Einen Bedarf, den auch die Rosenheimer Grünen sehen: In einem Dringlichkeitsantrag fordert die Grünenfraktion im Stadtrat die Stadt auf, „einen Maßnahmenplan zur Reduzierung des Energieverbrauchs durch Einsparung und Effizienzsteigerung“ zu erstellen. Konkret benennt der Antrag das Dimmen der Straßenbeleuchtung, die Senkung der Temperatur in städtischen Gebäuden und den städtischen Bädern.
Aber Rosenheim ist nicht Regensburg. Oder Würzburg oder München. Die Stadt fühlt sich gut gewappnet für eine mögliche Gasknappheit: „Rosenheim nimmt mit seinem Tochterunternehmen, den Stadtwerken Rosenheim, eine gesondert zu betrachtende Stellung ein“, heißt es auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen an die Stadt Rosenheim. Die meisten städtischen Gebäude würden per Fernwärme geheizt und seien insofern nicht von der Gasknappheit betroffen. Denn für die Fernwärme verantwortlich sei zum einen das Müllheizkraftwerk und zum anderen in der Tat Gas. Das könne aber auch kurzfristig durch Öl ersetzt werden.
Auch die Absenkung der Temperaturen in den städtischen Bädern würde kein Gas einsparen: Das Rosenheimer Freibad zum Beispiel erhalte seine Wärme direkt als Fernwärme vom Müllheizkraftwerk: „Das Freibad erhält die Wärme als nicht speicherbare Abwärme, eine Absenkung der Wassertemperatur würde daher überhaupt nicht zur Gaseinsparung beitragen.“
Auch bei der Stromerzeugung sei man gut aufgestellt. 60 Prozent kämen bereits aus erneuerbaren Energien. „Physikalisch gesehen ist der Gasanteil mit rund 35 Prozent eher gering“, heißt es weiter. Dieser Anteil passe sich auch der Marktsituation an. Könne also wachsen oder bei Gasknappheit schrumpfen.
Des Weiteren sei die Straßenbeleuchtung bereits auf energiesparende LED-Leuchten umgestellt und werde ohnehin gedimmt. Bei den Ampeln sei allerdings eine Grenze erreicht: „Die Straßenbeleuchtung und die Ampelschaltung dienen der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger“, so Oberbürgermeister Andreas März. Der Oberbürgermeister führte weiter aus, dass man genau abwägen müsse, was nützt und was „reinen Symbolcharakter habe“.
So wolle die Stadt nicht Öffnungszeiten von öffentlichen Gebäuden kürzen. Das widerspreche der Bürgerfreundlichkeit, erklärte März. Auch der Energiefresser Eisstadtion sei für die Rosenheimer wichtig: Über 90 Prozent der Zeit werde von Schulklassen, Vereinen, Nachwuchssportlern und Freizeiteisläufern in Anspruch genommen. Die Starbulls nutzten nur etwa sieben Prozent der Eiszeit. „Dementsprechend groß ist das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Betriebs im Eisstadion“, erklärte März.
Doch die Energiesparmaßnahmen gehen weit über städtische Verantwortung hinaus. Deutschlands größter Wohnungsvermieter, Vonovia, hat angekündigt, die Heizungen in seinen Gebäuden nachts zu drosseln. Von den fast 500 000 Wohnungen in Besitz des Unternehmens werden mehr als die Hälfte mit Gas beheizt. Ob das auch die 240 Wohnungen in Rosenheim betrifft, ist noch unklar. Vonovia äußerte sich nicht zu einer Anfrage der OVB-Heimatzeitungen.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GRWS diskutiert ebenfalls solche Maßnahmen, wie Geschäftsführer Stefan Ludwig erklärte. Bisher appelliere man allerdings an die Eigenverantwortung der Mieter. „Wir sind nach wie vor auf der Suche, wie wir unseren Mietern helfen können“, so Ludwig. Ausschließen könne er aber eine Drosselung der Heizungen in Zukunft nicht. Betroffen seien allerdings nur wenige Wohnungen. Die meisten würden über das Fernwärmenetz versorgt.
Doch der Antrag der Grünen geht noch weiter: Private Haushalte sollen mittels Energiespartipps oder Energiesparchecks beraten werden. Die Caritas bietet Energiesparchecks in anderen Städten wie München oder auch Mühldorf an. In Rosenheim gibt es allerdings keine Stelle. Dabei wächst die Zahl der Energieschuldner seit Jahren bundesweit kontinuierlich an. Zwar ging die Zahl der Stromsperren 2020 um 20 Prozent auf rund
230 000 zurück, aber vor allem, weil aufgrund der Pandemie viele Anbieter freiwillig auf die Maßnahmen verzichteten. Besonders betroffen sind Sozialleistungsempfänger. In den vergangen zehn Jahren stieg der Strompreis um fast sechs Cent pro Kilowattstunde, alleine im vergangenen Jahr um drei Cent. Der Satz, den Hartz-IV-Empfänger für ihre Stromkosten bekommen, liegt derweil bei 456 Euro pro Jahr. Ein durchschnittlicher Ein-Personen-Haushalt zahlt etwa 599 Euro im Jahr..
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