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Wie wichtig ist Sex für eine Beziehung?

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In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Plus-Abonnenten Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage eines Mannes: 

Ich bin 56 Jahre alt und seit 32 Jahren mit meiner Frau zusammen. Ich liebe sie sehr, aber ich habe kaum noch ein sexuelles Bedürfnis. Ich hatte schon immer weniger Lust als meine Frau. Das hat aber nur phasenweise ein Problem zwischen uns dargestellt, da wir uns dennoch körperlich nah sind und liebevolle Zärtlichkeiten austauschen. Natürlich finde ich Sex schön, allerdings spielte er für mich nie eine sehr zentrale Rolle. Meine Frau und mich verbindet viel. Wir teilen gemeinsame intellektuelle Interessen und Hobbys, haben unsere Kinder großgezogen und einen netten Freundeskreis. Unsere anderen Lebensbereiche geben mir viel und mehr als Sex. Ich habe Sorge, ob das für unsere Beziehung eventuell noch problematisch werden könnte, jetzt wo unsere Kinder aus dem Haus sind. Meine Frage mag seltsam klingen, wie wichtig ist Sexualität in einer Ehe? 

Antwort von Dorothea Perkusic:

Ihre Frage ist keineswegs seltsam. Wir sind in vielen Lebensbereichen so beeinflusst und geprägt durch das, was uns von Außen als „normal“ suggeriert wird, dass es durchaus zu Unsicherheiten führen kann, wenn man versucht sich selbst einzuordnen. 

Sie allein bestimmen, was Sie auf verschiedenen für Sie relevanten Ebenen brauchen, um ein glückliches und erfülltes Leben führen zu können. Menschen, die fünfmal pro Woche Sex haben, sind nicht zwangsläufig glücklicher als andere, die weniger häufig Sex haben. Es kommt schließlich auch auf die Qualität an, nicht nur auf die Quantität. Das was für Sie „Qualität“  bedeutet, kann sich selbstverständlich auch aus anderen Lebensbereichen speisen. 

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Grundsätzlich ist Sex das, was Liebespaare von Freunden unterscheidet. Sexualität, vor allem auch Nähe und Zärtlichkeiten, liebevolle Berührungen im Allgemeinen, all das hat eine positive Wirkung auf uns Menschen. Wir fühlen uns geliebt und geborgen und was gut tut, bereitet Freude und hält uns gesund. 

Wie wichtig Sexualität ist und wie groß die Rolle ist, die der schönsten Nebensache der Welt zugeschrieben wird, muss und darf jeder Mensch ganz für sich persönlich entscheiden. Wenn innerhalb der Beziehung ein Ungleichgewicht besteht, was Lust, Bedürfnisse und Anspruch anbelangt, so müssen Paare sehen, wie sie damit umgehen möchten oder können. Differiert das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Sexualität zu stark, kann dies natürlich zu Spannungen und Problemen führen bis hin zur Trennung, sofern sich diese nicht lösen lassen oder es keine befriedigenden Möglichkeiten gibt, Kompromisse zu schließen. Manche Menschen passen, so sehr sie sich auch lieben mögen, sexuell einfach nicht zusammen. Dann muss man sehen, wie damit umgegangen werden kann. 

Wie wichtig eine lebendige Sexualität in Ihrer Ehe ist, können nur Sie selbst und auch gemeinsam mit Ihrer Frau bestimmen. Dafür könnten Sie mit Ihrer Frau darüber sprechen. Unterhalten Sie sich doch mal ganz in Ruhe, bei einer Tasse Tee oder einem guten Glas Wein darüber, wie es Ihnen beiden mit Ihrer aktuellen Lebens- und Liebessituation geht. Was schätzen Sie beide gemeinsam als schön und verbindend, welche Erlebnisse oder Momente sind besonders für Sie, wofür sind Sie dankbar, was hat Sie über all die Jahre zusammen gehalten? Und dann sprechen Sie über die Sexualität, die Sie miteinander bis jetzt erlebten. Was bedeutet Sex für Sie? Wie zufrieden ist jeder von Ihnen damit und gibt es etwas, das Sie gerne verändern würden, etwas das Sie noch erleben möchten? Sie haben Freiräume gewonnen dadurch, dass Ihre Kinder nun erwachsen sind. Wie wollen Sie diesen Raum füllen? Erleben Sie den zärtlichen und liebevollen Umgang miteinander als erfüllend oder gibt es vielleicht lustvolle Anteile in Ihnen, die gelebt werden möchten? Welche Rolle spielt Mut dabei? Wie wünschen Sie sich die kommenden Jahre als Paar?

Die sexuelle Identität eines Menschen, das was gelebt wurde und das, was noch vor einem liegen  kann, ist eine spannende Reise. Für manche glücklich und heiter, für manche schmerzlich und schwer. Ihre Grenzen, genauso wie die Etappen, Haltestellen, Zwischenstopps und Momente, in denen Sie verweilen möchten, bestimmen Sie. Belasten Sie sich also nicht mit gesellschaftlichen Normen. Bereichern Sie sich mit Offenheit, Individualität und Freude. Genau das wünsche ich Ihnen und Ihrer Frau!

Dorothea Perkusic

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Schreiben Sie an Einzel-, Paar- und Sexualtherapeutin Dorothea Perkusic. Alle Fragen werden beantwortet, ausgewählte anonymisiert veröffentlicht.

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