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Wasserburger Theaterleiter: „Das ist doch nicht stimmig, was hier geschieht“

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Von: Marina Birkhof

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Jörg Herwegh vom gleichnamigen Theaterbüro in Wasserburg zu 2G-plus-Regeln in der Kultur
Jörg Herwegh vom gleichnamigen Theaterbüro in Wasserburg kann die Regeln um 2G-plus in der Kultur nicht nachvollziehbar - vor allem, weil die bayerische Gastronomie weiter unter 2G-Bedingungen arbeiten darf. © picture alliance/dpa | Peter Kneffel/John Cater (Montage)

Während die Wirte weiter unter 2G-Bedingungen Reservierungen entgegen nehmen dürfen, ist die Kultur an strenge 2G-plus-Bedingungen gebunden. Die jüngsten Beschlüsse der Regierung zur Ausnahmeregelung für die bayerische Gastronomie sorgen für Ärger. wasserburg24.de hat die Meinungen des Theaterleiters Jörg Herwegh und des Gastwirts Chris Grasser vom Landgasthaus Suranger gegenübergestellt.

Wasserburg/Amerang - „Wir sind stinksauer“, platzt es aus Jörg Herwegh vom gleichnamigen Theaterbüro in der Wasserburger Altstadt heraus. „Seit zwei Jahren machen wir alles mit, was uns die Regierung vorschreibt und nehmen stärkste Umsatzeinbußen hin.“

Grundsätzlich, spricht Herwegh auch im Namen der anderen Kulturschaffenden, unterstütze man die Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie. In Herweghs Familienbetrieb spielen beispielsweise nur Schauspieler unter 2G-Bedingungen.

Theaterleiter Herwegh: „Gleiches Recht für alle“

Doch dann folgte Anfang Januar die 15. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung mit der Sonderregel in Bayern, dass die Gastronomie von der 2G-plus-Bedingung ausgenommen wird, während bei Konzerten, im Kino oder im Theater weiter nur Genesenen und Geimpften inklusive Negativ-Test der Einlass zur Vorführung gewährt wird. Zudem dürfen nur mehr 25 Prozent eingelassen werden.

„Das ist ohne eine Vervierfachung der Preise wirtschaftlich nicht darstellbar und das wäre Blödsinn. Wir haben sowieso Schwierigkeiten, da sich die Leute nicht mehr in die Säle trauen seit der Pandemie. 100 Prozent erreichen wir schon lange nicht mehr. Um einen Gewinn zu erzielen müssten wir zumindest 50 Prozent der Plätze füllen.“

„Ich kann das nicht nachvollziehen“, erklärt er resigniert. Nicht, dass er es der Gastronomie nicht gönne, im Gegenteil: „Ich freue mich für jeden Wirt, der seine Gäste bedienen darf. Ich wünsche mir nur gleiches Recht für alle. Wieso ist es nicht möglich, dass die Kulturschaffenden ebenfalls unter 2G-Bedingungen ohne Testnachweis arbeiten dürfen?“

„Ich komme mir vor wie ein Aussätziger, der vor sich hin vegetiert“

„Angenommen“, führt der Wasserburger Theaterleiter fort, „eine Wirtschaft hätte einen Nebenraum mit Kleinkunstbühne. Wenn der Wirt in dem Nebenraum unter 2G-Bedingungen seine Gäste mit Essen und Trinken versorgt, genügt 2G. Findet aber eine Veranstaltung in dem gleichen Raum statt, so gilt plötzlich 2G-plus und 25 Prozent Einschränkung. Das ist doch nicht stimmig, was hier geschieht.

Die Politik stellt darüber hinaus nur minimale Erleichterungen für die Kultur in Aussicht - eine mögliche Aufstockung der Zuschauerkapazitäten von 25 auf 50 Prozent wurde am Montag, 17. Januar, nur am Rande angeschnitten. Man könne sich vorstellen, die Kapazitäten in den einzelnen Bereichen zu erhöhen - Lockerungen seien jedoch erst möglich, wenn sich der positive Trend weiterhin fortsetzt, erläuterte Staatskanzleiminister Dr. Florian Herrmann im Rahmen einer Pressekonferenz.

Die Regelung und die Art und Weise, wie sie erklärt wurde, ärgert Herwegh: „Die Maßnahmen werden seitens der Politik nicht mal erläutert, warum es für uns bei der Plus-Regelung bleibt und die Gastronomie davon ausgenommen wird. Wir warten auf eine Erklärung, wieso die Kultur weiterhin unter diesen strengen Einschränkungen arbeiten muss - zumal Veranstaltungen in großen Sälen stattfinden, in denen Abstand gewahrt werden kann. Ich komme mir da vor wie ein Aussätziger, der vor sich hin vegetiert.“

Viele Kollegen, wie auch Uwe Bertram vom Theater Wasserburg, öffnen ihre Räumlichkeiten fürs Erste gar nicht. Herwegh hat die Planung für Präsenzveranstaltungen über den Winter bis April komplett ausgesetzt. Im vergangenen Sommer liefen Vorführungen wie das Open-Air-Obstgartentheater für ihn sehr gut, derzeit bleibt er mit dem Online-Mitrate-Krimi „Kommissar Kojakl“ bei den Leuten im Gespräch. „Doch was helfen mir Corona-Unterstützungen, wenn wir Kulturschaffenden durch unser Tun Geld verdienen wollen?

„Es wird nie wieder so werden wie vorher“

Für die warmen Monate plant Herwegh wieder Vorführungen - auch, weil er die Hoffnung hat, dass es leichter wird. „Ich bin optimistisch, dass die pandemische in eine endemische Lage übergeht und wir mit dem Virus leben können. Aber es wird nie wieder so werden wie vorher, denn wir verlieren einen Großteil unseres Publikums.“

Für die kommenden Wochen wünscht sich Herwegh Gleichwertigkeit in Form von 2G auch für die Kultur, selbst wenn er persönlich nichts mehr davon hätte: „Ein Theaterprojekt lässt sich nicht von heute auf morgen auf die Beine stellen und muss von langer Hand geplant sein, produziert und geprobt werden. Und langfristig hoffe ich natürlich, dass es überhaupt keine Einschränkungen mehr gibt.“

Erleichterung im Landgasthaus Suranger bei Amerang über 2G

Während Herwegh seinem Ärger Luft macht, fällt Chris Grasser vom Landgasthaus Suranger bei Amerang ein Stein vom Herzen: „Für uns ist die Entscheidung, weiter unter 2G-Bedingungen arbeiten zu können, eine Erleichterung, weil wir eher mit Verschärfungen gerechnet haben. In dem Fall hätten wir ernsthaft überlegen müssen, ob es sich weiter lohnt unser Gasthaus geöffnet zu lassen. Es sind viele noch nicht geboostert und nur fürs Essen gehen wollen sich die meisten nicht testen lassen.“

Dass es bei 2G bleibt, sei für die Wirtsfamilie eine Entlastung, der bisherige Kontrollaufwand sei ohnehin aufwendig genug. Dennoch: „Auch wenn es schwierig ist, die Regelungen ausreichend ermessen zu können, in der Gastronomie können wir das Ganze vielleicht noch besser steuern: Die Leute sitzen nur am Tisch und kommen sich nicht so in die Quere.“

Dass es hingegen für Kunst, Kultur und Freizeiteinrichtungen nicht so einfach ist unter 2G-plus-Bedingungen, kann Grasser nachvollziehen: „Ich hoffe, dass sich das Ganze nach mittlerweile zwei Jahren langsam normalisiert und es zu Erleichterungen kommt. Ich wünsche mir langfristig ein geringes Infektionsgeschehen und den ersehnten Schritt zurück zur Normalität.“

mb

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