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„Ein Lächeln am Tag - das reicht mir schon“: Warum Wasserburger Pflegeschüler ihren Job lieben

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Von: Heike Duczek

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Zwei von 4000, die an der kbo-Berufsfachschule für Pflege gelernt haben: Laura Lademann und Gernot Herb.
Zwei von 4000, die an der kbo-Berufsfachschule für Pflege gelernt haben: Laura Lademann und Gernot Herb (links im Bild). © Duczek/ISK

4000 Schülerinnen und Schüler in 100 Jahren hat die Berufsfachschule für Pflege am kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg ausgebildet. Zwei von ihnen sind Laura Lademann (20) aus Schonstett und Gernot Herb (38) aus Schnaitsee. Warum sie ihren Beruf lieben, obwohl er nicht einfach ist.

Wasserburg - Eine Schulleiterin, die nach ihrer Rede bejubelt wird: Das gibt es selten. Doch beim Festakt zum Jubiläum der Berufsfachschule am kbo-Inn-Salzach-Klinikum (ISK) reagierten die geladenen Schülerinnen und Schüler so enthusiastisch auf die Ansprache von Dr. Sabine Balzer. Im Publikum saß auch Laura Lademann, die im Sommer ihre Abschlussprüfung absolviert. Die 20-Jährige, gebürtig aus Eiselfing, heute wohnhaft in Schonstett, ist dann Krankenpflege-Fachfrau. Sie strebt nach der dreijährigen Ausbildung eine Anstellung im kbo-Inn-Salzach-Klinikum an. Ein Weg wie aus dem Bilderbuch für das psychiatrische Fachkrankenhaus. Denn die eigene Schule bildet in erster Linie aus, um den eigenen Nachwuchs zu gewinnen.

Ziel: Stigmatisierung beenden

Das hat bei Laura Lademann geklappt. Sie will bleiben, denn der Beruf als Pflege-Fachfrau sei genau der richtige für sie. Das hatte die junge Frau, die sich schon früh für die Psychologie interessierte, schon bei einem Praktikum am kbo-Inn-Salzach-Klinikum erkannt. Sie entschied sich danach für die Ausbildung an der Pflegeschule. Sie ist heutzutage generalistisch aufgebaut, das heißt: Wer Krankenpflege-Fachkraft lernt, kann in vielen Bereichen arbeiten - etwa auch in der Kinder- oder Altenkrankenpflege.

Laura Lademann möchte ihr weiteres Berufsleben jedoch in der Psychiatrie verbringen. Denn die vielen verschiedenen Erkrankungen der Seele interessieren sie mehr als somatische Leiden, sagt sie. Außerdem möchte sie dazu beitragen, dass die psychischen Erkrankungen ihre Stigmatisierung verlieren. Nach wie vor falle es vielen Menschen leicht, mitzuteilen, dass sie aufgrund eines Blinddarmdurchbruchs im Krankenhaus waren, jedoch schwer, eine Depression als Grund zu nennen. Dabei kämen psychische Erkrankungen heute sehr häufig vor.

Die Berufsfachschule für Pflege am kbo-Inn-Salzach-Klinikum feiert das 100-Jährige.
Die Berufsfachschule für Pflege am kbo-Inn-Salzach-Klinikum feiert das 100-Jährige. © ISK

Außerdem stellt Laura Lademann fest, dass es oft ein Wechselspiel zwischen körperlichen Beschwerden und seelischen Erkrankungen gebe. Bestes Beispiel: die Sucht. Sie führe oft auch zu organischen Problemen. Oder die Depression, mit der nicht selten auch Herzerkrankungen einhergehen würden. Als angehende Pflegefachkraft will sie Betroffenen helfen, „dass sich etwas zum Positiven verändert“.

Das sei manchmal ein mühsamer Prozess, der viel Geduld von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten erfordere, sagt sie. „Ein Lächeln am Tag von einer Person, die selten oder nie lacht - das reicht mir schon.“ Gerne arbeitet die 20-Jährige auch mit älteren Menschen - etwa in der Gerontopsychiatrie im Zentrum für Altersmedizin am ISK. Auch hier könne die Behandlung und Pflege oft noch eine positive Entwicklung erreichen, so ihre Erfahrung.

Trotzdem wird die junge Frau oft mit schwierigen Krankheitsverläufen konfrontiert, mit Menschen, die schwere Schicksalsschläge zu verarbeiten haben. Auch damit umzugehen, habe sie lernen müssen in der Ausbildung, sagt sie. Ihr Rezept gegen die Gefahr, zu viel in sich hineinzufressen: „Reden - im Team, mit Kollegen, die viel Erfahrung haben, mit den Lehrern.“ Dem Beruf fehle es zwar oft an gesellschaftlicher Anerkennung, sagt sie, „aber die Patienten sind fast immer sehr dankbar.“ Es sei außerdem nicht immer leicht, im Schichtdienst zu arbeiten. Der Verdienst sei nicht schlecht, findet sie, bezeichnet ihn aber als „den Arbeitsbedingungen nicht angepasst“.

Wer sich für den Beruf entscheide und die Fachschule besuche, erlebe jedoch bereits in der Ausbildung, die viele Stationen durchlaufe: „Du kannst etwas Positives bewirken.“ Laura Lademann sagt deshalb trotz der Tatsache, dass viel über Pflegenotstand und schwierige Arbeitsbedingungen in der Pflege gesprochen wird: „Dieser Beruf erfüllt mich.“ Trotzdem sollten all jene, die sich für eine Ausbildung interessieren, Grundeigenschaften wie Empathie, Verantwortungsgefühl, die Fähigkeit zum organisierten Arbeiten und Selbstständigkeit mitbringen, findet sie. „Außerdem ist das nur etwas für Menschen, die Menschen mögen.“

Barrieren abbauen

Das sieht Gernot Herb genauso. Er ist Spät- und Quereinsteiger. Der gebürtige Schwarzwälder war zuvor Metallbauer, dann Zeitsoldat bei der Bundeswehr. 2012 entschied er sich, noch einmal die Schulbank zu drücken und Krankenpfleger zu werden. Seine Frau, damals ebenfalls im ISK, brachte ihn auf die Idee. 2015 hat der heutige Schnaitseer die Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen, danach ging es am Inn-Salzach-Klinikum mit mehreren Fortbildungen und Spezialisierungen weiter. Heute ist Gernot Herb stellvertretender Stationsleiter. Der 38-Jährige arbeitet mit schwer psychisch Kranken, darunter Patienten mit Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen. „Diese Menschen sind anders, entsprechen nicht der Norm. Sie stoßen überall auf große Vorurteile, auch heute noch. Viele begegnen ihnen mit Ängsten“, berichtet Gernot Herb. Er möchte dazu beitragen, diese Barrieren abzubauen, wirbt offensiv für mehr Verständnis und ein Bewusstsein, dass hinter chronischen psychischen Erkrankungen oft schwere Schicksalsschläge stecken.

Wichtig: die „Selbstpflege“

Trotzdem: Es ist ein herausforderndes Arbeitsumfeld. Deshalb ist es nach Erfahrungen von Gernot Herb umso wichtiger, dass die Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit stimmt, damit die Kraftreserven nicht verbraucht werden. Zur „Selbstpflege“ gehöre nicht nur, Abstand zu gewinnen, Grenzen zu setzen, sondern auch, intensiv mit Kollegen zu kommunizieren, sagt er. Der Schichtdienst sei zwar eine Belastung, aber auch eine Chance für zeitliche Freiräume. „Diesen Winter hatte ich unter der Woche oft die Skipiste für mich allein“, nennt Gernot Herb als Beispiel. Der Beruf ist für ihn noch aus einem weiteren Grund der richtige: Es gebe flache Hierarchien im ISK, gute Aufstiegsmöglichkeiten, vielfältige Karrierechancen.

Angehende Schüler sollten in seinen Augen Folgendes mitbringen: „eine Portion Geduld, wenig Vorurteile, eine gewisse Flexibilität, Eigenständigkeit, Interesse an Menschen.“ Und: „Wer in diesen Beruf geht, sollte ein bissl was abkönnen.“ Wer diese Talente mitbringe, erlebe eine „sinnstiftende Arbeit“. „Wo sonst gibt es so intensiv die Möglichkeit, mitzuerleben, wie Genesungsprozesse verlaufen, wie es gelingen kann, einem Menschen zu helfen, dass es ihm besser geht.“

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