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Ich kann Sex nicht genießen, weil ich mich so schäme, was kann ich dagegen tun?

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In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Plus-Abonnenten Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.

Frage eines Mannes: 

Ich kann Sex eigentlich nur genießen, wenn ich angetrunken bin. Ich schäme mich und es ist mir irgendwie peinlich. Ich schäme mich, weil ich nicht makellos bin, denke, dass es sich doof anhört, wenn ich stöhne. Ich schäme mich eigentlich wegen fast allem. Ich war bereits einmal in Therapie und auch damals war meine Scham im Allgemeinen kurz ein Thema. In meiner Kindheit musste alles hinter Gardinen passieren. Laut meinen Eltern hatte ich mich für wirklich alles zu schämen. Ganz egal ob es um Noten ging, mein Aussehen oder Gefühle. In meinen Beziehungen blockiert mich das total, denn ich kann mich nie wirklich entspannen. Auch dafür schäme ich mich. Was kann ich tun um meine Scham abzulegen? 

Antwort von Dorothea Perkusic:

Glückwunsch, dass Sie sich trauen, sich Ihrer Scham zu stellen! Scham ist ein mächtiges und wirklich unangenehmes Gefühl und es braucht Mut und Entschlossenheit, sich damit auseinanderzusetzen. Sicher hat es Sie einiges an Überwindung gekostet, dieses Gefühl zu thematisieren. Dafür dürfen Sie sich erstmal selbst Anerkennung schenken!  

Ihre Scham blockiert Sie vermutlich nicht nur beim Sex, sondern in wahrscheinlich in verschiedenen Lebensbereichen. Den ersten Schritt zur Überwindung haben Sie bereits gemacht: Sie thematisieren Ihre Scham in dem Bewusstsein, dass es nicht gut für Sie ist, sich für etwas völlig natürliches und, was Sex angeht, genussvolles, liebevolles und entspannendes zu schämen. 

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Scham hat mit schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen zu tun. Diese Gefühle haben irgendwo ihren Ursprung. Wenn Sie den kennen und das analysiert haben, dann geht es darum, die Scham zu akzeptieren. Im nächsten Schritt fragen Sie sich, wofür Sie die Scham brauchen, denn Scham ist nicht nur ein negatives Gefühl

Scham sorgt auch dafür, die eigenen Grenzen oder (Bsp. „Fremd-schämen“) die Grenzen anderer wahrnehmen zu können. Eine Fähigkeit, die bei anderen Menschen manchmal weniger ausgeprägt ist. Sie können Ihre Scham also auch nutzen, um sich selbst und Ihre Spielräume besser kennenzulernen und auszuloten. Also, ist Ihnen die Scham auch nützlich? Wenn ja, wobei? Wofür genau schämen Sie sich? 

Häufig sind Schamgefühle anerzogen und gehören gar nicht zu den eigenen „echten“ Gefühlen. Das beschreiben Sie ja auch im Rückblick auf Ihre Kindheit. Man hat quasi nur gelernt, die Scham der Mutter, des Vaters, der Gesellschaft zu übernehmen. Scham ist dann mehr eine Prägung, als ein notwendiges, geschweige denn hilfreiches Gefühl. 

Wenn Sie mehr über sich herausgefunden haben, dann beginnen Sie, sich bewusst nicht mehr negativ zu bewerten und für Ihre Gefühle zu verurteilen. Schieben Sie diesen Gedanken immer und immer wieder einen Riegel vor. Das ist Akzeptanz. So stärken Sie Ihren Selbstwert. Versuchen Sie ruhig auch mal über sich selbst zu lachen und sich nicht zu ernst zu nehmen. Manchmal schafft es schon Erleichterung, wenn man in der Selbstbeobachtung mal herzhaft den Kopf über sich selbst schüttelt. 

Wenn es um Sexualität und Beziehung geht: Hinter der Scham stehen Bedürfnisse nach Vertrauen, Nähe, sich angenommen fühlen, Intimität oder auch Exklusivität. Wenn Sie sich selbst lernen mehr zu akzeptieren und in einer Beziehung sind, in der Sie sich wirklich wohl fühlen, dann wird es Ihnen auch leichter sein, sich beim Sex fallen zu lassen und Ihren Kopf auszuschalten. Es kann auch helfen, mit dem Partner/der Partnerin darüber zu sprechen und zu „üben“. Immer  wieder bewusst die Erfahrungen zu machen „okay, ich schäme mich, aber ich kann damit umgehen, das Gefühl hinterfragen, es benennen und daraufhin eine gute und heilsame Erfahrung machen“. Denn Sie sind gut, so wie Sie sind. Sie müssen weder perfekt sein, noch irgendwelchen Idealen oder Rollenbildern entsprechen. Alles Gute!

Dorothea Perkusic

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Schreiben Sie an Einzel-, Paar- und Sexualtherapeutin Dorothea Perkusic. Alle Fragen werden beantwortet, ausgewählte anonymisiert veröffentlicht

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