Lesermeinungen: Verbrenner verbieten? „Der falsche Weg“ und „sehr populistisch“

Die Zustimmung des EU-Parlaments zu einem Ende des Verbrennungsmotors ab 2035 hat hohe Wellen geschlagen. Nicht nur der Verband der europäischen Automobilhersteller, auch der ADAC und viele Autofahrer kritisieren diese Forderung. Viele unserer Leser haben sich an der Debatte beteiligt.
Geht es nach dem Willen des EU-Parlaments, dürfen Hersteller aus Klimaschutzgründen ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkaufen. In ihrem neuen Klima-Plan „Fit for 55“ fordert die EU-Kommission für dieses Jahr, die jährlichen CO2-Emissionen neuer Fahrzeuge auf null zu reduzieren. Das Ziel: klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
Bevor die Regelung in Kraft tritt, muss das Parlament allerdings noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Aus einigen Ländern ist starker Widerstand zu erwarten. Vor allem aus jenen, in denen die heimische Autoindustrie einen Großteil zur jeweiligen Wirtschaftsleistung beiträgt und die entsprechende Lobby einen großen Einfluss hat.
Gemischte Gefühle: zwischen Lob und Kritik
Große Automobilhersteller zeigten sich dem Beschluss gegenüber aufgeschlossen. Es sei ein „ambitioniertes, aber erreichbares Ziel“, hieß es etwa bei VW. „Die Wende zur Elektromobilität ist unumkehrbar. Sie ist die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen.“
Der Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) dagegen kritisiert die Forderung des EU-Parlaments und hält diese für verfrüht. Der ACEA-Präsident Oliver Zipse möchte, dass noch einmal überprüft wird, „ob der Aufbau von Ladeinfrastruktur und die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Batterieproduktion mit dem steilen Hochlauf von elektrischen Fahrzeugen mithalten können.“
Auch in der Koalition hat es bereits ordentlich gekracht: während sich die Grünen klar für ein Verbot aussprechen, hält die FDP das Ganze für einen „zu harten Schritt“ für die Bürger. Am Verbrenner hingen viele Arbeitsplätze. „Auch nach 2035 sollen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nur mit E-Fuels betankbar sind“, so FDP-Abgeordneter Volker Wissing.
„Herausfordernd“ nannte die SPD ein Verbrennerverbot 2035, aber umsetzbar, während Alexander Dobrindt von der CSU warnte: „Dem Verbrenner in Europa die Zukunftsperspektive zu nehmen, ist ein schwerer Fehler.“ Nur auf Elektromobilität zu setzen, sei zu einseitig.
Umweltorganisationen begrüßten das Votum des EU-Parlaments mehrheitlich. Laut BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sei der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell. Der Deutschen Umwelthilfe geht die Maßnahme dagegen nicht weit genug, sie fordert ein Verbrenner-Aus schon ab 2030.
Mögliches Aus für Verbrenner: Drei Antworten für Verbraucher
- Darf ich nach 2035 noch mit meinem Verbrennerauto fahren? Ja. Verboten wird nur der Verkauf von Neuwagen. Verbrennerautos dürfen auch nach 2035 weiter gefahren und Gebrauchtwagen weiterverkauft werden.
- Kann die Bundesregierung die Entscheidung noch blockieren? Nicht im Alleingang. Der Beschluss der EU-Staaten muss nicht einstimmig getroffen werden. Selbst wenn Deutschland sich gegen ein Verbrenner-Aus ab 2035 stellt, kann das Verbot kommen, denn eine Mehrheit gegen ein Verbrenner-Aus gilt derzeit als unrealistisch.
- Sind synthetische Kraftstoffe keine Option für klimafreundliche Verbrenner? Wenn sie mit „grünem Strom“ hergestellt werden, entstehen unterm Strich keine zusätzlichen Treibhausgase. Aber auf den Kilometer gerechnet braucht man mehr Strom, um die sogenannten E-Fuels herzustellen, als Autos direkt elektrisch zu betreiben.
Das sagen unsere Leser zum geplanten Aus für Verbrennungsmotoren
Terry Gleissner aus München
Der Beschluss der EU, ab 2035 keine Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, ist der falsche Weg. Jede(r) Autofahrer/in soll selbst entscheiden, welche Motorisierung er/sie möchte. Diese ewigen Vorschriften sind ein absoluter Graus für jedermann. Außerdem sind die elektrifizierten Autos überteuert. Für mich jedenfalls kommt keins in Frage.
Die Reichweite ist nicht so gegeben wie bei einem Dieselmotor – sei es für Pkw oder Lkw. Hier besteht dringend Nachholbedarf. (...) Einen Motor muss man auch hören können und nicht so ein Summen wie eine Biene, die sich still anschleicht. Der Rohstoff für die Batterie basierten Autos wird in zehn Jahren ausgehen. Und dann? Was kommt dann? Es folgt die Rückkehr zu den fossilen Motoren … Die Politik hat sich aus der privaten Anschaffung von Autos rauszuhalten. (...)
Franz aus Seeon
Ich halte es für sehr populistisch, wenn jetzt das Aus für Autos mit Verbrennungsmotor proklamiert wird. Vor vielen Jahren hatte man bereits das 3 Liter- bzw. 1 Liter-Auto in der Schublade, von denen heute keiner mehr spricht. Weder die Autoindustrie noch die Politik wollten diese Autos wirklich haben, denn weniger Spritverbrauch = weniger Steuereinnahmen. (...)
Jetzt will man die Elektromobilität per Dekret durchsetzen, damit die Autoindustrie weiter durch politische Subvention profitiert. Eigentlich müssten E-Autos billiger sein, da die Technik viel besser standardisiert ist. (...) Außerdem ist das Batterierecycling bzw. die Entsorgung nicht vollständig geklärt. Warum muss jeder Automobilkonzern eine selbstgestrickte Batterie haben und keinen Standard nutzen? Die E-Mobilität ist nicht gänzlich durchdacht - Ich kann mir zur Zeit nicht vorstellen, dass wenn alle Autos, Motorräder, Busse und Lkw elektrisch fahren würden, genug Strom zur Verfügung stehen würde. Demzufolge wird es nach 2035 Ausnahmen über Ausnahmen geben … (...)
Olivier Nachbagauer aus Bayerisch Gmain
Sämtliche dafür benötigte Begleitmaßnahmen wie Ladestationen und Stromtransport sind absolut ungelöst und werden auch innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre nicht annähernd gelöst werden können. (...) Wir haben weder das Personal noch die Ressourcen, um das zu bewerkstelligen. Von den Kosten mal ganz abgesehen - wir reden von mindestens 1000 Euro pro eingesparter Tonne CO2. So ist die reale Einsparung gerade in Deutschland nur schön gerechnet, aber bei dem Aufwand nicht wirklich vorhanden.
Wo die zusätzlichen 180 TWh Strom herkommen sollen, wenn wir Atom/Kohle abschalten, darüber hat sich auch noch niemand Gedanken gemacht. Wenn dann noch die E-Heizungen dazukommen, schicken wir dann alle Politiker auf das Ergometer zur Stromproduktion? (...) Nebenbei kommen wir von einer Abhängigkeit in die nächste und lagern unseren Wohlstand und unser Know How immer mehr aus.
Ivonne Zintl aus Töging
Schön gedacht, aber ist nicht auch der Wasserstoffmotor ein Verbrenner? Wird hier auch dem Null-Emissions-Auto der Zukunft der Garaus gemacht? Zudem stellt sich die Frage: Wir bekommen ohne russisches Gas nicht mal die Energieversorgung für Haushalte in den Griff, ohne wieder über den Einsatz von Kohlekraftwerken oder Atommeilern als Energielieferanten nachzudenken - wo soll all die elektrische Energie denn herkommen? Deutschland kann bis 2035 niemals Strom für Haushalte, Pkw und Industrie nur aus grüner Energie gewinnen. Und dann ist dieses Verbot nur Augenwischerei, wenn wir in der Produktion des Stroms dafür die gleiche oder höhere Emissionen produzieren als über den Verbrennungsmotor. (...)
Kurz und bündig formuliert es Uwe Baur: „Man sollte erst das Aus des Verbrennungsmotors verkünden, wenn die Versorgung mit anderen Antriebsarten/Energien gesichert ist!”
Was haltet Ihr von einem Verbrenner-Verbot ab 2035?
Was ist Eure Meinung dazu? Ist der Schritt des EU-Parlaments notwendig, muss der Verbrennungsmotor bei Neuwagen wirklich verboten werden? Ist Deutschland dann schon bereit für überwiegend elektrisch betriebene Autos? Oder sollen doch zumindest mit alternativen Kraftstoffen erlaubt werden? Schreibt uns zum Thema per Mail an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort: „Verbrennerverbot“ im Betreff). Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt komplettem Namen und Wohnort anschließend in einem Artikel.
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as/si/dpa