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Scholz sagt Ukraine Waffenlieferungen der deutschen Industrie zu - Pentagon rechnet mit noch größerer Offensive

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Von: Benjamin Schneider, Tim Niemeyer, Felix Graf

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Pressestatement Bundeskanzler Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz gibt nach einer Telefonschaltkonferenz mit US-Präsident Biden und europäischen Verbündeten zur Lage in der Ukraine ein Statement ab. © Lisi Niesner / dpa

Der Krieg in der Ukraine tobt weiter. Mit der russischen Offensive im Osten der Ukraine wird seit Tagen gerechnet. Nach Angaben aus Kiew hat sie jetzt begonnen. Alles, was am Dienstag (19. April) wichtig ist, gibt es in unserem News-Ticker.

Weiteres zum Ukraine-Konflikt:

Update, 20.17 Uhr - Pentagon: Aktuelle Kämpfe sind Auftakt größerer Offensive Russlands

Das US-Verteidigungsministerium sieht die jüngsten russischen Angriffe im Osten der Ukraine nur als Vorzeichen einer größeren Offensive Russlands. „Wir gehen davon aus, dass diese Angriffe das Vorspiel zu größeren Offensivaktionen sind, die die Russen planen“, sagte ein hochrangiger Beamter des Pentagons am Dienstag in Washington. Er betonte, man widerspreche damit nicht den Darstellungen, dass der erwartete Großangriff der russischen Truppen im Osten des Landes begonnen habe. Es gehe nur darum, zu unterstreichen, dass die aktuellen Angriffe erst der Auftakt seien.

Auch wenn es südwestlich von Donezk und südlich von Isjum bereits verstärkte Kämpfe am Boden gebe, sei Russland noch dabei, seine logistischen Kapazitäten auszubauen und auch Einheiten von außerhalb der Ukraine ins Land zu holen. In den vergangenen 24 Stunden habe Russland zwei weitere taktische Bataillone in die Ukraine gebracht - damit seien inzwischen 78 dieser Einheiten im Land. Er nannte keine genaue Zahl mit Blick auf die einzelnen Einheiten, aber solche Bataillone bestehen typischerweise aus etwa 600 bis 1000 Soldaten.

Der Verteidigungsbeamte sagte weiter, nach US-Einschätzung liege die Kampfkraft des russischen Militärs - mit Blick auf Truppen und Ausrüstung - inzwischen bei etwa 75 Prozent dessen, was Moskau zu Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine zur Verfügung hatte.

Update, 19.27 Uhr - Scholz sagt Ukraine Waffenlieferungen der deutschen Industrie zu

Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine zugesagt, direkte Rüstungslieferungen der deutschen Industrie zu finanzieren. „Wir haben die deutsche Rüstungsindustrie gebeten uns zu sagen, welches Material sie in nächster Zeit liefern kann“, sagte Scholz am Dienstag in Berlin.

„Die Ukraine hat sich nun von dieser Liste eine Auswahl zu eigen gemacht, und wir stellen ihr das für den Kauf notwendige Geld zur Verfügung.“ Darunter seien wie bisher Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrgeräte, Munition „und auch das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann“.

Von einer direkten Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland sprach Scholz nicht. Nato-Partner, die Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine liefern, könnten aber Ersatz aus Deutschland erhalten. „Das ist etwas, was wir mit vielen anderen zusammen machen, die den gleichen Weg einschlagen wie wir.“ Sofortige Einsetzbarkeit und Verfügbarkeit seien bei den Waffenlieferungen wichtig.

Lieferungen aus Bundeswehrbeständen soll es nach den Angaben des Kanzlers dagegen kaum noch geben. „Hier müssen wir inzwischen erkennen, dass die Möglichkeiten, die wir haben, an ihre Grenzen stoßen“, sagte er.

Scholz deutete auch an, dass Deutschland bereit sei, die Lieferung von Artillerie aus den USA oder den Niederlanden in die Ukraine zu unterstützen. „Auch da sind wir bereit, das Notwendige zu tun“, sagte der Kanzler, ohne Einzelheiten zu nennen. Es könnte um die Bereitstellung von Munition oder Ausbildung gehen. Die USA haben die Lieferung von schweren Artilleriegeschützen bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Dienstag die Lieferung schwerer Waffen zu.

Update, 18.10 Uhr - Kreml-Berater erschießt wohl Frau, Tochter und sich selbst

Der frühere Vizepräsident der russischen Gazprombank und Kreml-Berater Vladislav Avayev (51) wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden. Dort fand die Polizei auch seine erschossene Frau (47) und seine Tochter (13).

Der Fahrer des Multimillionärs wollte Avayev abholen, als ihm niemand öffnete wurde er stutzig und verständigte die ältere Tochter Anastasia. Diese öffnete die Tür zu Avayevs Moskauer Luxusapartment und fand ihren Vater sowie ihre Mutter Yelena und die kleine Schwester Maria (13).

„Ich habe drei Schüsse und Geschrei gehört. Eine Frau schrie, dann fielen zwei weitere Schüsse. Ich dachte zuerst, dass es sich um Feuerwerk gehandelt hat“ sagte Nachbarin Kristina der „Daily Mail“. Die Polizei geht wohl davon aus, dass der ehemalige Manager der Gazprombank wohl zuerst seine Familie mit einer Pistole erschossen und sich dann selbst gerichtet hat. Der Grund dafür ist völlig unklar.

Update, 17.35 Uhr - Nach Streit zwischen SPD und Ukraine-Botschafter: Jetzt spricht Klingbeil ein Machtwort

Nach den Diskussionen unter anderem um die Kritik von SPD-Abgeordneten an Ukraine-Botschafter Andrij Melnyk hat sich nun SPD-Chef Lars Klingbeil eingeschaltet und ein Machtwort gesprochen.

Klingbeil zügelte seine SPD-Kollegen, die in den vergangenen Tagen auf Botschafter Melnyk losgegangen sind. „Alle sollten sich darauf konzentrieren, worum es wirklich geht: In der Ukraine sterben jeden Tag Menschen. Und verantwortlich dafür ist der russische Präsident Putin, ein Kriegsverbrecher, der seinen brutalen Angriffskrieg im Osten des Landes weiter verschärft. Unser Fokus liegt auf der Unterstützung der Ukraine. Alles andere ist Nebensache und total unnötig“ so zitiert die Bild-Zeitung Klingbeil.

Klingbeil dürfte seine Kritik unter anderem an Aydan Özoguz richten. Sie attackierte den ukrainischen Botschafter dafür, dass er deutsche Politiker heftig kritisierte, und warf ihm vor, seinem Volk damit nicht zu helfen. Auch Sigmar Gabriel war mit Melnyk in den Clinch geraten.

Update, 17.15 Uhr - Russland bereitet sich auf aggressive Nato-Aktionen vor

Ein hochrangiger russischer Sicherheitsvertreter beschreibt eine Verstärkung der Nato-Einheiten an der Grenze zu seinem Land einem Medienbericht zufolge als Tatsache. Es handle sich nicht mehr um eine Phrase, erklärt der Vize-Vorsitzende des Sicherheitsrates, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, der Nachrichtenagentur Tass zufolge. Die Regierung in Moskau sollte auf etwaige aggressive Handlungen vorbereitet sein.

Update, 15.55 Uhr - Nach Gräueltaten in Butscha: Putin ehrt russische Soldaten

Nach dem Abzug russischer Truppen aus der ukrainischen Stadt Butscha hat Präsident Wladimir Putin Soldaten geehrt, die dort im Einsatz waren. Der Kremlchef würdigte die 64. Motorschützenbrigade am Montag in Moskau für besondere Verdienste, Heldentum und Tapferkeit, wie der Kreml mitteilte. Die Bilder getöteter ukrainischer Zivilisten aus der Vorortgemeinde der Hauptstadt Kiew hatten Anfang des Monats rund um die Welt für Entsetzen gesorgt. Insgesamt wurden in Butscha mehr als 400 Leichen gefunden, teils mit auf den Rücken gebundenen Händen.

Die Ukraine wirft den russischen Soldaten deshalb schwerste Kriegsverbrechen vor. Der ukrainische Geheimdienst sprach von „Massenmord“, den die Angehörigen der 64. Motorschützenbrigade der 35. Armee der Russischen Föderation begangen hätten. Russland bestreitet, etwas mit den Gräueltaten zu tun zu haben. Inzwischen laufen internationale Ermittlungen. Es gibt zahlreiche Forderungen, die Verantwortlichen vor ein internationales Gericht zu stellen.

Putin lobte nach Angaben des Kremls „versierte und entschlossene Handlungen“ der Soldaten im Zuge der „militärischen Spezial-Operation“, wie der Krieg in Russland genannt wird. Sie hätten auf vorbildliche Weise Mut und hohen Professionalismus gezeigt. „Ich bin überzeugt, dass ihr Soldaten und Offiziere Gardisten seid, weiter dem Eid die Treue halten werdet, der Heimat mit Ehre dient und verlässlich die Sicherheit und das friedliche Leben unserer Bürger schützt“, wurde der Präsident zitiert.

Update, 15.40 Uhr - Russland schmeißt 36 weitere europäische Diplomaten raus

Russland weist 36 europäische Diplomaten aus. 21 Diplomaten aus Belgien und 15 weitere aus den Niederlanden seien zu unerwünschten Personen erklärt worden, teilte das Außenministerium in Moskau am Dienstag mit. Es handele sich um eine Vergeltungsmaßnahme für die Ausweisung russischer Diplomaten im Zusammenhang mit Russlands Militäreinsatz in der Ukraine

Unter den Betroffenen sind nach Ministeriumsangaben 14 Mitarbeiter der niederländischen Botschaft in Moskau und ein Mitarbeiter des niederländischen Generalkonsulats in St. Petersburg. Sie müssten Russland innerhalb von zwei Wochen verlassen, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums weiter. Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra erklärte, er „bedauere“ die Entscheidung Moskaus.

Das russische Außenministerium bestellte zudem nach eigenen Angaben am Dienstag den luxemburgischen Botschafter ein, um „entschieden“ gegen die Ausweisung eines russischen Diplomaten aus Luxemburg zu protestieren. Russland behalte sich „das Recht auf Vergeltungsmaßnahmen“ für diesen „unfreundlichen und unbegründeten“ Schritt vor, erklärte das Ministerium.

Update, 15.05 Uhr - Hofreiter schießt erneut gegen Kanzler Scholz

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter vermisst bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Ukraine-Krise den Willen, rasch und entschlossen zu handeln. „Er hat gesagt, wer Führung bestellt hat, bekommt Führung, aber in ganz Europa wird es so nicht wahrgenommen, sondern es wird wahrgenommen als zu zauderlich und zu zögerlich“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags am Dienstag dem Fernsehsender Welt.

Auf die Frage nach einem möglichen Antrag der Unionsfraktion zu Waffenlieferungen an die Ukraine, kritisierte Hofreiter sowohl Scholz als auch den Vorsitzenden der Unionsfraktion, Friedrich Merz (CDU). „Meiner Beobachtung nach haben wir das Problem, dass wir gerade einen Bundeskanzler haben, der nicht ausreichend führt, und einen Oppositionsführer, der sich immer in kleinteiligen Geländegewinnen gegenüber der Regierung versucht.“

Hofreiter sprach sich erneut für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus. „Je länger dieser Krieg dauert, je größer die Gefahr ist, dass Russland diesen Krieg gewinnt, desto größer ist die Gefahr, dass sich der Krieg ausweitet.“ Es gebe keine Garantie, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht auch Moldau oder gar die baltischen Staaten angreifen werde. Eine Unterstützung der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt diene dazu, die Gefahr einer solchen Ausweitung des Krieges zu minimieren.

Update, 14.27 Uhr - Moskau beschwert sich über westliche Waffenlieferungen an Ukraine

Russland hat dem Westen vorgeworfen, mit weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine den Krieg in die Länge zu ziehen. „Die USA und die von ihnen kontrollierten westlichen Länder tun alles, um die militärische Spezial-Operation zu verzögern“, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Angaben der Agentur Interfax am Dienstag in Moskau. „Der wachsende Umfang ausländischer Waffenlieferungen zeigt ihre Absicht, das Kiewer Regime zum Kampf „bis zum letzten Ukrainer“ zu provozieren.“

Moskau nennt den seit mehr als sieben Wochen laufenden russischen Angriffskrieg auf das Nachbarland nur „militärische Spezial-Operation“. Zugleich kündigte Schoigu an, die Streitkräfte würden „ihren Plan zur Befreiung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk konsequent erfüllen“. In diesen Gebieten hatten prorussische Separatisten Volksrepubliken ausgerufen. Zu ihrer Unterstützung befahl Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar den Angriff.

Im Gegensatz zu Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich Schoigu nicht konkret zur angekündigten russischen Offensive im Osten der Ukraine. Lawrow hatte zuvor im indischen Fernsehen davon gesprochen, dass die nächste Phase der „Spezial-Operation“ begonnen habe. Die Ukraine behauptet, dass der Großangriff im Osten seit Montag läuft.

Update, 13.30 Uhr - Neuer russischer Oberbefehlshaber will mit allen Mitteln Sieg bis 9. Mai

Der neue Oberbefehlshaber über die russischen Truppen in der Ukraine, General Alexander Dwornikow, will mit allen Mitteln einen Sieg über die Ukraine bis zum 9. Mai erzielen. Davor warnen westliche Geheimdienste in einem eigentlich geheimen Nato-Papier, das dem Magazin „Business Insider“ vorliegt.

In dem Papier heißt es, Dwornikow wolle, „höchstwahrscheinlich unverhältnismäßige Gewalt anwenden“, um wichtige Ziele im Krieg zu erreichen. Weiter lässt sich aus dem Dokument zitieren: „Diese (Ziele) wird er voraussichtlich schnell und entschlossen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln umsetzen, um den von Präsident Putin geforderten Sieg rechtzeitig für dessen Rede zum Tag des Sieges am 9. Mai zu liefern“.

Der 9. Mai ist in Russland besonders wichtig, denn jedes Jahr wird der Tag als „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland gefeiert. Seit Putin an der Macht ist, ist er einer der wichtigsten Feiertage in Russland geworden. Jedes Jahr gibt es große Militär-Paraden und die Veteranen des Krieges werden von Putin persönlich geehrt.

Außerdem geht aus dem Nato-Dokument hervor: „Die russische Militärführung steht unter einem gewaltigen politischen Druck, endlich einen militärischen Durchbruch in der Ukraine zu erzielen, der auf der Parade am 9. Mai als Sieg präsentiert werden kann.“ Nato-Angaben nach ist das strategische Ziel Putins die Zerstörung der wirtschaftlichen Infrastruktur der Ukraine. Russland werde wenn es sein muss „unverhältnismäßige Gewalt anwenden, um die Westernisation der Ukraine zu verhindern“ und eine „Kapitulation zu erzwingen“.

Update, 12.55 Uhr - Putin Bluthund will sich heute noch Stahlwerk in Mariupol holen

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, ist sich sicher, dass das umkämpfte Stahlwerk in der ostukrainischen Stadt Mariupol noch am heutigen Tage fallen wird. Heute werde demnach Asowstal vollständig eingenommen, sagt der Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Plattform Telegram in einer Audio-Nachricht.

Russland hatte zuvor den ukrainischen Streitkräften und ausländischen Kämpfern, die sich in dem Stahlwerk verschanzt haben sollen, erneut ein Ultimatum gestellt und sie aufgefordert, bis 11 Uhr (MESZ) ihre Waffen niederzulegen. Das Stahlwerk ist einer der letzten Punkte der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol, der noch nicht unter Kontrolle der russischen Angreifer gefallen ist.

Update, 11.42 Uhr - Verstärkte russische Angriffe auch im Osten der Ukraine

Die russischen Luftstreitkräfte haben nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums seit Montag 60 militärische Objekte der Ukraine bombardiert. Darunter seien zwei ukrainische Lager für „Totschka-U“-Raketen südöstlich der umkämpften Stadt Charkiw gewesen, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Dienstag in Moskau. Südwestlich von Charkiw sei ein ukrainisches Kampfflugzeug vom Typ MIG-29 abgeschossen worden. Mit Artillerie seien im Laufe der Nacht insgesamt 1260 Militärobjekte in der Ukraine beschossen worden. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben zunächst nicht überprüfen.

In der Nacht seien ukrainische Stellungen im Donbass und der Region Charkiw aus der Luft mit Präzisionsraketen angegriffen worden, hieß es weiter. Dabei wurden nach russischen Angaben auch Truppenansammlungen und Militärgerät der ukrainischen Streitkräfte nahe den Ortschaften Barwinkowe, Slowjansk und Popasna beschossen.

Die russische Armee hatte zuvor im Osten der Ukraine nach Angaben aus Kiew den erwarteten Großangriff gestartet. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Montagabend gesagt, die russischen Truppen hätten die lange vorbereitete Schlacht um den Donbass begonnen. Russland führt seit mehr als sieben Wochen einen Angriffskrieg in der Ukraine.

Update, 11.11 Uhr - Russland stellt eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern im Stahlwerk in Mariupol Ultimatum

Russland hat wegen der „katastrophalen Lage“ in der umkämpften Stadt Mariupol den in einem Stahlwerk eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern ein weiteres Ultimatum gestellt. Die nationalistischen Kämpfer und ausländischen Söldner hätten mit Beginn 12Uhr (11 Uhr MESZ) die Gelegenheit, die Gefechte einzustellen und ihre Waffen niederzulegen, teilte das Verteidigungsministerium am Dienstag in Moskau mit. Dann werde ihr Leben gerettet, hieß es. Zuvor hatten prorussische Separatisten mitgeteilt, dass die Erstürmung des Werks mit russischer Hilfe begonnen habe.

Die Ukraine hatte kritisiert, dass Russland Bitten ausgeschlagen habe, dort einen humanitären Korridor einzurichten, damit sich Zivilisten, die in dem Stahlwerk Zuflucht gesucht hatten, in Sicherheit bringen können. Das russische Verteidigungsministerium wies Berichte zurück, dass es dort Frauen, Kinder und andere Zivilisten gebe. Wenig später teilte die Behörde in Moskau mit, aus „rein humanen Prinzipien“ noch eine Chance zur Kapitulation zu geben.

Die Regierung in Kiew wurde aufgerufen, „Vernunft walten zu lassen und den Kämpfern entsprechende Anweisungen zu geben, diese sinnlose Konfrontation zu beenden“. Wenn der Befehl aus Kiew ausbleibe, sollten die Soldaten und Söldner von sich aus aufgeben. Wie andere Kämpfer in Mariupol, die aufgegeben hätten, sollten sie sich in russische Gefangenschaft begeben, hieß es.

Demnach sollte von 13 Uhr (12 Uhr MESZ) an eine Standleitung für die Kommunikation zwischen der russischen und ukrainischen Seite eingerichtet werden. Danach sollte eine Feuerpause von beiden Seiten in Kraft treten. Dazu sollten von ukrainischer Seite an dem Stahlwerk weiße Flaggen angebracht werden. Von 14 Uhr bis 16 Uhr (13 Uhr bis 15 Uhr MESZ) hätten die Kämpfer und Söldner Zeit, das Werk ohne Waffen zu verlassen.

Update, 10.14 Uhr - Separatisten: Erstürmung des Stahlwerks in Mariupol hat begonnen

In der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat am Dienstag nach Angaben prorussischer Separatisten die Erstürmung des Stahlwerks Asovstal begonnen. In dem Stahlwerk sollen sich nach russischen Angaben rund 2500 Kämpfer verschanzt haben, darunter auch 400 ausländische Söldner. Ukrainischen Medien zufolge sollen in dem Werk noch rund 1000 Zivilisten ausharren, unter ihnen auch Frauen und Kinder.

Zum Sturm auf das Stahlwerk sagte der prorussische Separatistenvertreter Eduard Bassurin am Dienstag Staatsmedien in Moskau, es seien spezielle Truppen zusammengestellt worden, die mit ihrer Arbeit begonnen hätten. Russische Luftwaffe und Artillerie unterstützen sie. Alle Stadtteile in Mariupol seien bereits eingenommen.

Die Regierung in Kiew warf Moskau vor, trotz Bitten keinen humanitären Korridor eingerichtet zu haben, damit sich die Menschen in Sicherheit bringen können.

Russland hatte der Ukraine am Wochenende ein Ultimatum zu dem Werk Asovstal gestellt und versichert, dass die Kämpfer am Leben blieben, wenn sie die Waffen niederlegen und sich ergeben würden. Das hatten die ukrainischen Soldaten abgelehnt und angekündigt, Widerstand zu leisten. Russland drohte mit der „Vernichtung“ aller Kämpfer in dem Stahlwerk. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat für diesen Fall angedroht, die Verhandlungen mit Russland für ein Ende des Krieges aufzukündigen.

Der Separatistenvertreter Bassurin behauptete, es gebe keine Zivilisten in dem Werk. Ukrainische Nationalisten hätten das vorgebracht, um eine Erstürmung zu verhindern. Ukrainische Medien hatten wiederholt nicht überprüfbare Bilder auch von Kindern gezeigt, die sich in dem Werk aufhalten sollen.

Mariupol gilt als strategisch wichtige Stadt. Es ist der letzte Zugang für die Ukraine zum Asowschen Meer. Die prorussischen Separatisten, die in den Gebieten Luhansk und Donezk Volksrepubliken ausgerufen haben, hoffen so auf einen dauerhaften Zugang zu den Weltmeeren. Kremlchef Wladimir Putin hatte die Unabhängigkeit der Regionen anerkannt und zu ihrer Unterstützung am 24. Februar eine Invasion in die Ukraine befohlen.

Update, 9.50 Uhr - FDP-Generalsekretär zur Lieferung schwerer Waffen: „Die Zeit drängt“

Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat angesichts der russischen Großoffensive im Osten der Ukraine eine zügige Entscheidung zur Lieferung von schweren Waffen gefordert. „Die Zeit drängt“, sagte Djir-Sarai am Dienstag im „Deutschlandfunk“. Er gehe davon aus, dass der Krieg in den kommenden Tagen noch grausamer werde. „Dementsprechend braucht die Ukraine nicht nur unsere volle Unterstützung und Solidarität, sondern auch konkrete Hilfe, und aus meiner Sicht sind Waffenlieferungen, beziehungsweise schwere Waffen, hier ein notwendiger Weg.“

Die Entscheidung über die Lieferung schwerer Waffen müsse zeitnah getroffen werden. „Ich gehe auch davon aus, dass diese Entscheidung in den nächsten Tagen zustande kommen wird“, sagte der FDP-Politiker. Fakt sei, dass etwas geschehen müsse.

Deutschland hat bisher unter anderem Panzerfäuste, Luftabwehrraketen und Maschinengewehre geliefert, außerdem Fahrzeuge, Nachtsichtgeräte und Schutzausrüstung. Die Ukraine fordert aber auch schwere Waffen wie Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Kampfhubschrauber. Unionspolitiker, aber auch Vertreter der Ampel-Parteien von Grünen und FDP hatten Bundeskanzler Scholz (SPD) wiederholt Zaudern bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine vorgeworfen.

Update, 9.18 Uhr - Ukraine-Krieg: Dritter Tag in Folge keine Fluchtkorridore

Wegen der russischen Offensive im Osten der Ukraine sind nach Regierungsangaben aus Kiew den dritten Tag in Folge keine Fluchtkorridore für die umkämpften Orten eingerichtet worden. „Der intensive Beschuss im Donbass geht weiter“, teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Dienstag mit. Sie warf Russland zudem vor, in der besonders umkämpften Hafenstadt Mariupol trotz Bitten keinen humanitären Korridor für Zivilisten in Richtung der Berdjansk bereitzustellen.

„Wir setzen die schwierigen Verhandlungen über die Öffnung der humanitären Korridore in den Gebieten Cherson und Charkiw fort“, schrieb Wereschtschuk in ihrem Nachrichtenkanal in dem sozialen Netzwerk Telegram. Die Behörden hatten zuletzt in verschiedenen Städten im Osten der Ukraine beklagt, wegen der Gefahr durch Beschuss keine Menschen mehr aus den umkämpften Gebieten in Sicherheit bringen zu können.

Zuletzt waren am Samstag knapp 1500 Menschen über derartige Routen in sichere Gebiete gelangt. Russland führt seit mehr als sieben Wochen einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Den Vereinten Nationen zufolge haben etwa fünf Millionen Menschen das Land verlassen. Mehrere Millionen sind im Land auf der Flucht. Parallel dazu kehren auch immer mehr Menschen ins Land zurück.

Update, 8.07 Uhr - Nach heftiger Gabriel-Attacke: SPD-Spitze trifft Ukraine-Botschafter Melnyk

Nach erneut scharfer Kritik des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an der Russland-Politik der Sozialdemokraten hat sich die SPD-Spitze mit dem Diplomaten getroffen. „Gerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegen“, twitterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Dienstagmorgen. Dazu stellte sie ein Bild, dass sie und Co-Parteichef Lars Klingbeil an der Seite von Melnyk zeigt, und bedankte sich für das Gespräch.

Der Botschafter hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit scharfen Worten den früheren Russland-Kurs der SPD verurteilt und mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Am Wochenende kam es zu einem harten Schlagabtausch, als der ehemalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“ „gezielte Angriffe“ auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte und Melnyk „Verschwörungstheorien“ vorwarf.

Melnyks Behauptung, Steinmeier habe in seiner aktiven Zeit als Politiker „seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft“, die bis in die heutige Regierung hineinwirkten, unterstelle, dass der frühere Kanzleramts- und Außenminister die Interessenvertretung Russlands in Deutschland mitorganisiert habe. „Das ist wahrheitswidrig und bösartig“, schrieb Gabriel.

Melnyk reagierte bei Twitter auf Gabriels Beitrag mit den Worten: „Bösartig ist vor allem Ihre und Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg gegen den Staat, Nation, Kultur, gegen Frauen und Kinder erst herbeigeführt hat.“

Schlacht um den Donbass hat offenbar begonnen - das geschah in der Nacht

In der Ukraine hat die russische Armee nach Angaben aus Kiew den erwarteten Großangriff im Osten gestartet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Montagabend in einer Videobotschaft: „Wir können jetzt feststellen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich seit langem vorbereitet haben.“ Der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, teilte mit: „Donbass: Es hat die zweite Phase des Krieges begonnen, doch sage ich euch, glaubt an die Streitkräfte der Ukraine.“ Auch der Generalstab in Kiew hatte von „Anzeichen“ einer Offensive berichtet. Von russischer Seite gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Selenskyj zufolge ist „ein sehr großer Teil“ der russischen Armee für die Offensive im Osten konzentriert. Die Ukraine werde sich dem entgegenstellen. „Ganz gleich, wie viele russische Truppen dorthin getrieben werden: Wir werden kämpfen“, versicherte der Präsident. Man werde sich verteidigen und nichts aufgeben. Kein Raketenangriff habe die Situation für Russland grundlegend verbessert, meinte Selenskyj. „Und wenn wir sie alle zusammen bewerten, kommen wir zu dem Schluss, dass sie strategischer Unsinn sind.“

Auch örtliche Behörden in der Ostukraine gaben an, dass die Offensive der russischen Armee begonnen habe. „Es ist die Hölle. Die Offensive, von der wir seit Wochen sprechen, hat begonnen“, erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, am Montagabend im Online-Dienst Facebook. Es gebe Kämpfe in Rubischne und Popasna und „unaufhörlich Kämpfe in anderen friedlichen Städten“, fügte der Gouverneur hinzu.

Die Nacht im Überblick:

fgr/dpa/afp

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