Top-Geologe warnte vor Türkei-Erdbeben – Bürgermeister sagte nur: „Ah, das glaube ich nicht!“

Der Schock nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien sitz tief bei allen Beteiligten. Umso schrecklicher zu verarbeiten wird es nun durch Details, die durch einen Top-Geologen zuletzt enthüllt wurden.
Türkei – Celal Sengör (67) ist ein bekannter türkischer Geologe, der international hohes Ansehen genießt. Er war lange Zeit Professor an der Technischen Universität Istanbul, die sich auf das Studium von Erdbeben spezialisiert hat und über hervorragende Messdaten verfügt.
Jetzt wirft Sengör den Behörden vor, dass viele Häuser in der Region trotz Warnungen nicht erdbebensicher gebaut worden seien. Diese Vorwürfe stützt er auf angebliche Korruption unter örtlichen Entscheidungsträgern. Kollegen von Sengör hatten beispielsweise eine Gefährdungskarte für die Provinz Kahramanmaras – eine der vom Erdbeben am stärksten betroffenen zehn Provinzen in der Türkei – gezeichnet, aber diese wurde von den Behörden ignoriert.
Erdbeben in Türkei: Top-Geologe Celal Sengör warnte – Bürgermeister ignorierte
Im Interview mit dem „ZDF“ , wo er aufgrund seiner deutschen Tagesmutter Ingeborg im fließenden Deutsch auf die gestellten Fragen antwortete, erklärte Sengör: „Sie haben diese Karte an den Herrn Bürgermeister (gemeint ist Hayrettin Güngör (AKP)) geschickt. Der Bürgermeister hat das angeguckt und gesagt: ‚Ah, das glaube ich nicht!‘ Und er hat nichts gemacht.“ Sengör fügte empört hinzu: „Woher fand dieser Mann die Autorität zu sagen, dass er das nicht glaubt?“
Türkei-Erdbeben: Celal Sengör ist Mitglied der Leopoldina
Neben Deutsch und seiner Muttersprache Türkisch spricht der 67-jährige Wissenschaftler auch Englisch und Französisch auf fortgeschrittenem Niveau und ist darüber hinaus zudem in der Lage Niederländisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch zu lesen und zu verstehen. Entsprechend ist Celal Sengör – mal abgesehen von seiner über 30.000 Bände umfassenden Privatbibliothek zum Thema Geologie und Erdgeschichte – über den Globus verteilt eine renommierte Figur in der Geologie-Szene.
Er war immer wieder Gastwissenschaftler, an der Universitiy of Oxford, dem California Institute of Technology, der Paris Lodron Universität Salzburg und dem Collège de France. Im Jahr 2012 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt, der deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften. Entsprechend ist es mehr als bemerkenswert, dass er nun solche Vorwürfe öffentlich erhebt. Es bleibt abzuwarten, wie die Behörden auf diese reagieren werden.
Türkei: Zahl der Todesopfer nach Erdbeben steigt rasant
Die Zahl der geborgenen Leichen in der Türkei ist derweil auf einem alarmierenden Niveau. Am Freitag (10. Februar) wurden 18.342 Tote von der Katastrophenschutzbehörde Afad gemeldet. Diese Zahl übertrifft die der Opfer des schrecklichen Bebens von 1999 in der Provinz Izmit bei Istanbul, bei dem mehr als 17.000 Menschen ums Leben kamen. In Syrien, laut Angaben von Sana und den Weißhelmen, wurden bis jetzt mehr als 3.377 Leichen gefunden. Afad berichtet auch von 74.242 Verletzten in der Türkei. Experten erwarten, dass die Zahl der Todesopfer noch weiter steigen wird. Zum aktuellen News-Ticker rund um die Erbeben-Katastrophe in der Türkei gehts hier entlang.
mck