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Wildbachverbauung verzögert - Ministerin gibt Naturschutzbund die Schuld, der wehrt sich

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Von: Michael Hudelist

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Alles, was man normalerweise eben in einem Keller verstaut, liegt nun in der Siedlung Gries auf der Straße oder bereits in bereitgestellten Containern. 
Alles, was man normalerweise eben in einem Keller verstaut, liegt nun in der Siedlung Gries auf der Straße oder bereits in bereitgestellten Containern.  © hud

Nach der Flut am Wochenende durch die Altstadt wurde vor allem im Stadtteil Gries das Ausmaß der Verwüstung sichtbar. Nahezu alle Keller wurden durch das Hochwasser des sonst unscheinbaren Kothbaches überflutet, das gesamte, oft technische Inventar zerstört.

Hallein (Österreich) - „1976 habe ich das schon einmal erlebt und jetzt wieder“, so eine 88-jährige Betroffene in der alten Siedlung zwischen dem Dürrnberg und der Salzach. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gab die Schuld am Ausmaß der Flut dem Naturschutzbund, dieser habe durch seine Einwände eine genehmigte, 6,3 Millionen teure Verbauung verzögert. Der Naturschutzbund weist das zurück.

Während in der Altstadt, am Florianiplatz und am Molnarplatz zumindest auf der Straße nicht mehr sehr viel an die Flut erinnert sah es am Montag in der Siedlung Gries ganz anders aus, alle Keller in den Häusern aus den 1930-er Jahren, aber auch in den Neubauten dazwischen waren am Samstagabend binnen Minuten vollgelaufen. Alles, was man normalerweise eben in einem Keller verstaut, liegt nun auf der Straße oder bereits in bereitgestellten Containern. Die Bewohner und zahlreiche Helfer, sowie die Feuerwehrler und Bundesheer-Soldaten packen tatkräftig an. „Das Wasser war so schnell da, man konnte sich nur noch in Sicherheit bringen“, so die 88-jährige Paula Breit. Durch die neue Hochwassermauer an der Salzach habe das Hochwasser vom Kothbach auch nicht in die Salzach abrinnen können, man sei wie in einer Art Badewanne gefangen gewesen. 

Betroffen in einer der Häuser ist auch Landesrettungskommandant Toni Holzer, der sonst bei Katastrophen immer auf der Seite als Helfer steht. Es sei einfach sehr schnell gegangen, „zum Glück ist das Wasser nicht weiter angestiegen und damit in Wohnbereiche vorgedrungen, zum Glück hat es auch keine Opfer gegeben“. 

Wer ist schuld am Hochwasser?

Die Grüne-Landtagsabgeordnete Kimbie Humer-Vogl beklagte sich noch am Sonntagabend darüber, dass auf Facebook & Co. es Schuldzuweisungen an Umweltorganisationen gebe, „ja sogar ich selbst sei schuld habe ich gelesen. Abgesehen davon, dass Schuld nur die treffen kann, die mit Absicht eine Situation herbeiführen, ist jetzt einfach nicht die Zeit für Schuldzuweisungen“, so Humer-Vogl. Wenn man weitere Klimakatastrophen abwenden wolle, müsse man verstärkt auf Klimaschutz setzen. Bei der Wildwasserverbauung seien auch die Halleiner Grünen mit dem Hochwasserschutz im Kleinkirchental unglücklich gewesen, „wobei es uns in erster Linie um die Zufahrtstraße ging, die den Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Feuersalamanders zerstört hätte“. 

Halleins Bürgermeister Alexander Stangassinger will ebenfalls keine Schuldzuweisungen, erinnert aber auch daran, dass die ersten Teile eines Hochwasserschutzes schon fertig sein könnte, wenn die, am Ende erfolglosen Einwände des Naturschutzbundes den Baubeginn nicht um fünf Jahre verzögert hätten. Ministerin Köstinger bleibt bei ihrer Aussage, dass dieses Ausmaß der Flut verhindert werden hätte können, wenn der Naturschutzbund sich nicht so lange gegen die genehmigte Verbauung gesträubt hätte. 

Naturschutzbund: „Haben Landschaftsschonenderes Projekt vorgeschlagen“

Das weist Hannes Augustin vom Naturschutzbund in Salzburg naturgemäß zurück. „Wir sind betroffen von den Verwüstungen, tragen aber keine Mitschuld“, vielmehr hätte man das gesamte Projekt befürwortet und die Notwendigkeit einer Verbauung gesehen, „allerdings haben wir für das Kleinkirchental, einem kleinen Teil des gesamten Projekts, einen alternativen, landschaftsschonenderen Vorschlag eingebracht“.

Hannes Augustin vom Naturschutzbund Salzburg
Hannes Augustin vom Naturschutzbund Salzburg © hud

Eine natürliche Mulde in der Landschaft hätte den gleichen Schutz gewährleistet und wäre gleich teuer gewesen, „das wollten wir umgesetzt haben“. Die Behörden hätten diesen Vorschlag aber nicht ernst genommen, sondern hätten auf ihren Plänen beharrt. In Mittersill an der Salzach hätten solche Projekte bestens funktioniert. Man könne Hochwasserschutz und Umweltschutz nicht gegeneinander ausspielen, „wenn wir weiter Flächen versiegeln wie bisher und verbauen auf Teufel komm raus dann werden wir die Klimakrise eher befeuern, als in Grenzen zu halten“.

Der Naturschutzbund sei im Übrigen nicht der einzige Gegner gewesen, auch andere Organisationen und Bürger hätten sich zum Beispiel aus Sorge um das Trinkwasser gegen die geplante Verbauung ausgesprochen. 

hud

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