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„Imagemäßig ein Desaster“: So hat sich das kältere Wasser im Badria auf den Umsatz ausgewirkt

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Von: Heike Duczek

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Das Badria hat die Wassertemperatur gesenkt, um Energiekosten zu sparen.
Wieder beliebt: das Badria, nachdem die Wassertemperatur wieder auf Normalmaß erhöht wurde. © re

Die Senkung der Wassertemperatur im Badria war „imagemäßig ein Desaster“, bringt Lorenz Huber (Bürgerforum) im Stadtrat die Folgen auf den Punkt. Wie sich die zurückgenommene Fehlentscheidung ausgewirkt hat und warum es wieder Hoffnung für das Bad gibt.

Wasserburg - Von einer Fehlentscheidung mag Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) eigentlich nicht sprechen. Denn der Beschluss, die Wasser- und Raumtemperatur im Badria zu senken, fiel in einer Zeit, als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen hatte. Das war im Sommer. Alle Kommunen waren aufgefordert worden, etwas zu tun, um Energie einzusparen. Folglich lag auf der Hand, beim Badria anzusetzen und die Temperaturen zu senken sowie energieaufwändige Angebote zu reduzieren.

Doch nicht einmal das hat funktioniert: „10.000 Euro Energieeinsparung waren das Ergebnis und 100.000 Euro Umsatzeinbruch die Folge“, brachte Huber, Stadtwerkesprecher der bunten Fraktion aus Bürgerforum/Freie Wähler/ÖDP, im Stadtrat die Situation auf den Punkt. „Kaufmännisch betrachtet ein riesiger Verlust, imagemäßig ein Desaster und aus ökologischer Sicht nicht zielführend, weil die gesamte Technik so oder so laufen muss - egal, ob wir für 50 Gäste oder für 300 Gäste am Tag die Infrastruktur bereithalten.“ Dr. Martin Heindl, Stadtwerkesprecher der Fraktion SPD/Linke Liste, fand jedoch: „Auch im Nachhinein halte ich die vorübergehenden Gas-Sparmaßnahmen für richtig. Die damalige Versorgungslage war so, dass man reagieren musste.“

Die Statistik zeigt: Das Badria hat sich nach zwei schwierigen Corona-Jahren wieder berappelt und ist in Punkto Besucherzahlen auf dem richtigen Weg.
Die Statistik zeigt: Das Badria hat sich nach zwei schwierigen Corona-Jahren wieder berappelt und ist in Punkto Besucherzahlen auf dem richtigen Weg. © Klinger/OVB

Der Werkausschuss steuerte anscheinend noch rechtzeitig gegen und entschied im Dezember: Temperaturen wieder rauf auf Normalmaß. Die Besucher kamen sofort wieder, berichtete Stadtwerkechef Robert Pypetz erleichtert. Die Resonanz war sogar so gut, dass das Badria bei den Besucherzahlen 2022 gar nicht so schlecht abschnitt: 175.704 Gäste kamen, damit nähert sich die Einrichtung nach zwei Pandemiejahren, in denen sie zum Teil komplett schließen musste oder Besucherobergrenzen hatte, fast wieder der Bilanz aus dem Vor-Corona-Jahr 2019. Damals kamen 213.235 Besucherinnen und Besucher. Für 2023 gehen die Stadtwerke sogar von 219.350 Gästen in Bad und Sauna aus. Denn es ist das Jubiläumsjahr: Auf dem Festprogramm stehen zahlreiche Events und Aktionen. „Was wäre Wasserburg ohne unser Familienbad? Ohne unser Sport- und Freizeitzentrum? Ohne unsere Mehrzweckhalle? Manche mögen sagen - reicher. Zumindest finanziell gesehen. Aber gesellschaftlich um vieles ärmer“, zeigte sich Georg Machl, Sprecher der Fraktion von CSU und Wasserburger Block für die Thematik Stadtwerke, überzeugt.

Das Badria ist ein Geschäftszweig von mehreren bei den Stadtwerken: neben E- und Wasserwerk sowie Nebengeschäften. Überall läuft es betriebswirtschaftlich gesehen trotz schwieriger Rahmenbedingungen etwa auf dem Strommarkt gut, doch das Familienbad bringt die Stadtwerke Jahr für Jahr in die Bredouille. 2022 hat es einen Jahresverlust von 2,5 Millionen Euro zu verzeichnen, die Stadt musste jetzt erneut eine weitere Million als Defizitausgleichaus dem Haushalt einspeisen - neben dem bereits festgeschriebenen jährlichen Defizitausgleich von einer Million Euro.

Angesichts der schwierigen Lage, die sich so schnell nicht ändern wird, gilt als neues Ziel: Das Defizit der Stadtwerke als Folge der Badria-Misere soll sich dauerhaft bei einer Million Euro stabilisieren, also nicht aus dem Ruder laufen, sondern „überschaubar bleiben“, so der Bürgermeister. Damit das klappt, werden nach seinen Angaben alle Organisationsbereiche der Stadtwerke einer strategischen Untersuchung unterzogen - in der Hoffnung, auf Stellschrauben, die vom Badria negativ geprägte Bilanz nachhaltig zu verbessern.

In den Reden der Fraktionen zum Stadtwerkehaushalt, der einstimmig verabschiedet wurde, machten die Sprecher deutlich: Am Badria wird trotz schlechter Zahlen nicht gerüttelt. Alle Fraktionen stehen hinter dem Bad mit Sport- und Mehrzweckhalle - „ein Freizeitmagnet“, der etwa nach Überzeugung von Huber die Attraktivität der Stadt steigert und Besucher anlockt. Heindl sprach von einem „Aushängeschild für Wasserburg“, das auch der lokalen Wirtschaft zugute komme. Die Querfinanzierung durch den Zuschuss des Stadthaushaltes werde das Badria auch in den nächsten Jahren brauchen.

Das sagt die Werkreferentin

Die Werkreferentin des Stadtrates, Monika Rieger (Grüne), sieht die Einrichtung jedoch auf dem richtigen Weg: Denn nach Rücknahme der Temperatursenkungen habe das Badria bei den Besucherzahlen so schnell aufgeholt, dass der Plan für 2022 - 146.000 Gäste - übertroffen wurde. „Mittelfristig ist der Bestand des Familienbads gesichert“, stellte Rieger fest. Doch die Grünen würden es für erforderlich halten, einen „Gesundschrumpfungsprozess“ einzuläuten. Die Untersuchung der Prozessabläufe zeige hier hoffentlich Optimierungsmöglichkeiten auf. Das Defizit müsse im Rahmen bleiben, denn sonst werde es den Stadthaushalt zu sehr belasten. Außerdem gehe es um Steuergelder. Rieger sieht eine Maßnahme als „wohl unumgänglich“: die Preise zu erhöhen. „So sehr ich die Kunstprojekte Essigfabrik und Umspannwerk schätze, das Badria als nächster Lost-Place, der möglicherweiser künstlerisch wertvollem Verfall preisgegeben wird, wäre mir in Zukunft zu schade“, stellte sie fest.

Bei allem Sparwillen sei es außerdem wichtig, das Bad mit Mehrzweckhalle so fit zu machen, dass die Energiekosten weiter reduziert werden könnten. Deshalb sei die Dacherneuerung, die jetzt beendet ist, der richtige Weg - ebenso die Entscheidung für eine PV-Anlage. 2023 wollen die Stadtwerke außerdem noch mehr Erlöse aus der Vermietung der Badria-Halle erwirtschaften, teilte Chef Pypetz mit. 160.000 Euro statt 100.000 wie heuer setzte er im Erfolgsplan der Stadtwerke dafür an.

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