Zach wie Bohlen: Eishockey-Casting

Hannover/Berlin - Was beim Gesang funktioniert, muss doch auch im Sport gehen: In einem mehrmonatigen Casting sucht Meister Hannover Scorpions ein vielversprechendes Talent, das Profi werden soll.
Alpenvulkan Hans Zach zieht in guter „Dieter-Bohlen-Manier“ vom Leder, die Kandidaten gehen für ihren Traum bis an die Grenzen: So oder so ähnlich könnte sie laufen, die erste Castingshow im deutschen Eishockey. Meister Hannover Scorpions sucht ab Mitte März öffentlichkeitswirksam zwar nicht gleich den nächsten Eishockey-Superstar, aber immerhin einen Perspektivspieler. Der Gewinner erhält einen Profivertrag - und könnte das Scoutingsystem der Deutschen Eishockey Liga (DEL) als unzureichend entlarven.
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„Wir richten uns an Spieler, die davon überzeugt sind, dass sie durch das Netz der Klubs, Spieleragenten und Talentsucher gerutscht sind“, sagt Benjamin Weichert. Der Torwarttrainer der Scorpions leitet das Projekt mit dem Titel „Generation Hockey“. Im Expertengremium, das den Daumen hebt oder senkt, sollen auch Fachleute aus Kanada und der frühere Meistercoach Zach sitzen.
Zach ist für seinen hervorragenden Blick für Talente bekannt. In Hannover hatte er einst Marvin Krüger entdeckt, der vor zwei Jahren noch für Preußen Berlin in der 4. Liga stürmte. „Genau solche Spieler wollen wir mit dem Casting finden. Ich bekomme häufig E-Mails von jungen Spielern, die unbedingt Profis werden wollen“, sagt Scorpions-Geschäftsführer Marco Stichnoth.
Ein junger Mann war besonders hartnäckig, schrieb unzählige Bewerbungsschreiben. Der Verein wusste dem nicht anders Einhalt zu gebieten, als den Spieler zu einem Probetraining einzuladen. Er fiel zwar mit Pauken und Trompeten durch, aber die Idee des Castings war geboren.
Die erste Runde der Talentshow, die vom Internetfernsehen „Live im Netz“ und einer regionalen Tageszeitung intensiv begleitet wird, findet am 18. März statt. Bewerben kann sich jeder Eishockeyspieler zwischen 18 und 25 Jahren. Die besten 20 Kufen-Cracks kommen in den so genannten Recall, in dem dann der Kreis auf fünf Kandidaten reduziert wird. Diese absolvieren ein mehrwöchiges Sommertraining, leben zusammen in einem Haus und werden in Zusammenarbeit mit der Buhmann-Schule intensiv auf das Leben eines Profis vorbereitet.
Die besten zwei Spieler dürfen dann die Saisonvorbereitung mit der Profimannschaft starten, ehe am 15. August die endgültige Entscheidung über den Gewinner fällt. „Wir hoffen sehr, dass wir einen Perspektivspieler finden, der uns langfristig helfen wird“, sagt Weichert. Das Projekt soll in den zwei nächsten Jahren wiederholt werden.
Während im Fußball das Scoutingsystem mit einem Netz bis in die untersten Ligen nahezu perfektioniert ist, gibt es hier beim Eishockey Nachholbedarf. Die meisten Klubs sichten auch aus Kostengründen kaum in der Oberliga oder Regionalliga. So manches vielversprechende Talent, das wegen einer Verletzung oder wegen beruflicher Verpflichtungen zurückgeworfen wurde, bleibt unentdeckt und wird nicht gefördert.
sid