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Einer der ungewöhnlichsten Filme des Jahres

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"Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach": Diesen eigenwilligen Titel hat einer der wohl  ungewöhnlichsten Filme des Jahres. Einen ersten Eindruck zeigt der Kino-Trailer.

Dies ist zweifellos einer der ungewöhnlichsten Filme des Jahres. Egal, ob man nun das soeben verabschiedete 2014 nimmt oder an 2015 denkt. Denn „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ ist – wie alle bisherigen Produktionen des erstaunlichen schwedischen Filmemachers Roy Andersson – in höchstem Maße eigenwillig. Dieser Film ist Abschluss von Anderssons Trilogie über das Menschsein, eine hochartifizielle Aufarbeitung menschlicher Ängste und Sorgen. Die „Taube“ knüpft eng an den ersten Teil „Songs from the Second Floor“ an, weniger an den schwächeren „Das jüngste Gewitter“.

In kurzen, tableauartig starren Szenen mit extremer Tiefenschärfe beschreibt Andersson hier ohne ein überflüssiges Wort den Untergang der Menschheit. Sein Armageddon kommt dabei ohne Katastrophengeheul aus. Eindringlich veranschaulicht der Film, was Kapitalismus und Stillstand aller Wertesysteme mit Menschen anstellen. Sie taumeln als bleiche Zombies in rentnerbeigen Billiganzügen durch bedrückend enge Gassen und neonbeleuchtete Räume. Moderne Monster in karger Umgebung, immer auf der Suche nach Zuwendung. Immer erfolglos. So erfolglos wie die zwei Vertreter für Scherzartikel, die sich durch mehrere Szenen quälen.

Der strenge Formalist Andersson komponierte 39 exakt ausgezirkelte Einstellungen in Beige, Braun und Sepia, die jede für sich den melancholischen Grundton der Trilogie verströmen. Es sind Bilder, die man nicht vergessen kann. Einiges an diesen sezierend genauen Beobachtungen erinnert an Jacques Tatis Filme, in denen sich vieles nicht in der Bildmitte, sondern am Rand der Einstellung abspielt. Diese Idee setzt Andersson konsequent um. Während ein vergeblich wartender Mann vor einem Lokal immer wieder dieselben Floskeln ins Handy spricht, beendet am Fenstertisch ein junger Tänzer die Liaison mit seiner Flamencolehrerin. Was für ein herrlicher Film, der die Sinne schärft und zum genauen Hinsehen nicht zwingt, sondern anregt. Dass man „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ unbedingt auf einer großen Leinwand sehen sollte, versteht sich von selbst.

von Ulrike Frick

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