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True Crime in Wasserburg: Wie eine Historikerin und ein Kriminaler einen Mord aufklären

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Von: Heike Duczek

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Das Waffenmuseum des LKA in München: Ein Messer spielte auch beim Mord in Bachmehring eine Rolle.
Das Waffenmuseum des LKA in München: Ein Messer spielte auch beim Mord in Bachmehring eine Rolle. © Sven Hoppe

Ein Mord wird aufgeklärt - quasi live vor Publikum am 13. März im Wasserburger Gimplkeller. Warum hier ein berühmter Kriminaler und eine bekannte Historikerin „ermitteln“ und ein Messer eine wichtige Rolle spielt.

Wasserburg/Eiselfing - 1942 findet die junge Magd Cäzilie Bauer auf einem Bauernhof die Leiche des 59-jährigen Fuhrknechts Leonhard Eder. Blutüberströmt liegt er in seiner Kammer. Ein Suizid? Oder Mord? Dr. Ulrike Claudia Hofmann, Historikerin im bayerischen Staatsarchiv in München, ist vor vielen Jahren bei ihrer Arbeit auf die Ermittlungsunterlagen gestoßen und hat dem Fall ein Buch gewidmet: „Aktenzeichen 1 KL-So 59/42: Die Ermittlungsakte Cäzilie Bauer“. Am Montag, 13. März, ab 19.30 Uhr liest die Autorin auf Einladung des Heimatvereins zum ersten Mal ganz nah am Tatort: Denn der lag nur wenige Kilometer von Wasserburg entfernt auf dem Stemmerhof in Eiselfings Ortschaft Bachmehring.

Dr. Ulrike Claudia Hofmann hat aus der Ermittlungsakte Cäzilie Bauer ein spannendes Buch über einen Kriminalfall in Bachmehring geschrieben.
Dr. Ulrike Claudia Hofmann hat aus der Ermittlungsakte Cäzilie Bauer ein spannendes Buch über einen Kriminalfall in Bachmehring geschrieben.  © re

Hier trug sich der Fall zu, der Hofmann zu ihrem ersten Buch inspirierte. Bei ihrer Arbeit im Staatsarchiv in München, wo die 52-Jährige den Bereich Justiz betreut, gehen viele Akten durch ihre Hände. Jene von Cäzilie Bauer hat die Historikerin in den Bann gezogen. „Eine junge Frau, die scheinbar wie aus dem Nichts kaltblütig einen Menschen ermordet, die vor der Tat in keinerlei Weise durch verbrecherische Neigungen aufgefallen war: Das ist schon etwas Besonderes“, findet sie.

Hofmann stürzte sich in die Lektüre, wälzte Akten und Unterlagen, Zeugenaussagen und Ermittlungsberichte der Polizei. „Ich habe mich tief eingegraben in den Fall“, berichtet sie. Dass sie daraus ein Buch entwickelt hat, haben die Leser ihrer zweiten Leidenschaft zu verdanken: Die Münchenerin ist Krimi-Fan — von Agatha Christie bis zu modernen Regionalkrimis reicht die Bandbreite ihrer Lieblingslektüren. In ihrer Freizeit schrieb sie deshalb ein Buch, das ihre berufliche Arbeit als Historikerin mit ihrer Freude am Kriminalroman verband. Spannung wird hierbei mit Zeitgeschichte verwoben.

Tod durch Hinrichtung

Die Besucher der Lesung am Montag, 13. März, erfahren nicht nur, warum Cäzilie Bauer sich im Laufe der Ermittlungen zur Hauptverdächtigen entwickelte, welche Indizien am Tatort auf sie hinwiesen, wer sie schließlich verpfiffen hat und warum sie den Tod durch Hinrichtung fand, sondern auch viel Wissenswertes über die Kriminalgeschichte und Polizeiarbeit in der NS-Zeit und den Schrecken des damaligen Sondergerichts.

Mit Hofmann, die schon ihre Promotion über „Fememorde in Bayern in den 1920er Jahren“ schrieb, „ermittelt“ vor Publikum ein bekannter Kriminalist: Ludwig Waldinger, Pressesprecher des Landeskriminalamtes (LKA). Hofmann und Waldinger haben sich 2020 beim „Tag der Archive“ in München kennengelernt. Das Motto im Staatsarchiv lautete damals: „Lug und Trug.“ Schauspieler Winfried Frey (Tatort, Die Rosenheim-Cops) las aus Original-Ermittlungsakten, Waldinger ordnete die Taten fachlich ein. Der Kriminalhauptkommissar berät als Experte Krimi-Autoren. Beim Abend im Gimplkeller wird er die Ermittlungsmethoden vor 100 Jahren mit denen von heute vergleichen.

Ein historisches Foto vom Stemmerhof in Bachmehring, auf dem ein Knecht ermordet worden sein soll. Der Heimatverein lädt zu dem Fall Fachleute ein.
Der Tatort: ein historisches Foto vom Stemmerhof in Bachmehring, in dessen Stube 1942 der Knecht ermordet wurde. © Stadtarchiv

Auch Waldinger ist fasziniert vom Fall aus Bachmehring. Nicht nur das hat er mit Hofmann gemeinsam. Der Kriminalhauptkommissar ist ebenfalls Krimi-Fan - „ich konsumiere lesend und hörend querbeet durch das Genre“, berichtet er. Außerdem liebt der 56-Jährige, der für das Landeskriminalamt auch das Waffenmuseum betreut, Krimis im Fernsehen - nicht den Tatort, „der versucht, realitätsnah zu sein“, wie er findet, sondern unterhaltsame Serien wie „Hubert & Staller“ sowie „Mord mit Aussicht“. „Tolle Formate, spannend und entspannend, weil unterhaltsam, zugleich“. Das Buch von Hofmann bietet ihm einen weiteren Mehrwert: „Es ist ja keine Fiktion, sondern ein echter Fall, der da geschildert wird. Es ist aber auch kein Sachbuch, sondern nimmt mit auf einen Zeitreise. Wie war das vor 80 Jahren bei der Polizei? Wie verlief die Tatortarbeit?“ Darauf liefere das Werk von Hofmann interessante Antworten.

Das Messer als Mordwerkzeug

Als Kriminalbeamter war Waldinger vor seiner Ernennung zum Pressesprecher des LKA Rauschgift- und Zivilfahnder, Mord und Totschlag, „die schrecklichsten Straftaten“, waren nicht sein Metier. „Ich mag keine Leichen“, sagt er knapp. Trotzdem liebt er es, bei den Lesungen mit Hofmann den Bogen vom Früher zum Heute zu schlagen. Das übernimmt auch die Waffe, ein Messer, bis heute ein oft genutztes Mordwerkzeug. Viel zu nachlässig wird damit in seinen Augen oft umgegangen. „Jeder weiß, wie er sich an einer Ampel verhalten muss, kaum jemand, ob er ein großes Küchenmesser mitnehmen darf zum Picknick im Park.“ Auch dazu wird Waldinger die Gäste in Wasserburg aufklären.

Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger ordnet das Verbrechen fachlich ein und schlägt den Bogen zur Polizeiarbeit von heute.
Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger ordnet das Verbrechen fachlich ein und schlägt den Bogen zur Polizeiarbeit von heute. © re

Hofmann bringt im April übrigens ihr zweites Buch heraus. Es widmet sich erneut einem True-Crime-Fall: der Ermordung einer Witwe am Starnberger See im Jahr 1951. „Auch diese Akte hat mich gefunden, nicht ich sie“, berichtet die Autorin schmunzelnd. Erneut spielt ein Messer als Tatwaffe eine entscheidende Rolle. Vier Jahre lang hat Hofmann recherchiert und geschrieben. Sie ist so tief eingetaucht, dass sie sich manchmal selbst bremsen musste, sagt sie schmunzelnd. „Ich habe mir immer wieder gesagt: Du ermittelst nicht, du stellst nur da.“ Denn der Mord von Starnberg ist bis heute nicht aufgeklärt worden. Das ist im Fall der Cäzilie Bauer aus Bachmehring anders. Oder doch nicht? Ist eine Unschuldige durch das Fallbeil gestorben? Am Montag, 13. März, ab 19.30 Uhr gibt es auf Einladung des Heimatvereins Antworten.

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