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Erneute Eskalation: „Spaziergänger“ gehen auf freie Fotografen los

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Von: Jens Kirschner, Sascha Ludwig

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Gegner der Corona-Politik sind am Mittwochabend wie hier zum sogenannten „Drei-Königs-Marsch“ zum Mangfallpark „spaziert“. Dabei kam es offenbar zu Angriffen auf zwei Fotografen.
Gegner der Corona-Politik sind am Mittwochabend wie hier zum sogenannten „Drei-Königs-Marsch“ zum Mangfallpark „spaziert“. Dabei kam es offenbar zu Angriffen auf zwei Fotografen. © Schlecker

Nach einer Solidaritätsbekundung für ungeimpfte Pflegekräfte im Gesundheitswesen in Rosenheim ist es zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Dabei sind wohl zwei freie Foto-Journalisten von Teilnehmern der Proteste angegriffen worden. Jedoch weichen die Schilderungen der Geschädigten von denen der Polizei teilweise merklich ab.

Rosenheim - Während des sogenannten „Spaziergangs“ vom Ludwigsplatz zur Corona-Mahnwache im Mangfallpark Süd soll es laut Polizei am Mittwochabend (2. Februar) gegen 19 Uhr zu zwei Zusammenstößen gekommen sein. Dabei soll ein 24-jähriger Foto-Journalist von einem 58-jährigen Teilnehmer aus Rosenheim angegangen worden sein. Er fühlte sich durch die Fotos, die der Journalist während der Veranstaltung schoss, offenbar provoziert und habe versucht, die Kamera des Fotografen aus dessen Händen zu schlagen.

Ich war zusammen mit einem Kollegen unterwegs. Von Anfang an haben wir komische Blicke kassiert; die Situation war aber noch weitestgehend ruhig“, berichtet einer der Geschädigte aus München gegenüber rosenheim24.de über die Ereignisse am Mittwochabend (2. Februar). Nachdem sich die Demonstranten langsam in Bewegung gesetzt hätten, seien er und sein Kollege der Masse gefolgt.

Auf dem Weg zum Mangfallpark Süd sei es schließlich zum ersten Mal zu besagter Eskalation gekommen: Ein Schlag habe einen der Journalisten an der Nase getroffen, jedoch ohne, dass er hiervon sichtbare Verletzungen davongetragen habe.

Kurze Zeit später, während beide Fotografen Aufnahmen vom Geschehen machten, habe sich der Druck aus den Reihen der Demonstranten verstärkt: „Es kamen immer wieder Leute auf mich zu. Manche haben mir die Sicht mit der Hand verdeckt; andere haben direkt auf die Kamera und die Linse geschlagen“, so der 24-Jährige weiter. Eine größere Gruppe habe versucht, ihn einzukesseln. „Ich habe noch gesehen, dass mein Kollege bereits stark bedrängt wurde. Ich wollte zu ihm und helfen. Da hat mich ein großer Typ aufgehalten und mich gepackt“, schildert der Fotograf.

Dann sei alles plötzlich sehr schnell gegangen: „Ich spürte einen Schlag ins Gesicht; meine Maske wurde runtergerissen. Drei bis sechs Leute haben mich festgehalten“, schilderte der Fotojournalist. Im Augenwinkel habe er noch ein Einsatzfahrzeug der Polizei mit Blaulicht gesehen. Die Polizei berichtet in diesem Zusammenhang von drei Personen, welche den Fotografen angegangen und geschlagen haben sollen. Auch in diesem Fall habe der Geschädigte keine sichtbaren Verletzungen davongetragen.

Ein paar Augenblicke später, „schwer zu sagen, wie lange das gedauert hat“, hätten mehrere Beamte in Uniform den Fotografen und seinen Kollegen aus der Menge gegriffen. Zwei Zivil-Polizisten hätten ihm Handschellen angelegt. „Da wurde mir direkt eine fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Anscheinend habe ich jemanden beim Versuch, mich zu befreien, irgendwie gestreift“, erinnert sich der Fotograf.

Das Geschehen will er mit einer Body-Cam dokumentiert haben. Ein entsprechendes Video - welches der Redaktion vorliegt, der Urheber aber nicht zur Veröffentlichung freigibt, zeigt drei Polizeibeamte vor der Rosenheimer St.-Nikolaus-Kirche. Diese fordern den Filmenden auf, seine Body-Cam abzuschalten. Eine Bitte, welcher er nicht nachkommen könne, da er gefesselt sei, wie aus dem Off zu hören ist.

Diese Angaben des Fotografen wiederum kann die Polizei auf Anfrage nicht bestätigen. Vor allem den Umstand, dass der Fotograf, wie er schildert, von Zivilbeamten fixiert worden sei, kann die Rosenheimer Polizei anhand der vorliegenden Einsatzberichte nicht nachvollziehen. Jedoch besteht offenbar noch Klärungsbedarf in dieser Sache, wie Polizeihauptkommissar Robert Maurer schildert.

Polizeisprecher Robert Maurer stellt weitere Vernehmungen der Betroffenen in Aussicht, die zur Klärung des Sachverhalts dienen sollen. In beiden Fällen ermitteln die Beamten inzwischen wegen Körperverletzung beziehungsweise schwerer Körperverletzung. Ein Umstand verzögere die Ermittlungen allerdings: Eine Täterbeschreibung konnte der Fotograf laut Polizei nicht abgeben.

Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer dju in ver.di Berlin-Brandenburg und Verfasser des obenstehenden Tweets, findet klare Worte zu den Vorgängen: „Wir dju in ver.di verurteilen den Angriff auf die Fotografen auf das Schärfste. Die Coronaproteste in Rosenheim sind gewalttätig gegen Vertreter aus der Zivilgesellschaft und Journalisten. Vor einer Woche wurde ein Juso-Mitglied tätlich angegriffen, gestern zwei Fotografen. Die Angriffe auf Journalisten in Rosenheim sind nicht die Ausnahme, sondern bundesweit die Regel. Seit fast zwei Jahren werden Journalisten am Rande von Corona-Protesten bundesweit angegriffen.“

Gewalt gegen Journalisten sei generell vollkommen inakzeptabel, so Reichel weiter. Er fordere von der Polizei Rosenheim, dass sie die Corona-Proteste als „gewaltbereit“ einstufen und entsprechende Schutzmaßnahmen für Journalisten und den demokratischen Gegenprotest treffen soll.

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