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„Von der Watschen bis zum Faustschlag“: Mehr Handgreiflichkeiten im Wasserburger Land

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Von: Anja Leitner

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Die Polizei Wasserburg verzeichnete 2021 mehr „leichte“ Körperverletzungen im Wasserburger Land.
Die Polizei Wasserburg verzeichnete 2021 mehr „leichte“ Körperverletzungen im Wasserburger Land. © dpa

Weniger Einbrüche, mehr Körperverletzungen im Jahr 2021: Das sind die Tatsachen aus dem Sicherheitsbericht der Wasserburger Polizei. Doch das Einsatzjahr hinterlässt – gerade während der Pandemie – auch bei den Beamten Spuren. Wir haben mit Polizeichef Markus Steinmaßl darüber gesprochen.

Wasserburg – Weniger Einbrüche, mehr Körperverletzungen: Das sind die Tatsachen aus dem Sicherheitsbericht 2021 der Wasserburger Polizei. Doch das Einsatzjahr hinterlässt – gerade während der Pandemie – auch bei den Beamten Spuren. Die Wasserburger Zeitung hat mit Polizeichef Markus Steinmaßl darüber gesprochen.

Polizeichef Markus Steinmaßl
Polizeichef Markus Steinmaßl © John Cater

Bei den Zahlen sticht besonders heraus: Der Wohnungseinbruch ist um 90 Prozent zurückgegangen. Zwar gab es auch im Vorjahr 2020 nur zehn Einbrüche, aber 2021 war es im Dienstbereich der Wasserburger Polizeiinspektion nur einer.

Das liegt laut Markus Steinmaßl, Polizeihauptkommissar in Wasserburg, unter anderem an Corona, denn viele Bürger würden im Homeoffice arbeiten und seien zuhause. Trotzdem wäre in den vergangenen Jahren grundsätzlich ein Rückgang zu verzeichnen – auch wegen der Einbruchs-Präventionskampagne der Polizei, so Steinmaßl.

Widerstand gegen Beamte nimmt zu

Hingegen sind die Zahlen der „einfachen“ Körperverletzung – „also alles von der Watschen bis zum Faustschlag“, wie der Polizeichef erklärt, mit 272 Taten um 111 deutlich gestiegen (plus 68,9 Prozent). „Man kann natürlich nicht alles auf Corona schieben, aber der Sicherheitsbericht ist deutlich geprägt davon“, meint der Polizeichef. „Ich denke, die Leute sind ein bisschen dünnhäutiger – nach zwei Jahren Pandemie nicht verwunderlich – und es war 2021 auch endlich wieder was los: Die Discos und Gaststätten haben wieder geöffnet, da kann es schon zu Vorfällen kommen“, erklärt er. Bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung sei jedoch erfreulicherweise ein Rückgang um 14 Fälle auf 46 Taten (60 im Vorjahr) zu melden; ein Minus von 14 Prozent.

Widerstand und tätliche Angriffe auf Beamte verzeichnete die Polizeiinspektion 25, im Vorjahr waren es noch 29 Delikte, also ein Rückgang um 13,8 Prozent. Trotzdem bemerkt Steinmaßl, der auf eine 30-jährige Laufbahn zurückblickt, dass die Bürger sich gegenüber den Polizisten zunehmend respektloser verhalten würden. „Wir sind ein Rechtsstaat, jeder darf seine Meinung haben. Das ist auch richtig so. Aber bei Beleidigungen oder tätlichen Angriffen verstehe ich keinen Spaß“, verdeutlicht er. Auch die Kollegen von der Feuerwehr und vom Rettungsdienst würden immer wieder von Anfeindungen bei Einsätzen berichten.

Und die vergangenen zwei Jahre während der Pandemie hätten noch mal zu mehr „Skepsis und Widerstand“ geführt. „Wir hatten natürlich Verständnis für die Bürger. So etwas wie eine Ausgangssperre gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Wir haben Beschränkungen durchgesetzt, das ist unsere Aufgabe. Corona muss man ernst nehmen. Trotzdem sind wir mit viel Fingerspitzengefühl rangegangen. Aber da haben wir uns viel anhören müssen, wobei ‚Depp‘ noch die netteste Bezeichnung war“, sagt der Polizeichef.

Dennoch gab es auch viele, die Verständnis hatten und die die Kontrollen für gut befanden. „Nur weil die Querdenker am lautesten schreien, heißt es nicht, dass sie die Mehrheit sind“, sagt der PI-Chef. Schade findet es Steinmaßl, dass viele Bürger „die Polizei“ als anonymes Konstrukt sehen. „Wir sind aber auch nur Menschen“, betont er.

Psychische Belastung sehr groß

Menschen, die Beleidigungen und Angriffe ertragen müssten. Obwohl die Beamten geschult sind – spurlos vorbei gehe das an keinem. „Es kommt auch vor, dass Beamte verletzt werden. Der schlimmste Fall, den ich bei uns hier in Wasserburg weiß, ist, dass eine Kollegin ein Funkgerät mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen bekommen hat. Das ist aber schon Jahre her“, erzählt der Polizeihauptkommissar.

Aber nicht nur die körperlichen Angriffe seien kräftezehrend für die Beamten, auch die psychische Belastung werde oft unterschätzt. „Wir kommen zu vielen Unfällen. Das sind schlimme Bilder, die im Gedächtnis bleiben: tödliche Verkehrsunfälle, Reanimationen – das kann man nicht einfach vergessen“, sagt er. Gespräche unter den Kollegen und mit dem Dienstleiter würden helfen, um das Erlebte zu verarbeiten, es gebe auch Hilfe aus dem Präsidium und einen Zentralen Psychologischen Dienst, „trotzdem vergessen viele den menschlichen Aspekt bei der Polizei“, bedauert Steinmaßl.

Die wichtigsten Zahlen aus dem Sicherheitsbericht der Wasserburger Polizeiinspektion 2021

Mit den Gemeinden, Albaching, Amerang, Babensham, Edling, Eiselfing, Griesstätt, Pfaffing, Ramberg, Rott am Inn, Schonstett, Soyen und der Stadt Wasserburg betreut die Polizeiiinspektion Wasserburg rund 46.000 Einwohner auf 321 Quadratkilometer-Dienstbereichsfläche. Zur Anzahl der Bürger kommen noch circa 42.000 zugelassene Fahrzeuge im Dienstbereich.

Kriminalitätsentwicklung

Im Jahr 2021 wurden im Dienstbereich der Polizei Wasserburg insgesamt 1 342 Straftaten (2020: 1 390) in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 48 Straftaten beziehungsweise um 3,5 Prozent. Die Aufklärungsquote ist mit 77,9 Prozent (Vorjahr 74,6 Prozent) erneut gestiegen. Somit wurden von den 1 342 Straftaten 1.045 aufgeklärt.

Als Gradmesser für die Kriminalitätsbelastung der Bevölkerung dient die Häufigkeitszahl, die im Dienstbereich der Polizei Wasserburg bei einem Wert von 2.921 pro 100.000 Einwohner (2020: 3.027) lag. Gegenüber dem Vorjahr ist die Anzahl der Diebstähle insgesamt um 16,9 Prozent deutlich zurückgegangen (207 Fälle zu 249 im Vorjahr).

Sonstige einfache Diebstähle nahmen um 14,3 Prozent (150 Fälle zu 175 im Vorjahr) ab, während schwere Diebstähle sogar um 23 Prozent zurückgingen (57 Fälle zu 74 im Vorjahr). Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nahmen von 39 auf 42 Anzeigen (+ 7,7 Prozent) zu. Der Schwerpunkt lag dabei bei der Verbreitung pornografischer Schriften mit 19 Taten zu 18 im Vorjahr. Es konnten erneut alle Sexualstraftaten aufgeklärt werden.

Die Kriminalitätsentwicklung im Dienstbereich der Wasserburger Polizeiinspektion der vergangenen fünf Jahre.
Die Kriminalitätsentwicklung im Dienstbereich der Wasserburger Polizeiinspektion der vergangenen fünf Jahre. ©  OVB/Klinger

Verkehrslage

Im Jahr 2020 ereigneten sich im Dienstbereich der Polizei Wasserburg 1.363 Verkehrsunfälle (2020: 1.264). Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme um 99 Unfälle bzw. 7,8 Prozent. Sechs Personen wurden dabei getötet (2020: 1) und 193 verletzt (2020: 241). Als Hauptunfallursachen wurden „Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren sowie Ein- und Anfahren“ verzeichnet. Bei den Unfällen mit schweren Folgen ist immer noch der Konsum von Alkohol und berauschender Mittel eine sehr häufige Ursache. Von 80 festgestellten Fahrten unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss endete im Jahr 2021 jede vierte mit einem Unfall (20 Mal). Den gesamten Sicherheitsbericht gibt es hier.

+++ Weitere Artikel und Nachrichten aus der Region Wasserburg finden Sie hier. +++

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