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Verbrenner-Verbot ab 2035: „fast ein Schildbürgerstreich“ und „wo soll denn der Strom herkommen?“

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Von: Andrea Schmiedl

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Collage aus Leser-Porträt, Auspuff eines Autos, aus dem Abgase kommen und Elektroauto, das gerade aufgeladen wird
Für Leser Stefan Knapp ist es durchaus nachvollziehbar, dass es nicht so weitergeht wie bisher, aber den Weg zum Ziel findet er fraglich. © privat, picture alliance/dpa | Marijan Murat, Julian Stratenschulte

Ab 2035 soll der Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor verboten werden. Um die Klimaziele zu erreichen, hat die Mehrheit der Abgeordneten im EU Parlament jetzt so entschieden. Die EU-Mitgliedsstaaten haben allerdings auch noch ein Wörtchen mitzureden: Die Debatte über das Für und Wider ist bereits entbrannt. Und auch viele OVB24-Leser haben uns ihre Meinungen dazu geschickt.

Eine Mehrheit des EU-Parlaments stimmte am 8. Juni 2022 dafür, dass Hersteller ab 2035 nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen. Von der Regelung ebenfalls betroffen sind synthetische Kraftstoffe. Der Gesetzesentwurf ist Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“, das darauf abzielt, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Bevor die Regelung in Kraft tritt, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln.

Zwischen Lob und Kritik - Streit in der Koalition

In Berlin hat es wegen der anstehenden Entscheidung bereits ordentlich gekracht: während sich die Grünen klar für ein Aus ab 2035 aussprechen, hält die FDP das ganze für einen zu „harten Schritt“ für die Bürger. Am Verbrenner hingen viele Arbeitsplätze. „Wir wollen, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweisbar nur mit E-Fuels betankbar sind“, sagte FDP-Abgeordneter Volker Wissing. Die Befürchtung ist allerdings, dass es von dem „grünen“ Kraftstoff jetzt schon zu wenig gibt.

„Herausfordernd“ nannte die SPD ein Verbrennerverbot 2035, aber es sei umsetzbar. Ganz anderer Meinung ist die CSU. Bundestags-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte: „Dem Verbrenner-Motor in Europa die Zukunftsperspektive zu nehmen, ist ein schwerer Fehler.“ Denn nur auf Elektromobilität zu setzen, sei zu einseitig. Man fürchte auch um die Wettbewerbsfähigkeit Europas und zahlreiche Arbeitsplätze.

Umweltorganisationen begrüßten das Votum des EU-Parlaments mehrheitlich. Nach BUND-Verkehrsexperten Jens Hilgenberg sei der Verbrennungsmotor ein Auslaufmodell. Der Deutschen Umwelthilfe geht die Maßnahme dagegen nicht weit genug, sie fordert ein Verbrenner-Aus schon ab 2030.

Gemischte Gefühle in der Automobilindustrie

Die großen Automobilhersteller VW und Mercedes-Benz zeigten sich dem Beschluss gegenüber aufgeschlossen. Es sei ein „ambitioniertes, aber erreichbares Ziel“, hieß es bei VW. „Die Wende zur Elektromobilität ist unumkehrbar. Sie ist die ökologisch, technologisch und wirtschaftlich einzig sinnvolle Möglichkeit, um Verbrennungsmotoren schnellstmöglich zu ersetzen.“

Der Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) kritisiert die Forderung des EU-Parlaments und hält diese für verfrüht. Der ACEA-Präsident und BMW-Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse möchte, dass noch einmal überprüft wird, „ob der Aufbau von Ladeinfrastruktur und die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Batterieproduktion mit dem zu diesem Zeitpunkt weiter steilen Hochlauf von batterieelektrischen Fahrzeugen mithalten können.“

Doch was halten die OVB24-Leser von einem Verbot für Verbrennungsmotoren? Unsere Umfrage zeigt ein sehr deutliches Stimmungsbild, denn 95 Prozent der Leser sind der Meinung, nur auf E-Mobilität zu setzen, sei zu einseitig. Nur 3 Prozent finden, dass kein Weg daran vorbei führe, um das Klima zu retten. (Stand: Dienstag, 14.Juni, 12 Uhr)

Das sind Eure Leserbriefe zum geplanten Aus für Verbrennungsmotoren

Stefan Knapp

Porträtfoto von Leser Stefan Knapp
Unser Leser Stefan Knapp äußert sich klar zum geplanten Verbrenner-Verbot. © privat

Dass es nicht weitergeht wie bisher, ist ja nachvollziehbar, aber die Politik wäre gut beraten, nur das Ziel vorzugeben und den Weg dorthin wirklichen Fachleuten zu überlassen. Dass ein mit im Idealfall klimaneutralen Kraftstoffen betriebener Verbrenner verboten bzw. nach seinem Ausstoß am Auspuff besteuert wird, ein unter Umständen mit Kohle-Strom geladenes Elektroauto aber mit 0g/km in die Bilanz zählt und gegebenenfalls noch gefördert wird, ist ja schon fast ein Schildbürgerstreich.

Noch dazu werden damit die Kraftstoffe, die sofort in der Bestands-Flotte Wirkung zeigen würden, uninteressant für die Produzenten, wenn sie nur noch für eine aussterbende Art Autos relevant sind.

Engelbert Vodermair aus Rimsting

Betrachtet man den Primär-Energieverbrauch (also Öl, Kohle, Gas, Strom) in Deutschland, beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien derzeit nur rund 15 Prozent, im Verkehrsbereich sogar nur etwa 5 Prozent. Kann mir jemand erklären, wo die 85 Prozent mehr Strom herkommen sollen?

Dazu passt, dass gerade der Neubau eines Wasserkraftwerkes bei Tittmoning verhindert wurde sowie auch ein Pumpspeicher-Kraftwerk in den bayerischen Alpen. Gerade Bayern ist benachteiligt. Wir schalten nach und nach unsere Kraftwerke ab, aber die Stromtrasse aus dem Norden, die den Windstrom nach Bayern bringen soll, ist noch keinen Kilometer vorangekommen.

Da wird mit immensen Kosten eine Lade-Infrastruktur aufgebaut, die dann wegen Strommangel wieder abgeschaltet werden muss. Ja, es muss was passieren, aber wir brauchen realistische Ziele, bei denen auch die Kosten und Belastungen thematisiert werden.

Günter Müller aus Essen

Wenn man diese Entscheidung trifft, sollte bekannt sein, dass ein E-Auto der mittleren Klasse rund fünf bis sieben Stunden lädt, man aber fast überall nur vier Stunden parken und laden darf. Für eine Schnellladesäule reicht häufig nicht die Zuleitung. Dafür müssten die Straßen aufgerissen und stärkere Kabel verlegt werden. Diese Milliarden müssten erst einmal investiert werden. Für die Mitbürger mit einem Eigenheim und Garage ist das Problem sicherlich zweitrangig, aber wir leben nun mal in einem Land der Mehrfamilienhäuser und oftmals in Ballungszentren.

Ich glaube, dass ein Verbrenner-Verbot den gegenteiligen Effekt erzielt: Viele werden kurz vor 2035 noch einen Benziner oder Diesel kaufen und damit 10 bis 20 Jahre fahren - und die EU wird zu „Klein-Kuba“, einem Land der Oldtimer. (...) Ein E-Auto ist sicherlich eine gute Sache, aber zur Umsetzung mindestens noch 20 bis 25 Jahre braucht. In dieser Zeit muss an der Akku-Entwicklung und am Ausbau der Infrastruktur gearbeitet werden.

Außerdem muss die Strombeschaffung, die immer noch zu maximal 50 Prozent aus erneuerbaren Energien besteht, verbessert werden. Sonst können wir uns mit der Umweltfreundlichkeit weiter belügen. (...)

Sivautharsan Sivanesan aus Lübeck

Für mich kommt das Verbrennen-Verbot überhaupt nicht in Frage. Ich fahre einen Golf 7 TDI Kombi und fahre zwischen 30000 und 35000 Kilometer im Jahr. Zuvor fuhr ich auch Diesel. Ich werde mir kein E-Fahrzeug anschaffen, denn dann bin ich ja gefühlt mehr an der Ladestation als am Fahren. Ich wünsche mir, dass in Deutschland kein Verbot kommt, wegen dem viele Arbeitsplätze verloren gehen werden.

Peter Steckenborn macht es kurz: „Verbrennerverbot ist maximaler Unsinn!“

Was haltet Ihr von einem Verbrenner-Verbot ab 2035?

Eure Meinung ist weiter gefragt: Ist der Schritt des EU-Parlaments notwendig, muss der Verbrennungsmotor bei Neuwagen wirklich verboten werden? Ist Deutschland dann schon bereit für überwiegend elektrisch betriebene Autos? Oder sollen doch zumindest mit alternativen Kraftstoffen erlaubt werden?  Schreibt uns zum Thema per Mail an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort: „Verbrennerverbot“ im Betreff). Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt komplettem Namen und Wohnort anschließend in einem Artikel.

Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

as/si/dpa

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