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Willi weiß genug

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Der Kinder-Reporter Willi Weitzel (37, “Willi will's wissen“) nimmt eine Fernseh-Auszeit. “Ich ziehe die Notbremse, bevor die Routine zu einer negativen Routine wird.“ © dpa

Marburg - Der Kinder-Reporter Willi Weitzel (37, “Willi will's wissen“) nimmt eine Fernseh-Auszeit. “Ich ziehe die Notbremse, bevor die Routine zu einer negativen Routine wird.“

Wenn Thomas Gottschalk heute verkünden würde, im Sommer sei Schluss mit „Wetten, dass...?“ – so richtig überrascht wäre niemand. Seine Quoten bröckeln schließlich schon länger, von der immer wieder unterstellten Amtsmüdigkeit ganz zu schweigen. Die Ankündigung Willi Weitzels, sich aus dem Kinderfernsehen zurückzuziehen, wird zwar kaum vergleichbare Wellen schlagen, ist für die Zielgruppe aber ein ungleich größerer Verlust. Weitzel spielt hier längst die Rolle, die einst Peter Lustig („Löwenzahn“) im Leben der heutigen Erwachsenen spielte. Weitzel, dessen vom Bayersischen Rundfunk für die ARD produzierte Reportagereihe „Willi wills wissen“ (unter anderem samstags zu unterschiedlichen Zeiten im Vormittagsprogramm) mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, hat aber nicht nur Kinder, sondern auch Eltern stets durch seine Natürlichkeit beeindruckt.

Seine Authentizität war die Basis für den Erfolg. Man hat ihm immer abgenommen, dass seine Neugier nicht bloß gespielt war, wenn er bei Polizisten, Metzgern, Soldaten, Notärzten oder Oberbürgermeistern hinter die Kulissen schaute. Weitzel war nie bloß dabei, sondern immer auch mittendrin. So sehr, dass er in der preisgekrönten Folge über Obdachlose, als er gemeinsam mit Stadtstreichern in einem Münchner Park übernachtete, überfallen und verletzt wurde. Damit ist nun Schluss. „Ich bin acht Jahre lang für 180 Ausgaben von ‚Willi wills wissen‘ quer durch Deutschland und um die halbe Welt gereist. Jetzt habe ich das Gefühl, dass mir keine Fragen mehr einfallen“, sagt der 37-Jährige, dem der Abschied dennoch schwer fällt: „Am liebsten würde ich jeden Fan persönlich trösten.“ Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für den Rücktritt hat seine Tochter gespielt.

Seit ihrer Geburt vor eineinhalb Jahren hat Weitzel das Gefühl, er sei auf die Seite der Erwachsenen gewechselt. Als er kürzlich von dreiwöchigen Dreharbeiten in Island zurückkehrte, stand sein Entschluss fest: „Was hat meine Tochter davon, dass mich die Kinder lieben, sie selbst ihren Papa aber öfter im Fernsehen als zuhause erlebt?“ Weitzel nehme sich eine „kreative Auszeit“, bestätigt BR-Redakteur Andreas M. Reinhard, gibt allerdings die Hoffnung nicht auf, dass sein Schützling irgendwann ins Kinderfernsehen zurückkehrt: „Wenn Willi jetzt kürzer treten und über sich und seine Rolle reflektieren will, so verstehen und respektieren wir das natürlich. Aber wir wissen alle, dass man sich auch im Berufsleben immer mindestens zweimal trifft.“ Reinhard versichert, man werde jetzt nicht nach einem neuen „Willi“ (oder nach einem Wolfi, Wendelin oder Waldemar) suchen. Anders als bei „Löwenzahn“ im ZDF, das seit dem Abschied Peter Lustigs von seinem Nachfolger Guido Hammesfahr (als Fritz Fuchs) moderiert wird, steht und fällt „Willi wills wissen“ also mit Willi Weitzel.

Betroffen von dem Rücktritt ist natürlich auch der Kinderkanal von ARD und ZDF, der sämtliche Formate mit Weitzel ausstrahlt. Kika-Geschäftsführer Steffen Kottkamp verliert eines seiner Zugpferde, aber auch er hat Verständnis für Weitzels Entschluss: „Willi hat unglaublich viele Talente. Er ist Lehrer, Reporter, Moderator und Schauspieler. Er schafft es auf unnachahmliche Weise, die Perspektive der Kinder einzunehmen. Nicht zuletzt deshalb wird er von ihnen geliebt. Er ist eben wie sie. Da kann man sich auch mal eine kleine Auszeit nehmen.“

Tilmann P. Gangloff

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