Beinschuss-Direkt: "Die haben wohl gedacht, jetzt spinnt er total"

Zum Interview der Woche hat beinschuss.de mit Adam Gawron gesprochen. Gawron ist seit dieser Saison Trainer beim Bezirksliga-Spitzenreiter Sportbund Chiemgau Traunstein und spricht mit Chefredakteur Tobias Ruf über Druck, nachhaltige Planung und eine durchaus amüsante Anekdote.
Zum Interview der Woche hat beinschuss.de mit Adam Gawron gesprochen. Gawron ist seit dieser Saison Trainer beim Bezirksliga-Spitzenreiter Sportbund Chiemgau Traunstein und spricht mit Chefredakteur Tobias Ruf über Druck, nachhaltige Planung und eine durchaus amüsante Anekdote.
beinschuss.de: Sieben Punkte aus drei Spielen. Bist du trotz des bitteren Punktverlusts gegen Heimstetten mit dem Auftakt in 2015 zufrieden?
Adam Gawron: Ja, definitiv. Wir hatten, wie viele andere Amateurvereine auch, viele berufs- oder krankheitsbedingte Ausfälle. Da sind sieben Punkte aus drei Spielen eine gute Ausbeute.
Wie wichtig war es, dass die Mannschaft nach dem Heimstetten-Spiele in Dorfen gewonnen hat?
Gawron: Das war ein wichtiges Signal, vor allem für die Mannschaft selbst. Wir haben gegen Heimstetten einfach zu viele Chancen liegen lassen. Die Mannschaft hat diesen kleinen Rückschlag super verarbeitet, im Training noch mehr Gas gegeben und sich dann in Dorfen belohnt.
Raubling, Ampfing, Kastl . . . Wie heiß werden die nächsten Wochen?
Gawron: Es werden nicht nur drei, sondern acht heiße Wochen. Die Bezirksliga ist so ausgeglichen, da gibt es keine leichten Spiele. Wir sind ja das beste Beispiel. Der vermeintliche Tabellenkeller hat uns einige Punkte gekostet, das sagt im Endeffekt alles über die Liga aus. Wir müssen höllisch aufpassen. Drei Spiele sind vergangen, wir haben sieben Punkte geholt, auf den ersten Blick läuft alles super. Aber ausruhen darf man sich in dieser Liga einfach nicht.
Kolbermoor lässt nicht locker. Verspürt Ihr Druck?
Gawron: Der Druck ergibt sich aufgrund der Tabellenkonstellation automatisch. Kolbermoor hat eine sehr gute Mannschaft, die kompakt steht und in der Offensive sehr effizient ist. Aber letztlich müssen wir auf uns achten, alles andere macht keinen Sinn. Alle Teams werden noch Punkte lassen, auch wir. Die Frage ist, in welchem Umfang, und wann das passieren wird. Entsprechend wird sich auch die Drucksituation verhalten. Diese haben übrigens nicht nur wir. Auch in Kolbermoor steigt der Druck von Woche zu Woche.
Am letzten Spieltag kommt es ausgerechnet zum direkten Duell mit Kolbermoor. . .
Gawron: Mir wäre natürlich lieber, wenn sich die Dinge vorher eingependelt hätten. Ein Finale vor wahrscheinlich bis zu 2000 Zuschauern im eigenen Stadion, das wäre psychologisch schon eine Herausforderung. Aber sollte es so kommen, werden wir vorbereitet sein und die Situation annehmen. Du musst nur an die Hinrunde denken. Damals kam es in Kolbermoor zu einem Endspiel um die Herbstmeisterschaft. Wir waren auf den Punkt fit und haben trotz eines 0:1-Rückstandes gewonnen.
Wird bei Euch über diesen möglichen Showdown gesprochen?
Gawron: Nein, das ist bei uns kein Thema. Wir haben noch so viele schwere Aufgaben vor der Brust, die gilt es zunächst zu bewältigen.
Wie lautet das Saisonziel?
Gawron: Das mit dem Saisonziel ist immer so eine Sache. Ich bin ja noch nicht lange im Verein und wir haben viele Strukturen neu geknüpft. Wir wollten hier eigentlich in Ruhe etwas aufbauen und plötzlich stehen wir konstant unter den ersten Drei. Das ist natürlich eine super Ausbeute für uns, aber noch haben wir nichts erreicht. Wir wollen grundsätzlich aus jedem Spiel das Maximale herausholen, der Aufstieg könnte am Ende dann eine Belohnung unserer grundlegenden Ausrichtung sein.
Woran liegt es, dass es schon in deinem ersten Jahr so gut gelaufen ist?
Gawron: Die Trainingsbeteiligung ist ein ganz wichtiger Faktor. Wir hatten in der Vorbereitung eine Quote von 90 Prozent, das ist schon bemerkenswert und macht sich letztlich in der Tabelle bemerkbar. Zudem haben wir einen großen Kader mit viel Potenzial. Auch das ist natürlich eine wichtige Komponente.
Ihr habt die meisten Tore in der BZL geschossen. Entspricht das deiner Fußball-Philosophie?
Gawron: Natürlich hat jeder Trainer eine Idealvorstellung des Spiels ansich. Aber man muss sich immer den Gegebenheiten anpassen, nicht mit jedem Team ist jede Spielidee umsetzbar. Mein primäres Ziel ist es, die Defensive zu stabilisieren. Offensivstarke Spieler haben wir ohnehin, die Anzahl an geschossenen Toren war in der Vergangenheit auch nicht das Problem.
Klingt nach einem einfach-strukturierten Plan ?!
Gawron: Ist es aber nicht. Wir haben uns inzwischen drei Phasen während eines Spiel erarbeitet, die wir dann versuchen, auf den Platz zu bringen. Aber auch das ist noch nicht konstant und braucht weiter ein gewisses Maß an Feinschliff. Grundlage ist ohnehin die Fitness, ohne die kommt man nicht weiter.
Ist die Fitness eine der drei Phasen?
Gawron: Nein, sie ist die Basis unserer Arbeit.
Woraus bestehen dann die drei Phasen?
Gawron (lacht): Das werde ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Du musst einfach oft genug zuschauen, vielleicht kannst du sie dann ausfindig machen. Vielleicht werden wir bis dahin aber auch schon vier oder fünf Phasen haben, die Skala ist diesbezüglich nach oben offen.
Vor allem auswärts seid Ihr eine echte Macht. Wie kommts?
Gawron: Die Auswärtsbilanz in der letzten Saison war nicht gut. Das war ein Punkt, den ich konkret hinterfragt habe. Was ist in der Vergangenheit auswärts schief gelaufen? Wieso hat die Mannschaft auf gegnerischen Plätzen deutlich weniger Punkte geholt als im eigenen Stadion?
Mit welchem Ergebnis?
Gawron: Dass es oft an ganz banalen Dingen gelegen hat. Die Mannschaft ist meistens zu spät bei den Auswärtsspielen angekommen, war schon vor Spielbeginn gestresst und somit nicht maximal leistungsfähig.
Und heute fährt der SBC-Tross pünktlich ab?
Gawron: Ja, wir kommen pünktlich an, die Jungs können sich ganz entspannt auf das Spiel einstellen. Einmal sogar überpünktlich. Ich hatte mich beim Gastspiel in Heimstetten in der Zeit vertan. Wir sind über zwei Stunden vor dem Anpfiff angekommen, ich hatte mich schlicht geirrt.
Wie haben die Jungs reagiert?
Gawron (lacht): Die haben sich wahrscheinlich zunächst gedacht, jetzt spinnt er total. Im Bus wurde ich schon nervös, ob wir auch pünktlich ankommen werden. Dann haben mich die Jungs darauf hingewiesen, dass wir über zwei Stunden vor Spielbeginn ankommen werden. Das hat natürlich für einen Lacher gesorgt aber auch gezeigt, dass mir die Mannschaft vertraut.
Was habt ihr mit der gewonnen Zeit angefangen?
Gawron: Wir sind ganz in Ruhe einen Kaffee trinken gegangen. Bloß nicht zu früh auf den Platz, das war die Devise. Das hätte letztlich nur für Unruhe gesorgt.
Du bist seit dieser Saison Trainer in Traunstein. Wie würdest du den Verein beschreiben?
Gawron: Ich bin ein relativ junger Trainer, der noch nicht die großen Stationen vorzuweisen hat. Da gab es vermutlich einige Skeptiker. Aber ich wurde von Beginn an von allen Seiten vorbildlich unterstützt. Die Stimmung im Verein ist hervorragend, alle arbeiten zusammen und jeder investiert unheimlich viel Leidenschaft in den Klub. Das ist auch ein wichtiger Grund, weshalb wir momentan in der Tabelle oben stehen.
Was macht das Umfeld aus?
Gawron: Man muss sich nur die Zuschauerzahlen anschauen. Besser geht es in dieser Spielklasse kaum. Nach Dorfen hat uns sogar unser Bürgermeister begleitet, das sagt schon alles. Zudem habe ich mit Rainer Hörgl einen Abteilungsleiter an meiner Seite, der über eine unheimliche Expertise verfügt. Wir tauschen uns regelmäßig auf hohem Niveau aus, das ist schon ein Luxus.
Du hast zu Jahresbeginn die A-Lizenz erworben. Hat das Auswirkungen auf deine aktuelle Trainertätigkeit?
Gawron: Ja und nein. Die A-Lizenz ist auf den Profibereich ausgelegt. Da kann ich natürlich nicht alle Elemente übernehmen. Aber ich teste immer wieder neue Trainingsmethoden an und sehe dann, ob sie fruchten oder nicht.
Irgendwelche bekannten Gesichter im Kurs gehabt?
Gawron: Ja, Arne Friedrich zum Beispiel. Oder Timo Wenzel, der lange Jahre Bundesliga gespielt hat. Es ist immer wieder eine gute Erfahrung, sich mit Vollblutfußballern auszutauschen.
Vielen Dank für das Gespräch