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Mein Mann hat mich vor langer Zeit betrogen. Wie kann ich ihm verzeihen?

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Von: Dorothea Perkusic

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Frage einer Frau

Mein Mann hat mich vor vielen Jahren betrogen. Er hatte damals eine längere Affäre, die ganze Situation rundherum war ziemlich unschön. Wir waren damals zum Glück gleich bei Ihnen in Paartherapie, was uns sehr geholfen hat. Für mich war damals wichtig und hilfreich, dass es mein Mann war, der Sie auf eigene Initiative kontaktiert und sich um einen Termin gekümmert hat. Das war für mich glaube ich sehr wichtig, weil es mir gezeigt hat, dass er mich keinesfalls verlieren will  und, dass er etwas verändern will. Für uns beide war klar, dass es so wie es bis dahin lief für keinen von uns weitergehen konnte. Wir haben ziemlich an uns und unserer Beziehung gearbeitet und wirklich die Kurve gekriegt. Ich würde aus heutiger Sicht sagen, dass alles was damit verbunden war, unserer Beziehung ein echtes „Upgrade“ verpasst hat. Ich bin glücklich und die Qualität unserer Beziehung und des Familienlebens ist toll. Ich fühle trotz allem noch immer Wut und bin manchmal wirklich ungerecht zu meinem Mann. Die Geschichte liegt weit zurück und trotzdem hole ich es manchmal raus. Ehrlich gesagt kommt es mir fast vor, als würde ich es hochholen, wenn mir nichts anderes einfällt. Was könnte ich tun, um ihm wirklich verzeihen zu können? 

Antwort von Dorothea Perkusic:

Vielen Dank für Ihre ausführliche Frage und auch für Ihre schöne Rückmeldung zu unseren damaligen Terminen. Das was Sie erleben ist der Situation vermutlich angemessen, wenn auch destruktiv. Daher ist es toll, dass Sie reflektiert genug sind und die letzte „Hürde“ aus der Welt schaffen möchten. 

Dorothea Perkusic auf Instagram 

Wut ist ein schlechter Begleiter! Wütend sein kostet so viel Kraft und diese Energie können Sie sinnvoller nutzen. Zumal es nicht nur darum geht, dass Sie darüber manchmal Dampf ablassen, sondern Sie erleben sich selbst als ungerecht. Damit werden dann immer wieder neue Baustellen auf dem alten Fundament eröffnet.  

Versuchen Sie doch mal herauszufiltern, was es genau ist, was Sie wütend macht. Ist es noch immer der Betrug von damals oder holen Sie die Geschichte immer wieder hervor, wenn Ihnen die Argumente ausgehen oder Sie selbst in Kritik stehen? So á la: „du brauchst mir gar nichts sagen, denn das was du damals gemacht hast ist noch viel schlimmer!“? Dann wäre das natürlich ein gängiges „Totschläger-Argument“. Das käme dann aus Ihrer situationsbedingten Hilflosigkeit und  macht Ihnen zu recht ein schlechtes Gewissen, da es mit der aktuellen Situation in dem Moment nicht zwangsläufig in Verbindung steht. Sie stecken Ihren Mann damit immer aufs Neue in die Schublade des elenden Betrügers. Das hat mit Vergebung nichts zu tun und damit drehen Sie sich im Kreis. Beziehungsweise unterbinden Sie damit ein Stück weit auch eine „Weiter-entwicklung“,  obwohl es genau das war, was Ihrer Beziehung dann dieses „Upgrade“ verpasst hat. Denn Sie  selbst waren bereit für dieses Upgrade. 

Ich habe kürzlich etwas sehr schönes von dem Philosophen Thomas Gutknecht gelesen und  möchte dies gerne mit Ihnen teilen: 

„Verzeihen kommt von Verzicht. Es geht um den Verzicht, weiter Groll zu hegen. (….) Vergebung bedeutet, jemandem etwas geben - nämlich die Möglichkeit, nicht der bleiben zu müssen, der er bisher war.“ 

Ich denke, damit ist alles gesagt? Auf die Wut zu verzichten, zu verzeihen, zu vertrauen, all das sind Entscheidungen. Wofür entscheiden Sie sich? Oder anders gefragt: wenn dabei etwas in Ihnen blockiert, was brauchen Sie, um sich entscheiden zu können? Benötigen Sie dazu vielleicht noch etwas von Ihrem Mann? Dann bitten Sie ihn darum! Geht es dabei um Ihre Haltung? Arbeiten Sie weiter daran! 

Alles Gute und ganz herzliche Grüße!

Dorothea Perkusic

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