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Ich habe mich auf Anraten meiner Therapeutin von meinem Mann getrennt. War das ein Fehler?

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In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Plus-Abonnenten Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage einer Frau:

Ich habe mich vor einer Woche von meinem Mann getrennt. Ich weiß nicht, ob ich ihn noch liebe, im Moment fühle ich nichts. Mein Mann akzeptiert die Trennung nicht. Er ist sehr verzweifelt und kämpft. Ich habe die letzte Liebesfrage gelesen von der Frau, deren Mann eine Paartherapie  verweigert. Bei meinem Mann ist das ganz anders, er bittet mich darum. Nur weiß ich eben nicht, ob ich das möchte und ob es Sinn macht. Ich war bereits alleine bei einer Therapeutin. Sie sagte mir, ich solle mich unbedingt von meinem Mann trennen, weil er alle Merkmale eines Narzissten aufweisen würde. Davon habe ich mich, glaube ich, beeinflussen lassen, weil sie so überzeugt davon war. Als ich zu Hause gegoogelt habe, wurde mir ganz schlecht. Mit so einem Menschen möchte ich nicht zusammen sein. Ich weiß aber gar nicht, ob all das wirklich auf meinen Mann zutrifft. Jetzt weiß ich nicht, ob ich mich vielleicht vorschnell getrennt habe. Und ob die Therapeutin recht hat, weiß ich auch nicht. Ich bin total  durcheinander. Was soll ich jetzt tun?

Antwort von Dorothea Perkusic:

Vielen Dank für Ihre Frage. Es liest sich für mich, als hätten Sie sich verfahren. In Anbetracht Ihrer Schilderung, dass Sie momentan keine Gefühle wahrnehmen oder zuordnen können, sich durcheinander fühlen, ist es absolut nachvollziehbar, dass Sie verunsichert reagieren. Daher ist es essentiell, dass Sie erstmal zur eigenen inneren Klarheit zurückfinden, um auf allen Ebenen die richtigen Entscheidungen treffen und um Kurzschlussreaktionen vermeiden zu können. 

Das Problem sehe ich in der von Ihnen beschriebenen Beeinflussung durch Ihre Therapeutin. Es steht mir nicht zu und liegt mir fern, Ihre Therapeutin zu bewerten. Grundsätzlich sollte Ihnen jedoch niemand sagen, was Sie tun sollen. Genauso sollte niemand eine Meinung über Ihren Mann äußern, der ihn nicht kennt. Sie allein wissen, was gut und richtig für Sie ist. Alle Antworten, die Sie brauchen, liegen in Ihnen und nicht in einer Therapeutin. Die therapeutische Arbeit sollte unter anderem darin bestehen, Ihnen Impulse zu geben, mit deren Hilfe Sie selbst herausfinden können, welches die Konsequenzen und nächsten Schritte für Sie sind. 

Dorothea Perkusic auf Instagram

Ob es ein Fehler war, sich von Ihrem Mann zu trennen, kann ich nicht beantworten. Nur so viel: So lange Sie nicht hinter Ihrer Entscheidung stehen und nicht selbst davon überzeugt sind, war es vielleicht nicht an der Zeit für diesen Schritt, sondern braucht erst die aufrichtige Auseinandersetzung mit Ihrer Situation, Ihren eigenen Mustern und Wünschen. 

Zur Diagnose Narzissmus sei soviel gesagt, dass mit Diagnosen generell sehr vorsichtig umgegangen werden sollte. Denn jede Diagnose muss sorgfältig von anderen diagnostischen Erkenntnissen abgegrenzt werden. Dies kann nur in einer ausführlichen Anamnese, also einem persönlichen Gespräch erfolgen. Dies ist nicht erfolgt, da Ihr Mann nicht bei Ihrer Therapeutin war, sondern nur Sie. Die Therapeutin „kennt“ Ihren Mann also nur aus Ihren Erzählungen. Diese sind folglich immer einseitig und aus Ihrer eigenen Wahrnehmung heraus gefärbt. Hier auf eine  Persönlichkeitsstörung zu schließen, halte ich persönlich für mutig bis fahrlässig und absolut übergriffig Ihrem Mann gegenüber. Ich möchte dennoch betonen, dass dies keine Kritik an Ihrer Therapeutin darstellt, denn was diese Ihnen gesagt hat oder was Sie verstanden und eventuell  interpretiert haben in Ihrer Not, kann ich nicht einschätzen. 

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Liebesfrage: Wie können wir in das Gefühl vom Anfang unserer Beziehung zurückfinden?

Nicht jeder Mann ist ein Narzisst, nicht jede Beziehung toxisch. Auch wenn uns diese Begrifflichkeit gerade in jüngster Zeit auf vielen Kanälen umkreisen und beeinflussen. Dennoch ist es ratsam, damit wach umzugehen. 

Unsere Verhaltensweisen resultieren aus unseren Kindheitsprägungen, also den frühen Erfahrungen, die wir im Umgang mit Bezugspersonen gemacht haben. Daraus haben wir alle bestimmte Verhaltensmuster entwickelt und ja, manch einer auch eine Persönlichkeitsstörung. Dennoch ist das Gelingen einer Beziehung in erster Linie abhängig davon, wie gut wir um uns selbst Bescheid wissen und wie gut wir für uns selbst emotional sorgen. Über das, was uns antreibt und blockiert und in wiederkehrenden, destruktiven Verhaltensmustern im Kreis drehen lässt. Wer dann auch noch über seinen Partner Bescheid weiß, kann rücksichtsvoll und verständnisvoller mit den eigenen Schwächen und denen des Partners umgehen. Daraus kann Kommunikation und emotionales Verhalten auf Augenhöhe entstehen. Ist dies nicht möglich, kann es sein, dass es für eine Beziehung keine Chance gibt und eine Trennung sinnvoller oder gar wichtig ist

Schenken Sie sich etwas Zeit und kommen Sie zur Ruhe. Klären Sie - wenn möglich auch  miteinander - was zu klären ist. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie dabei Unterstützung  brauchen, nehmen Sie gemeinsam eine Paarberatung in Anspruch. Mit der Unterstützung einer neutralen Person können Sie herausfinden, was Sie brauchen und fühlen und ob es dafür eine Chance zur Entwicklung in Ihrer Partnerschaft gibt.

Dorothea Perkusic

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