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„Mir graust vor dem letzten Tag“: Warum die Soyener Traditions-Bäckerei Federkiel schließt

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Von: Winfried Weithofer

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Ingeborg und Franz Federkiel schließen ihre Bäckerei in Soyen. Am 19. November ist der letzte Arbeitstag.
Ingeborg und Franz Federkiel schließen ihre Bäckerei in Soyen. Am 19. November ist der letzte Arbeitstag. © Weithofer

Ingeborg und Franz Federkiel aus Soyen schließen ihre Bäckerei. Am 19. November ist der letzte Arbeitstag. Das sind die Gründe.

Soyen – Die Bäckerei gehört zur Ortschaft wie die Pfarrei, der Dorfladen, die Bank oder die Apotheke: Alles Fixpunkte der Gemeinde. Entsprechend groß ist die Wehmut, wenn der Laden für immer schließen wird. Am 19. November ist der letzte Arbeitstag für die Bäckersleut Ingeborg und Franz Federkiel. Damit geht für die beiden, aber auch für Soyen, eine Ära zu Ende.

Für die Wasserburger Zeitung lassen die beiden 65- Jährigen ihr Leben Revue passieren. Die Federkiels scheiden mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Doch der Blick geht nach vorn: Der zweiwöchige Urlaub in Fuerteventura ist schon gebucht, danach wird das Eigenheim renoviert, im Januar Ski gefahren.

Preissteigerungen erschweren Betrieb

Die Entscheidung konnte nicht anders getroffen werden: „Es ist die richtige Zeit zu gehen, mit der Preissteigerung und allem anderen. Wenn wir anfangen würden zu rechnen, wüssten wir nicht, wie das gehen soll. Erst recht nicht, wenn wir eine Pacht zu zahlen hätten“, lautet ihre Schlussfolgerung.

Ingeborg Federkiel, die gebürtig aus Soyen ist, fügt hinzu: „Wir merken es auch körperlich.“ Aber natürlich wird ihnen der über Jahrzehnte alles bestimmende Lebensinhalt fehlen. „Mir graust schon vor dem letzten Tag“, räumt sie ein.

1973 hätte sie nach der Schulzeit gerne einen anderen Beruf ergriffen, bekennt Inge Federkiel. „Meine Eltern wollten allerdings unbedingt, dass ich den Laden übernehme.“ Das Geschäft sei für Papa und Mama immer das Wichtigste gewesen. Und Tochter Ingeborg beugte sich der elterlichen Disziplin. „Ich war halt eine brave Tochter“, erinnert sie sich. „Am Anfang hab‘ ich gelitten, weil mir die Schulfreundinnen gefehlt haben.“ Letztlich sei der Beruf als Bäckereifachverkäuferin zu einer Bereicherung ihres Lebens geworden. Ihren drei Töchtern haben die Federkiels von einem Einstieg in die Branche eher abgeraten. „Wir haben ihnen immer gesagt, lernt etwas anderes, auch mit Blick aufs Einkommen.“ Dazu komme, dass man als Bäckereiinhaber eigentlich nie krank werden dürfe. Ingeborg Federkiel erinnert sich noch mit Schrecken an die Tage, als sie mit Blinddarmbeschwerden noch im Laden stand. Urlaub gab es, wenn überhaupt, nur tageweise. Erst im Lauf der Jahre konnten es sich die Federkiels erlauben, die Arbeitswoche zu verkürzen.

In der Schlussphase haben sie für ihre „supernetten“ Kunden noch freitags und samstags geöffnet, nehmen große Bestellungen an. Besonders begehrt sind neben der Vielzahl von verschiedenen Semmeln die leckeren „Kasstangerl“. „Meine Semmeln werden allgemein gelobt, weil sie länger frisch bleiben, man kann sie auch noch am Abend essen“, sagt Franz Federkiel, der gebürtig aus Niederbayern stammt. Der Backofen macht’s möglich. Gebacken wird noch bis zum Schluss das volle Sortiment, 30 verschiedene Semmelsorten, jeweils Tausende freitags und samstags, dazu leckeres Brot und Kuchen.

Ehepaar will sich die Welt anschauen

Franz Federkiel, der seine Inge 1978 heiratete, war zuerst Automechaniker, aber richtig glücklich geworden ist er mit der Tätigkeit nicht. Die Bäckerei bot sich als ideale Alternative an. Der Schwiegervater war natürlich hocherfreut, als Franz 1986 die Bäckermeisterprüfung absolvierte und den Laden übernehmen konnte. Mit dem frühen Arbeitsbeginn um zwei Uhr nachts habe er nie Probleme gehabt, erzählt er. Auf jeden Fall geht es in die letzten Tage mit der Bäckerei, danach wollen sich die Federkiels die Welt anschauen. „Soweit es geht“, schränkt Ingeborg Federkiel ein. Die berühmten Kasstangerl werden Soyen nun fehlen. Für sich selbst werden die Federkiels freilich weiter backen.

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