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Die echte Volksmusik lebt: Wie Wasserburg ihr seit 50 Jahren eine Bühne bietet

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Von: Heike Duczek

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Die Deggl-Musi tritt bei den Wasserburger Volksmusiktagen auf.
Die Deggl-Musi tritt bei den Wasserburger Volksmusiktagen auf. © re

Seit 50 Jahren bietet die Stadt Wasserburg der echten Volksmusik eine Bühne, seit 25 Jahren organisiert Claudia Geiger die Veranstaltungsreihe. Sie stellt erfreut fest: „Die Volksmusik lebt.“ Warum das Musizieren vielen so viel Spaß bereitet, aber immer weniger gesungen wird.

Wasserburg - „Volksmusik ist für mich Entspannung pur“, sagt Claudia Geiger, Organisatorin der Wasserburger Veranstaltungsreihe, die heuer vom 24. März bis 2. April stattfindet. Volksmusik sei nicht so kompliziert wie die Klassik, aber sehr rhythmisch und mitreißend. Beim Spiel dürfe auch improvisiert werden. „Ich kann mich in die Volksmusik richtig reinfallen lassen, darin quasi baden“, schwärmt die Lehrerin. Was sie außerdem begeistert, ist die Möglichkeit, mit anderen zu musizieren. „Es macht vor allem Spaß in der Gruppe“, findet sie.

Claudia Geiger ist mit der Volksmusik aufgewachsen. Sie hat daheim als kleines Mädel mit den Eltern musiziert und als Mutter mit ihren Kindern. Bis heute greift sie gerne zu Harfe, Hackbrett, Flöte oder Gitarre. Gemeinsam mit ihren Geschwistern, Cousins und Cousinen tritt sie nach wie vor auf - als „Herzog-Musi“.

Claudia Geiger organisiert seit 25 Jahren die Wasserburger Volksmusiktage.
Claudia Geiger organisiert seit 25 Jahren die Wasserburger Volksmusiktage. © privat

Die Harfe, Claudia Geigers Lieblingsinstrument, ist auch das Symbol der Wasserburger Volksmusiktage. Das Instrument war schon auf dem Titelbild des ersten Programms im Jahr 1973 zu sehen. Die Harfe spielt bis heute bei vielen Auftritten und bei Konzerten im Rahmen der Veranstaltungsreihe eine bedeutende Rolle. Heuer steht auch noch das Hackbrett im Fokus: „Gezupft und geschlagen“ wird es auf Einladung des Heimatvereins am Montag, 27. März, ab 19.30 Uhr im Gimplkeller. Die Hackbrettklasse München berichtet - auch musikalisch - bei freiem Eintritt über die Geschichte des Instruments.

Folge der Landkreisreform

So weit geht die Historie der Volksmusiktage nicht zurück, für eine Veranstaltungsreihe sind 50 Jahre jedoch eine Nummer. Es war der spätere Schwiegervater von Claudia Geiger, Wasserburgs ehemaliger Bürgermeister Dr. Martin Geiger, der 1973 die Veranstaltungsreihe ins Leben rief. Hintergrund war - wie so oft im Wasserburg der 70iger Jahre - die Landkreisreform. Die Innstadt hatte 1972 den Kreissitz verloren. Die Sorge, in Bedeutungslosigkeit zu versinken, war groß. Wasserburg wollte sich deshalb als kulturelles Zentrum positionieren und etablieren.

Noch unter dem letzten Landrat des Landkreises Wasserburg, Josef Bauer, hatte 1971 das erste Sänger- und Musikantentreffen stattgefunden. Mit im Boot, damals noch Beamter beim Landratsamt Wasserburg: der spätere Bürgermeister der Stadt, Dr. Martin Geiger, und der aus Griesstätt stammende Volksmusiker Bert Lindauer, beide Gründerväter der Wasserburger Volksmusiktage.

Geiger erinnert sich in der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum an das erste Volksmusiktreffen 1971. Bei ihm, der sich vorher nie ernsthaft mit der Volksmusik befasst hätte, hätten die Veranstaltungen in Staudham 1971 nachhaltige Eindrücke hinterlassen: „Sie zeigten mir die Vielfalt und Kraft dieses eigenständigen, alles andere als folkloristischen Teils des kulturellen Lebens unserer Region“, so Geiger.

1973 - damals war Geiger schon Bürgermeister von Wasserburg - starteten die Wasserburger Volksmusiktage erstmals als Veranstaltungsreihe. Schon 1973 gab es eine Hauptveranstaltung im Rathaussaal, den Passionsgottesdienst, das offene Singen, ab 1974 bereits den Jugendwettbewerb, berichtet seine Schwiegertochter Claudia Geiger. Auch im 50. Jahr ist die Stadt Veranstalterin. Sie rief im ersten Jahr auch die Rathauskonzerte ins Leben, die heuer ebenfalls Jubiläum feiern.

Pause nur in der Pandemie

Seitdem wird vor Ostern in Wasserburg musiziert und gesungen. Nur zweimal musste die Reihe ausfallen, 2020 und 2021 als Folge der Pandemie. 2022 ging es aufgrund der nach wie vor schwierigen Rahmenbedingungen mit einer Mini-Version ohne Jugendwettbewerb unter Auflagen wieder los.

Heuer, im Jubiläumsjahr, ist zur Freude von Claudia Geiger alles wie immer: ein großes Programm mit Konzerten, Musikanten- und Sängertreffen, Veranstaltungen im Rathaussaal, beim Wirt und im Bauernhausmuseum Amerang - ohne Abstandsregeln. „Wir waren sehr gespannt, wie die Volksmusiktage nach der Pause wieder angenommen werden“, sagt Claudia Geiger. Doch ihre Sorge erwies sich als unbegründet: Das Wirtshaussingen am Freitag, 24. März, im Gasthaus Paulaner beispielsweise war blitzschnell ausverkauft. Auch für die weiteren Konzerte läuft der Kartenvorverkauf sehr gut, so Claudia Geiger. Nur beim 46. Jugendsingen und -musizieren um den Wasserburger Löwen sei die Resonanz noch etwas zögerlich, bedauert die Organisatorin. Das wundert sie nicht, denn der Nachwuchs hat über zwei Jahre wenig Unterricht gehabt und kaum Auftrittsmöglichkeiten. „Viele sagen, wir trauen uns noch nicht“, sagt sie. Bis zum 24. März können sich jedoch noch Nachwuchsmusikanten und -sänger anmelden.

Claudia Geiger und die Herzog-Musi haben vor vielen Jahren selber einmal teilgenommen, berichtet sie. „Wir haben zwar keinen Preis gewonnen, waren aber sehr stolz“. Die Teilnahme am Jugendwettbewerb um den Wasserburger Löwe war und ist auch eine Kontaktbörse, berichtet Claudia Geiger. Neue Talente werden entdeckt, junge Musiker lernen sich kennen und tun sich oft auch zu Gruppen zusammen.

„Hektik schlägt auf die Stimme“

Früher war die Volksmusik eher im Familienverband verortet. Daheim wurde gespielt und gesungen - etwa an langen Winterabenden. Heute lernen die meisten Volksmusiker das Handwerk an Musikschulen oder in bereits bestehenden Gruppen wie der Stadtkapelle Wasserburg. Viele Kinder kennen zum Bedauern von Claudia Geiger die Instrumente gar nicht mehr.

Deshalb freut sie sich, dass im Rahmen der Volksmusiktage im Bauernhausmuseum in Amerang am ersten Sonntag, 26. März, zwanglos drauf los musiziert wird und Musikpädagogen zum Ausprobieren motivieren. Im Bauernhausmuseum ist am Sonntag, 2. April, auch von 14 bis 16 Uhr ein offenes Singen. Claudia Geiger hofft, dass der Funke überspringt, denn zu ihrem Bedauern singen immer weniger Menschen. „Die älteren, die noch viele Lieder kennen, hören auf, den Jüngeren fehlt der Zugang, die Zeit, die Muße“, so ihre Erfahrung. Die Rastlosigkeit der Zeit fordere ihren Tribut, „Hektik schlägt auf die Stimme“.

Auch Tanzmusik ist beliebt

Trotzdem ist ihr nicht bange um die Volksmusik, zu der auch das gemeinsame Singen gehört. Sie sei angesagt, ebenso wie die Tracht. Eine „tolle Entwicklung“, die viele neue junge Gruppen hervorbringe. Auch die Tanzmusik sei sehr beliebt, da die Volksmusiktage jedoch in der Fastenzeit stattfinden, gibt es für sie im Rahmen der Veranstaltungsreihe keine Plattform. Der Schlager hat in ihren Augen auch seine Berechtigung, doch die Abgrenzung zur Volksmusik sei notwendig. Denn letztere setze weder auf Show noch auf Action oder Lautstärke, sondern auf das gemeinsame Singen und Musizieren, das Miteinander, frei und „ohne Tamtam“. So wird es wieder sein vom 24. März bis 2. April in Wasserburg.

Das Programm der 50. Wasserburger Volksmusiktage

Die 50. Wasserburger Volksmusiktage finden vom 24. März bis 2. April statt. Freitag, 24. März, geht es um 20 Uhr los im Gasthaus Paulaner mit Volksmusik beim Wirt. Die Veranstaltung ist ausverkauft. Sonntag, 26. März, und Sonntag, 2. April, ist jeweils ab 13 Uhr zwangloses Musizieren im Bauernhausmuseum in Amerang. Singgruppen und Musikanten mit Instrument haben freien Eintritt. Montag, 27. März, wird ab 19.30 Uhr im Gimplkeller auf Einladung des Heimatvereins die Geschichte des Hackbretts vorgestellt. Der Eintritt ist frei. Samstag, 1. April, ist das Jugendsingen und -musizieren um den Wasserburger Löwe - ab 13.30 Uhr im Pfarrsaal St. Jakob. Samstag, 1. April, findet ab 16 Uhr im Gasthaus Paulaner auch ein Treffen der Mitwirkenden statt. Im Mittelpunkt der Volksmusiktage steht am Samstag, 1. April, ab 20 Uhr das große Konzert mit vielen Gruppen im Rathaussaal. Sprecher ist Markus Tremmel. Unter anderem treten die Kiesenhofer Geigenmusik, der Oimbliah-Dreigsangt, die Oberlauser Tanzmusi und die Rimstinger Sänger auf. Das offene Singen für die Familie ist am Sonntag, 2. April, von 14 bis 16 Uhr im Bernödhof des Bauernhausmuseums Amerang. Außerdem gestalten Volksmusiker den Passionsgottesdienst am Sonntag, 2. April, um 19 Uhr in der Pfarrkirche St. Konrad im Burgerfeld mit. Informationen und Karten gibt es unter www.wasserburger-volksmusiktage.de.

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