, wehte in der Münchner Straße vor der Buchhandlung Rupprecht plötzlich ein Hauch von Sicherheitskonferenz durch Rosenheim. Nur indirekt wegen des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz, der über die deutsche Außenpolitik sprach und über seine Zeit als außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Hauch von Sicherheitskonferenz stammte von den Protesten vor der Tür. Die wöchentliche Mahnwache, die sich um 19 Uhr am Max-Josef-Platz trifft, kündigte an, bei Ihrem Zug einen Stopp vor der Buchhandlung zu machen.

WM-Finale mit Sergei Lawrow

Demenentsprechend herrschte eine gewisse Nervosität beim Einlass um halb acht. Zwar waren es nur etwa 20 Demonstranten, aber die waren dank ihrer Trommeln ausgesprochen laut. Doch noch bevor Heusgen eintraf, war auch schon alles vorbei. Die Demonstranten zogen eine Viertelstunde vor Beginn ohne Halt an der Buchhandlung vorbei und kamen bis zum Ende des Vortrags auch nicht wieder.

So konnte das Publikum in der vollbesetzten Buchhandlung den Ausführungen Heusgens in Ruhe lauschen und die hatten es in sich. Dabei fing es alles noch ganz entspannt an. Heusgen erzählte von seinem persönlichen Highlight aus seiner Zeit mit Angela Merkel. Das waren eigentlich keine Verhandlungen, es war die 113. Minute des WM-Finale in Rio De Janeiro, als André Schürrle auf Mario Götze flankte und der den Ball im langen Eck versenkte. Heusgen - bekennender Bayern Fan, der im Laufe des Abends aus dem Publikum immer mal wieder über den Zwischenstand des Champions League Spiels informiert wurde - war freilich nicht privat da. In der Halbzeitpause verhandelte Angela Merkel mit Wladimir Putin und seinem Außenminister Sergei Lawrow über die Ukraine. Die Annexion der Krim war da gerade ein paar Monate her und der Konflikt drohte weiter zu eskalieren.

„Putin ist nicht zu trauen“

Als der Wiederanpfiff nahte, gab die Kanzlerin kurzerhand die Verhandlungen ab: Heusgen und Lawrow sollten diese weiterführen. Und Heusgen bat Lawrow: „Sergei, wo sitzt Du denn? Dann setze ich mich zu Dir, dann können wir das Spiel beim Verhandeln weiterverfolgen.“ Als Heusgen das erzählt, stockt er kurz und fügt an: „Sergei Lawrow und ich dutzen uns - heute ist das einem vielleicht ein wenig peinlich.“

Ob Heusgen Götzes Tor wieder in der Begleitung von Angela Merkel gesehen hat oder mit Sergei Lawrow, erzählte er nicht. Aber von da an geht es an diesem Abend sowieso nicht mehr um Fußball. Heusgen skizzierte die Verhandlungen, die zum Minsker Abkommen führten. „Wir haben wirklich gedacht, wir könnten das diplomatisch lösen. Putin hat anders entschieden“, sagt der Diplomat. Doch nicht nur das Minsker Abkommen habe Putin gebrochen, erklärt Heusgen, auch das Budapester Memorandum von 1994 und der Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs 17 sei ein Verbrechen gemäß des internationalen Rechts. Heusgen hält fest: „Putin ist nicht zu trauen.“

Abschottung führt zu Fehleinschätzung

Auch sonst verliert er kaum ein positives Wort über den russischen Diktator. Dessen Abschottung im Zuge der Coronapandemie habe dazu geführt, dass er seit 2020 nicht mehr von Angesicht zu Angesicht einem seriösen Gesprächspartner gegenüber gesessen habe. Putins Mitarbeiter böten ihm kein Contra - „als Mitarbeiter eines Diktators widersprechen Sie nicht.“ Diese Abschottung habe auch zu den gravierenden Fehleinschätzungen Putins über die eigene militärische Stärke und die der Ukraine geführt.

Anschließend an Heusgens Vortrag stellte sich der Diplomat den Fragen der Rosenheimern, die ihn so um den ganzen Erdball führten: China und Taiwan, die Situation in Israel, die Entspannung im Kosovo. Aber auch das Rosenheimer Publikum interessierte sich vor allem für Russland und die Ukraine. Und Putins eigentliches Interesse. Warum macht der Mann das alles? Und Heusgen, der Putin schon seit 20 Jahren kennt, sagt über den Ex-Geheimdienstler: „Putin ist immer ein KGB-Mensch geblieben“ und Heusgen vermutet, dass es Putin vor allem um eines geht: Machterhalt.

Ein Ende des Krieges kann auch Heusgen nicht prophezeien: So lange Putin glaubt, er könne gewinnen, wird der Krieg weitergehen. Da helfen auch Gespräche wenig: „Ein Wladimir Putin ist nicht so leicht zu beeindrucken.“

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