1. rosenheim24-de
  2. Welt
  3. Welt-News

Tante und Cousine von Stefan Mross erschossen: So lief der zweite Verhandlungstag

Erstellt:

Von: Michael Hudelist

Kommentare

Der Angeklagte vor Gericht.
Der Angeklagte vor Gericht. © hud

Wegen zweifachen Mordes muss sich seit Dienstag ein 52-jähriger Tennengauer verantworten. Er gibt zu,  knapp vor Mitternacht des 5. Mai 2021 in Wals seine Noch-Lebensgefährtin (50) und deren Mutter (76) mit insgesamt zehn Schüssen erschossen zu haben. Am zweiten Verhandlungstag schilderte der Bruder von Helga B., Robert B. ausführlich, wie die Beziehung seiner Schwester zu dem Privatdetektiv begann und warum seine Mutter und er sich schon sehr bald Sorgen machten.

Salzburg -  Vor dem Bruder erinnerte sich eine Nachbarin im Zeugenstand, dass sie zur Tatzeit am 5. Mai vergangenen Jahres erst aufgebrachte Stimmen gehört hätte, „dann sind auch schon die Schüsse gefallen, erst einer, dann alle anderen“, danach habe sie einen Mann über den Zaun springen sehen. „Ich habe sofort versucht Helga zu erreichen, aber sie hat nicht abgehoben“. Helgas Mutter habe sie schon lange vor der Tat um Hilfe gebeten: „Helga hat einen Stalker, wenn du ihn siehst gib mir bitte Bescheid“. Sie habe „den Stalker“ aber nicht gekannt. Die Familie machte sich echte Sorgen, so ihr Eindruck

Er wollte Helga B. einen Heiratsantrag machen

Ein weiterer Zeuge ist ebenfalls Detektiv und mit dem Angeklagten befreundet, er hätte sich am Abend vor der Tat mit dem Angeklagten treffen wollen, musste dann aber absagen. Ob sein Freund danach mit Helga B. verabredet war wisse er nicht. Von der Beziehung mit Helga B. habe er öfters erzählt, er sagte dann „wir sind halt verliebt, aber es ist immer wieder mal aus weil die Familie mich nicht will“. Er habe auch von einem Heiratsantrag erzählt, den er Helga B. machen wolle. „Sie liebt mich, aber sie kommt nicht aus“, soll der Angeklagte geschildert haben. 

Kameramann findet 11. Hülse

Ein Polizei-Ermittler erklärt als nächster Zeuge, wie die Schussrichtungen vor Ort  ermittelt wurden. Am Tatort seien zehn Patronenhülsen gefunden worden, vor dem Haus, an der Hauptstraße, entdeckte ein ATV-Kameramann am Tag danach eine weitere, etwas verformte Hülse einer anderen Waffe, Kaliber 9 mm. Mit der Tat habe sie wohl nichts zu tun.

Video mit Helga B. 

Dann zeigt das Gericht ein kurzes Video, das der Angeklagte von einem Treffen mit Helga B. am Gartenzaun mit einer versteckten Kamera in der Brusttasche gemacht hatte, man hört ihn rufen, „Helga, komm kurz her“, sie ist offensichtlich im Garten beschäftigt, man hörte sie öfters „Nein“ sagen, aber am Ende stehen sie sich gegenüber, „Nein, ich bleib eh da“ versteht man dann noch kurz ihre Stimme, ehe das Video dann abrupt endet.

Eine beisitzende Richterin fragt, warum er gefilmt habe? Er habe Angst vor ihrem Bruder gehabt, kurz nach Ende der Aufzeichnung sei er vom Bruder auch tatsächlich mit Wasser aus einem Schlauch bespritzt worden. „Sie sollten endlich aus Ihrer Opfermasche rauskommen, die Tat tut Ihnen zwar leid, aber Sie versuchen sich ständig als Opfer darzustellen“, so eine sichtbar zornige Richterin Bettina Maxones.

„Die Mama und ich hatten Angst um Helga“

Kurz nach 11 Uhr begann die sehr ausführliche Aussage des Bruders, Robert B., (48). Seine Aussage bei der Polizei sei größtenteils richtig, er möchte aber einiges dazu ergänzen, was dann über zwei Stunden in Anspruch nahm. Seine Schwester Helga habe früher immer von Freunden und Bekanntschaften erzählt, darunter sei schon Ende der 1990er Jahre der  Detektiv gewesen, der schon damals versucht haben soll die Bankangestellte Helga B. als Maulwurf anzuheuern um damit an Kundendaten der Bank zu kommen. Zu diesem Zweck hätte er ihr ein Wertkartenhandy schenken wollen. Bis August 2019 habe er dann nichts mehr gehört, Helga B. hat ihn dann wegen eines Unglücksfalls angerufen, ob er damit zu tun habe oder etwas in Erfahrung bringen könne. Eine Arbeitskollegin von Helga habe ihm dann erzählt, dass der Angeklagte wieder öfters bei Helga im Büro angerufen habe. „Mit mir hat sie über Liebesdinge nicht gesprochen“, er sei ein bisschen ein „Spitzbub“, so habe Helga ihren Verehrer beschrieben, aber sie habe ihn nicht abblitzen lassen.

Bei einem ersten Besuch bei der Familie habe er sich freundlich mit der Mutter unterhalten, „warum triffst dich nicht mit ihm, er macht einen sympathischen Eindruck“, soll die Mutter zu Helga gesagt haben. Es seien dann Spaziergänge zum Beispiel im Park des Schlosses Klessheim gefolgt, wegen des Lockdowns seien damals alle Gaststätten geschlossen gewesen. „Was hast  du eigentlich für ein Handy?“ soll er Helga gefragt haben, wollte er ihr einen Trojaner schicken, fragte der Bruder. Eines Tages sahen Mutter und Bruder vom Nachbarhaus aus rotes Licht im Schlafzimmer, beide seien dann zur Straße gegangen und hätten nachsehen wollen „ob die Helga alles unter Kontrolle hat“. Sie seien eng zusammen gesessen, „da wollten wir dann nicht stören“. Danach soll Helga gegen 22.30 Uhr der Mutter und dem Bruder erzählt haben, dass sie den Verehrer „nie wieder“ sehen wolle.

Bruder führt weiter aus

Der Bruder ging dann davon aus, dass der Angeklagte und Helga dann keinen Kontakt mehr hatten. Um Weihnachten herum sei die Mutter dann immer nervöser wegen Helga geworden, „da passt was nicht, er hat Helga übertriebene Geschenke gemacht und schon beim zweiten Besuch hat er Helga die Pistole gezeigt“. Ständig seien dann Geschenke vor dem Haus und der Haustüre gelegen. Im Advent wurde dann bekannt, dass er den Heiligen Abend mit der Familie B. feiern wollte, auch sein Sohn sollte dabei sein. „Wir nehmen unangebrachte Geschenke nicht an“, so die SMS-Antwort des Bruders an den Angeklagten. Dieser habe die Familie daraufhin abgepasst und zur Rede gestellt. 

Am 28.12.2020 habe der Bruder dann das Auto des Angeklagten am Haus von Helga vorbeifahren sehen und sei ihm daraufhin nachgefahren. Als dies der Angeklagte bemerkte habe er auffällig an die Brust gegriffen, der Bruder vermutete dass er zu einer Waffe gegriffen habe, gesehen hat er nichts. Trotzdem hat sich der Bruder von diesem Moment an gefürchtet, zu Silvester gab es ein SMS an Helga. „Aber Freunde bleiben wir schon“. 

Robert B. fühlt sich von vermuteter Waffe bedroht

Am 9. Januar 2021 gegen 23.30 Uhr wollte der Bruder Helga anrufen, aber es war besetzt. Daraufhin ging er hinüber und hörte sie mit dem Angeklagten telefonieren. Am nächsten Tag habe er seine Schwester darauf angesprochen, ihre Antwort sei gewesen: „Das geht euch nichts an“. Sie sagte immer, er sei „charmant, unterhaltsam, er hat einen Schmäh, er redet viel“, aber ernste Absichten habe sie nicht gehabt, „heiraten werde ich ihn aber sicher nicht, da habe ich keine Vorteile“.

Der Bruder war aber nach dem Vorfall mit dem Auto – der Bruder hat eine Waffe vermutet – sehr vorsichtig und ängstlich, er habe von da an bewusst versucht auf seine Schwester einzuwirken. Der Bruder tauchte dann in alte Geschichten ein und meinte, der Angeklagte hätte schon früher auf Anzeigen mit Gegenanzeigen reagiert und dann einen Deal mit der Staatsanwaltschaft abgeschlossen. Erstauntes Kopfschütteln bei der Staatsanwältin, Opferanwalt Stefan Rieder bremste den Bruder dann auch ein,„das ist heute nicht Gegenstand der Verhandlung“

In weiterer Folge hätte der Bruder dann die Polizei verständigen wollen, das habe Helga B. untersagt, daraufhin habe sich der Bruder an den Berufsverband der Österreichischen Detektive gewandt mit der Frage, ob der jetzt Angeklagte tatsächlich berechtigt sei eine Waffe zu tragen. Einen Erpressungsversuch an seiner Schwester wies der Bruder zurück, der Angeklagte hatte ausgesagt, der Bruder hätte ein Schreiben an den Vorstand der Bank vorbereitet mit der Drohung an seine Schwester: „Wenn Du dich nicht trennst schicke ich das an die Firma“. 

Bei Anzeige „noch mehr Zeit zum Stalken“?

Von einer Anzeige bei der Polizei habe der Bruder abgesehen, „wir wollten nicht dass er eine Strafe zahlen muss oder gar seinen Job verliert, dann hätte er ja noch mehr Zeit zum Stalken gehabt“. Aber die Mutter und er seinen schon „fertig“ gewesen, „der will uns fertig machen“. Am 19. Januar sei dann doch eine Anzeige wegen Stalking erstattet worden, „er hat ja auch mich gestalkt“, so der Bruder, das seien typische Stalking-Merkmale, dass auch die schützen wollenden Angehörigen „verfolgt“ werden.

Der Detektiv sei mit allen Polizisten in Wals per Du gewesen, Robert B. habe von der Polizei erfahren, für eine Stalking-Anzeige müsse er schon auch Beweise vorlegen. Warum Helga B. trotzdem weiterhin Kontakt gehalten habe könne er sich nicht erklären, „vielleicht wollte sie ihn einfach als normalen Freund behalten“. Ein Polizeibeamter habe zu Robert B. nach der Anzeige gemeint, „die Anzeige ist so ein Unsinn, das wird die Staatsanwaltschaft sicher nicht ernst nehmen“. Der Beamte habe aber beim Angeklagten angerufen und erwirkt, dass der jetzt Angeklagte die Trennung akzeptieren wollte. 

Auflauer-Situationen nehmen weiter zu

Für eine Woche sei dann Ruhe gewesen, dann habe er seine Schwester wieder auf der Straße abgepasst, diese Auflauer-Situationen hätten dann zugenommen, er hätte sie bei diesen „spontanen Treffen“ immer festgehalten. Danach habe nach dem Eindruck des Bruders der Kontakt nachgelassen, „das hat mich gewundert, nach der einschlägigen Literatur dauert ein Stalking doch bis zu zwei Jahre“, so Robert B. Seine Schwester habe ihren späteren Mörder zu dieser Zeit als „harmlosen Schmähbruder“ bezeichnet. 

Dass seine Schwester schon wieder laufend heimlichen Kontakt mit dem Angeklagten hatte will der Bruder erst nach der Tat aus den Ermittlungsakten erfahren haben. Robert B. hat dem Angeklagten noch am 2. Mai – also drei Tage vor dem Doppelmord - eine Mail geschrieben, dass er in seinen Augen kein verlässlicher Waffenträger sei, „in meinen Augen erfüllte er alle typischen Merkmale eines Stalkers“. Seine Schwester hätte aber auch die Warnungen von ihm und der Mutter nicht hören wollen, „ich sagte ihr, wenn du doch einmal Schluss machst dann bringt er dich um“.

hud

Auch interessant

Kommentare