High-Speed oder Breitband?

Rosenheim - Um Ausdrücke aus der Internet-Technologie heranzuziehen: Ist das nun High-Speed oder Breitband, was die Starbulls im bisherigen Playoff-Verlauf da praktizieren?
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Wahrscheinlich beides, denn einerseits eilen sie derzeit mit Höchstgeschwindigkeit von Sieg zu Sieg, andererseits erweisen sie sich bisher ihren Kontrahenten aus Bietigheim und Heilbronn in allen Belangen, praktisch auf breitester Front, überlegen.
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Das verwundert im Falle Heilbronn doch etwas, denn in der Vorrunde konnten Franz Steers Jungs nur ein einziges von vier Spielen gegen den um 17 Punkte besseren Tabellenzweiten gewinnen, und der letzte (und einzige) Sieg in Heilbronn lag vor dem grandiosen Spiel am vergangenen Dienstag immerhin sechs Jahre zurück. Am 6. März 2005 gewannen die Starbulls 4:1, die Tore schossen Chrstoph Koziol, Dave Struch, Jeremy Stasiuk und Patrick (nein, nicht Niko) Senger.
Aber Steer scheint das Team (wie im Vorjahr) genau zur richtigen Zeit wieder in Topform zu haben. Nach eher "durchwachsenen" Leistungen im letzten Vorrundenviertel kommt die Rekord-Siegesserie (inklusive des die Vorrunde abschließenden 2:1 gegen Schwenningen) jetzt bei sechs Spielen gerade zur rechten Zeit. Angespornt von einem wieder erstarkten Norm Maracle, ließen Beppo Frank & Co. in den bisherigen fünf Play-off-Spielen gerade einmal acht Gegentreffer zu; ohne den Drei-Tore-binnen-drei-Minuten-Blackout beim ersten Spiel in Heilbronn läge der Gegentorschnitt nahe null! Aber diesen einzigen Defensiv-Aussetzer konterten die Starbulls in einzigartiger Manier: Anstatt das Spiel verloren zu geben und Kräfte für das nächste zu sparen, schafften sie noch im selben Spieldrittel den Ausgleich und konterten im Schlussdrittel den favorisierten Tabellenzweiten gnadenlos aus! Sechs Tore binnen 25:04 Minuten bedeuteten nicht nur Zweitliga-Rekord für Rosenheim, in Verbindung mit dem Führungstreffer im zweiten Spiel sorgten sie auch für die längste Serie Rosenheimer Treffer (sieben) ohne Gegentor! Und immer wieder hieß es: Schotten dicht! Zwischen Aaron Slattengrens 1:1-Ausgleich in Rosenheim und dem ersten Tor am Sonntag durch Fabio Carciola konnten die Starbulls zum vierten Mal in dieser Saison mehr als siebzig Minuten am Stück ihren Kasten sauberhalten (70:44 Minuten).
Dabei hilft sicher auch die Tatsache, dass man sich beiden Play-off-Gegnern sowohl im Powerplay (in jüngerer Zeit ja das Sorgenkind) als auch im Penalty-Killing klar überlegen erwies. Gegen Bietigheim trafen Tommi Hannus und Stephen Werner in Überzahl, in den drei Begegnungen mit Heilbronn standen jedesmal zwei Powerplaytore im Protokoll, in Abwesenheit von Hannus verteilt auf fünf verschiedene Spieler. Und Tim Kunes' Unterzahltor am Sonntag, erst das vierte auf Rosenheimer Seite im 53. Punktspiel, trug nicht unwesentlich zum dritten Viertelfinalsieg bei. Und auch wenn Heilbronn bisher (zurecht) (Disziplinar-)Strafzeiten en masse kassierte, mussten die Starbulls mehr Unterzahl überstehen als die Falken (fast 30 Minuten im Vergleich zu 24 Minuten Heilbronner Unterzahl). Und sie kassierten dabei lediglich zwei Treffer (gegen Bietigheim in zehneinhalb Minuten keinen einzigen), wobei eins der beiden Powerplaytore durch den Shorthander ja praktisch aufgewogen wurde.
Bei den Torschützen ist deutlich der "Breitband-Effekt" spürbar. Die Mannschaft, das Kollektiv, gewinnt, aber praktisch in jedem Match ragt ein anderer Spieler als auffälligster Scorer hervor. Kleine Chronologie: Im ersten Spiel erschossen Hannus und Werner mit zusammen zehn Scorerpunkten die Steelers fast im Alleingang, im Rückspiel, als Hannus verletzt ausschied, schoss Stephan Gottwald, der davor eine kleine Durststrecke durchlitt, den "Gamewinner". Gegen Heilbronn fehlten dann mit Hannus, Floppo Zeller und Thomas Schenkel drei reguläre Stürmer, und was geschah? Stephen Werner, der im zweiten Bietigheim-Spiel "nur" ein Assist geschafft hatte, duplizierte sein Fünf-Punkte-Spiel, diesmal mit einem Hattrick (seinem dritten in Grün-Weiß), und wer profitierte von seinen beiden Vorlagen? Marcus Marsall, einer der eifrigsten, aber bis dahin ungefährlichsten Stürmer. In 48 Vorrundenspielen hatte er ein einziges Törchen bejubeln können, in Heilbronn verdoppelte er diesen Output binnen 20 Spielminuten! Weiter am Freitag: Werner nach einer neuen Rekordserie von sieben Spielen mit Scorerpunkt (sechs Tore plus zehn Assists) diesmal neutralisiert, was dann? Dominc Auger gewinnt das Match mit zwei (fast identischen) Powerplaytoren und "Rookie of the Year" Marius Möchel lässt drei Sekunden vor Schluss ein Empty-Net-Goal folgen! Nächster Schritt am Sonntag: Kein Werner, kein Auger als Torschütze, diesmal teilen sich fünf verschiedene Spieler die Offensive, wobei die Verteidiger Andi Paderhuber und Tim Kunes ihre ersten Playoff-Treffer erzielen und Gottwald mit vier Scorerpunkten herausragt.
Und heute Abend? Ein Name fehlt noch: Mitch Stephens, der Topscorer des Aufstiegsteams, ist seltsamerweise noch ohne Tor in fünf Playoff-Begegnungen, trug aber mit acht Vorlagen, darunter jeweils drei in den ersten beiden Heilbronn-Spielen, wesentlich zur Offensive bei. Und auch Alan Reader, in 43 Vorrundenspielen mit lediglich sechs Assists behaftet, legte schon für zwei Play-off-Tore auf, wartet aber noch auf sein erstes...
Manfred Eder (Oberbayerisches Volksblatt)