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Darum chauffiert Johannes Ruß (18) die Wasserburger Senioren

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Von: Sophia Huber

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Johannes Ruß fährt die Wasserburger Senioren wohin sie wollen. Die Arbeit würde er jedem empfehlen, sagt er.
Johannes Ruß fährt die Wasserburger Senioren, wohin sie wollen. Die Arbeit würde er jedem empfehlen, sagt er. © Huber

Zum Einkaufen, zum Friseur, zum Doktor. Mit dem Fahrdienst der Stadt kommen Wasserburger Senioren von A nach B. Wir waren mit ihnen unterwegs. Warum sich ein 18-Jähriger ans Steuer setzt und wieso weitere Freiwillige gesucht werden.

Wasserburg - Mittwochmorgen, neun Uhr: Willi Nieberlein steht bereits parat an seiner Haustüre im Burgerfeld. Er winkt, als er den weißen Fiat vom Seniorenfahrtdienst der Stadt sieht. Meistens würde Nieberlein schon warten, erzählt sein Chauffeuer, der 18-jährige Johannes Ruß, der bei der Stadt Wasserburg ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert. „Oft müssen wir jedoch auch reingehen und die Leute abholen“, berichtet Ruß. Denn viele der Kunden seien nicht mehr so mobil wie Nieberlein.

Der 73-Jährige ist noch fit. Selbstständig macht er es sich auf dem Beifahrersitz bequem. Mit einem freundlichen „Guten Morgen“ begrüßt er Ruß. Für den Rentner ist der Seniorenfahrdienst von Wasserburg ein Segen. Er ist einer der knapp 50 Stammkunden des Services und das schon seit vielen Jahren. „Ich will den Fahrdienst nicht mehr missen“, erzählt Nieberlein. Denn ein Auto habe er nicht mehr. Mobil zu bleiben, sei also gar nicht so einfach. Entsprechend nutzt Nieberlein den Service mehrmals in der Woche. Meistens jeden Dienstag und Mittwoch. Ruß hat ihn in den vergangenen Monaten während seines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) schon oft gefahren. Er und Nieberlein sind ein eingespieltes Team.

Ein eingespieltes Team

„Wo soll es heute hingehen?“, fragt Ruß. „Zur Post und zum Penny.“ Ruß nickt und startet das Auto. „Also die übliche Mittwochstour.“ Der Weg in diesem Fall: relativ kurz, nur einmal durch die Altstadt und wieder zurück. Aber auch das sei nicht immer so. „Wir fahren bis zu 30 Kilometer rund um Wasserburg“, erzählt Ruß. Oft sei er deshalb auch in Rosenheim unterwegs, beim Augencentrum beispielweise. „Ich glaube, ich bin in dem halben Jahr, seit ich das mache, öfter nach Rosenheim gefahren als in der ganzen Zeit davor“, sagt der 18-Jährige lachend. Doch darin sieht er auch Vorteile: „Das Auto fahren lernt man hier richtig gut.“ Anfangs sei er noch unsicher durch die Engstellen in der Altstadt gefahren. „Inzwischen bin ich geübt.“

Lebenserfahrung, das sei generell etwas, was er während seines FSJ sammeln konnte. Dazu würden auch praktische Dinge gehören, wie sich zurecht finden in der Stadt und im Supermarkt. „Inzwischen kenne ich den Rewe auswendig“, sagt Ruß. „Ich finde alles.“ Denn meistens hilft Ruß bei den Einkäufen, manchmal übernimmt er generell die Besorgungen. Dann bekommt er von den Senioren lediglich einen Einkaufszettel. „Aber vielen ist es wichtig, einmal in der Woche rauszukommen.“

Der Austausch ist wichtig

Auch Nieberlein geht es ähnlich. Er unterhält sich auch gerne während der Fahrt. Es geht um Politik, das leidliche Thema Grundsteuererklärung, um Kultur, auch die Oscar-Nominierung von „Im Westen nichts Neues“ beschäftigt den Senior. „In den 30igern habe ich da den Originalfilm schon gesehen“, erzählt er. „Das war beeindruckend.“ Ruß unterhält sich gerne mit den Kunden. Vielen sei einfach der Austausch wichtig, insbesondere wenn keine Angehörigen mehr vor Ort seien. „Manchmal wollen die Senioren deshalb auch einfach nur zum Kaffee trinken fahren“, erzählt der FSJ-ler. Auch das präge, gibt er zu, denn sonst in seinem Alltag habe er wenig Berührungspunkte mit der älteren Generation, berichtet der Abiturient.

Nieberlein allerdings erledigt seine Einkäufe selbst. Nach einer Stunde steht er wieder vor der Tür. Genau im Zeitlimit. Auch das sei nicht immer der Fall, sagt Ruß. „Man lernt Zeitmanagement und manchmal ist es auch stressig“, gibt er zu. Denn nicht immer sei es einfach, in der vorgegebenen Zeit die Senioren abzuholen, zum nächsten Supermarkt zu fahren, einzukaufen, zurück zum Haus zu steuern und pünktlich zum nächsten Termin zu kommen. Doch trotz des Stresses sagt Ruß: „Ich würde es jedem empfehlen, hier sein FSJ zu machen.“

Stadt sucht dringend Unterstützung

Bis Ende Juli ist er noch angestellt, danach sucht die Stadt nach neuen Freiwilligen. „Oder auch Ehrenamtliche“, erklärt der Geschäftsstellenleiter des Rathauses, Thomas Rothmaier. Der Fahrdienst sei unter der Woche praktisch durchgehend ausgebucht. „Unsere beiden Autos sind immer unterwegs“, sagt Rothmaier. Das bestätigt auch Anna Pflügl vom Sozialamt. Von montags bis freitags seien die Fahrer bis zu zehn Stunden im Einsatz, erzählt sie. Jede Hilfe sei deshalb dringend nötig, um die Aufgabe stemmen zu können.

Infos für Interessierte

Informationen und Buchung zum Seniorenfahrdienst gibt es bei Gerlinde Scheitzeneder, Amt für Soziales im Wasserburger Rathaus, unter der E-Mail: sozialamt@wasserburg.de oder Telefon: 08071 10514

Wer Interesse am Freiwilligen Sozialen Jahr beim Seniorenfahrdienst der Stadt Wasserburg hat, kann sich ab sofort bewerben. Die Unterlagen gehen an die Stadtverwaltung, 83512 Wasserburg, Marienplatz 2, oder per E-Mail an info@wasserburg.de. Weitere Informationen gibt es bei Heidi Herker, erreichbar unter der Telefonnummer 08071 105-12.

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