MEINUNG
Atommeiler werden wieder hochgefahren: Was Scholz von Japan lernen kann
aktualisiert:
- 0 Kommentare
- Weitere
Auch bündnispolitisch nimmt die Zeitenwende von Olaf Scholz Gestalt an: Seine erste Asienreise führte den Bundeskanzler, anders als seine Vorgängerin, nicht nach Peking, das sich im Ukrainekrieg so eng wie nur möglich an die Seite Moskaus gestellt hat – sondern nach Tokio.
Japan ist zwar nicht Mitglied der Nato, hat sich aber als eines von nur drei asiatischen Ländern (neben Südkorea und Singapur) den Sanktionen gegen Russland angeschlossen.
Schön wäre es, wenn die Zeit des weitgehend kritiklosen Anbiederns an die wirtschaftliche Supermacht China damit endgültig der Vergangenheit angehören würde. Der Krieg in Osteuropa sollte den Berliner Regierenden hinreichend klargemacht haben, wie gefährlich es ist, Wohl und Wehe der Nation in die Hand eines Autokraten zu legen. Chinas Xi und Russlands Putin sind Brüder im Geiste, und Deutschland ist wirtschaftlich von China heute ebenso abhängig wie energiepolitisch von Russland. Hier muss dringend diversifiziert werden.
Noch schöner wäre es allerdings, wenn sich Scholz auch vom Pragmatismus seines japanischen Amtskollegen anstecken ließe. Premier Fumio Kishida hat pünktlich zum Besuch von Scholz vorgeschlagen, wegen der aktuellen Energiekrise künftig wieder verstärkt auf Kernenergie zu setzen und stillgelegte Reaktoren wieder hochzufahren. Damit würde ausgerechnet das Land, in dem nach der Katastrophe von Fukushima Deutschlands Atomausstieg seinen Lauf nahm, wieder zur Atomenergie zurückkehren, wenn auch nur als Brückentechnologie, bis ausreichend Erneuerbare Energien (und Wasserstoff als Speicher) zur Verfügung stehen. Zur Zeitenwende gehört eben auch die (Wieder-)Herstellung eines Energiemix, der Deutschland widerstandsfähiger gegen Erpressungsmanöver und Preiskapriolen am Weltmarkt macht.
Solange Grüne und SPD unter Vorbringung immer neuer Ausflüchte aus ideologischen Gründen den temporären Weiterbetrieb der letzten sechs Atommeiler in Deutschland verhindern und die FDP nicht dagegen aufzumucken wagt, klingen alle Bekenntnisse der Ampelkoalition zur Zeitenwende halbherzig.