Katharina (24) und der Kampf gegen die psychischen Störungen: „Jack hat mein Leben gerettet“

Panikattacken, Depressionen, Angststörungen - Katharinas Leben ist gezeichnet von psychischen Störungen. Fortan aber begleitet die 24-Jährige ein treuer Gefährte auf ihrem Lebensweg. Wie es Fellnase Jack schafft, eine verzweifelte unsichere junge Frau in einen selbstsicheren und lebensfrohen Menschen zu verwandeln wollte rosenheim24.de von den beiden genauer wissen:
Rosenheim - Auslöser für Katharinas Leidensweg war ein Missbrauch in der Kindheit. Lange fand sie keinen Ausweg aus ihrem Leben, das geprägt ist von seelischen Beeinträchtigungen. Im Interview mit rosenheim24.de erzählt sie vergangenen Sommer ihre Geschichte.
Zusammen mit Rüde Jack in ein lebenswertes Leben
Ihr Hoffnungsschimmer: ein tierischer Helfer. Ein Assistenzhund, ist Katharina überzeugt, kann sie aus diesem Loch holen. Doch sie hat die Kosten nicht, startet daher einen Spendenaufruf, um die Finanzierung für einen Hund und die damit verbunden Kosten für eine Ausbildung im unteren fünfstelligen Bereich gewährleisten zu können.
Mit Erfolg: Es kam der 28. November 2020, ein Samstag. Dieser Tag brachte einen Retter auf vier Pfoten mit sich. Mit Jack zog ein wenige Wochen alter Australian-Shepherd-Welpe bei Katharina ein. Gemeinsam mit ihr wird er eine Ausbildung zum Assistenzhund absolvieren - ihr Weg aus der persönlichen Krise.
„Ich bin vor Aufregung beinahe gestorben, als die Nachricht kam, dass wir einen Welpen gefunden hätten, der für die Ausbildung geeignet wäre“, erzählt Katharina mit leuchtenden Augen, als wir sie Ende Juni diesen Jahres in Rosenheim treffen - gut ein Jahr nach unserer ersten Begegnung.
Wir erkennen sie kaum wieder, voller Lebensfreude und Euphorie. Um ihre Füße herum wuselt der mittlerweile neun Monate alte Jack. Aufgeregt wedelnd ob des Besuchs bleibt er dennoch brav sitzen, bis sein Frauchen ihm das Kommando zum Begrüßen erteilt.
Unterstützung von Assistenzhundetrainerin Margit
„Freilich klappen noch nicht alle Kommandos zu 100 Prozent, aber wir wachsen mit jedem neuen Tag und es wird immer besser“, erzählt Katharina und wirft einen Blick zu Margit Bel. Ohne die Assistenzhundetrainerin wären Jack und sein Frauchen wohl noch nicht so weit.
Die Raublingerin hat Jack aus einem Wurf bei Ingolstadt ausgesucht, der Welpe habe den Wesenstest zum Assistenzhund bestanden. Menschenbezug, Gelassenheit, Motivation und Interessen des Tieres spielen da bei der Entscheidung unter anderem eine große Rolle. Jack besitze die ausschlaggebenden Kriterien zu 100 Prozent, ist sie sich sicher.

Margit besitzt eine eigene Hundeschule, bildet zusammen mit ihren Kunden Assistenzhunde im Landkreis Rosenheim, Inntal, Chiemgau, München und Ebersberg aus und ist Mitglied im Assistenzhundeverbund Deutschland.
Mit viel Einfühlungsvermögen, Ruhe und Geduld für Hund und Mensch führt sie auch Katharina und Jack durch die Ausbildung. Ein Mal pro Woche steht ein gemeinsames Training zu dritt an, Team-Work bilde das A und O. „Ich habe den Eindruck, Katharina ist mit Jack gewachsen. Sie ist aus sich herausgekommen, hat ein Selbstwertgefühl entwickelt“, lautet Margits Einschätzung, die die 24-Jährige nur teilen kann.
„Das ist ein wirklich heftiges Gefühl. Jack hat mein Leben gerettet - und verändert. Seit er bei mir ist, stand kein einziger Klinikaufenthalt mehr an. Jack schwächt meine Flashbacks und Angst- sowie Panikattacken ab. Die Verantwortung und die Aufgabe, die ich nun habe, helfen mir“, betont Katharina und unterstreicht dabei auch die Unterstützung durch ihre Mama, ihren Freund und auch ihre Mitbewohner.
„Jack bringt mich runter, lenkt mich ab“
Ein erster Etappensieg für die 24-Jährige: Einkaufen gehen. „Es fällt mir immer noch sehr schwer mich unter Menschen zu bewegen, doch ich freue mich umso mehr darauf, wieder zu Jack heimzukommen. Er bringt mich runter, lenkt mich ab. Negative Gedanken haben kaum mehr Platz“, freut sich Katharina und streichelt dem Hund den Kopf, der ihre Geste mit treuem Blick erwidert.
Katharina erzählt dabei lächelnd, wie sie zuletzt mit ihrer Mitbewohnerin und deren Freundinnen ganz entspannt im Gingarten in Rosenheim gesessen hat. „Das wäre früher utopisch gewesen.“ Nun sei sie auf einer „Zu-Mir-Finde-Phase“.
„Ein Hund ist das Beste, was dir passieren kann“
Das, was Katharina in wenigen Monaten erreicht hat, hätte sie nicht für möglich gehalten: „Ich habe so lange darauf hingearbeitet. Der Spendenaufruf, Behördengänge, Gespräche mit Ämtern, fehlende Unterstützung seitens der Krankenkasse - und dann hat alles doch so gut geklappt. Auch dank des Spendenaufrufs, durch den mitunter Leine und Halsband, Futter oder Hundespielzeug finanziert werden konnte. Natürlich sind die ersten Monate eine Herausforderung, Jack ist mein erster Hund. Aber ein Hund ist das Beste, was dir passieren kann. Er ist dein Spiegel“, ist Katharina überzeugt.
Deshalb möchte sie anderen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, Mut machen: „Egal, was dir fehlt und welche Erkrankungen dein Leben beeinträchtigen: Wenn du wirklich willst, ist alles möglich. Das was ich geschafft habe, kann bei anderen Menschen, die einen treuen Begleiter an ihrer Seite benötigen, auch funktionieren“, sagt Katharina und ihre Augen werden groß.
„Ich habe das Bedürfnis, allen, die auch diesen Weg einschlagen wollen, zu helfen.“ Wer Fragen an die 24-Jährige und ihren Assistenzhund Jack hat, darf sich bei ihr persönlich per Mail an richterkatharina@icloud.com melden.
Assistenzhundetrainerin Margit: „Hunde sind lern- und wissbegierig“
Und auch Margit freut sich über Interessenten. „Eine Ausbildung zum Assistenzhund kann jede Rasse absolvieren“, erklärt sie. „Ob Chihuahua, Dackel oder Labrador. Hunde sind lern- und wissbegierig - unabhängig ihres Alters. Es dürfen auch gerne Hundebesitzer mit ihren Hunden zu mir kommen. Es muss nicht zwingend ein Welpe sein.“ Informationen gibt es auf der Homepage. Auch über Spenden freut sich der Verein.
Für Katharina ist Margit zu einem Vorbild geworden. „Wer weiß, vielleicht werde ich später auch Assistenzhundetrainerin“, wirft die Rosenheimerin einen vagen Blick in die Zukunft.
Mit 18 Monaten wird Jack zur Prüfung zum Assistenzhund zugelassen
Doch zunächst steht ihre eigenen Ausbildung an: Wenn Jack 18 Monate alt ist, wird er zur Prüfung zugelassen. Dann muss Katharina zeigen, was sie in den eineinhalb Jahren gelernt hat und ob der Australian Shepherd wirklich das Zeug zum Assistenzhund hat.
Vor einem neutralen Prüfer müssen sie als Team zeigen, dass die Erziehung gelungen ist und Alltagssituationen wie Einkaufen in der Stadt, Bus fahren oder Verhalten in Läden meistern. Erst wenn der Praxis-Test bestanden ist, darf Jack die individuell angepasste Weste, die ihn offiziell als Assistenzhund ausweist, tragen - und Katharina dann überall dort hin begleiten und unterstützen, wo andere Vierbeiner nicht mit dürfen.
mb
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