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Baerbock schmeißt russische Diplomaten raus aus Deutschland

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Von: Felix Graf

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Annalena Baerbock
Außenministerin Annalena Baerbock auf einer Pressekonferenz im Auswärtigen Amt. © Tobias Schwarz/AFP Pool/dpa

Seit über einem Monat tobt der schreckliche Krieg in der Ukraine. Tag für Tag überschlagen sich die Ereignisse. Nach dem Bekanntwerden von Hunderten zivilen Opfern im Kiewer Vorort Butscha hat die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft Untersuchungen angekündigt. Alle aktuellen Informationen gibt es am Montag (4. April) in unserem Live-Ticker.

Das Wichtigste zum Thema in Kürze:

Update, 18.50 Uhr - Berlin erklärt 40 russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“

Die Bundesregierung hat 40 russische Diplomaten zu in Deutschland „unerwünschten Personen“ erklärt. Es handle sich um Angehörige der russischen Botschaft, „die hier in Deutschland jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gearbeitet haben“, teilte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montag in Berlin mit. Werden Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt, kommt dies einer Ausweisung gleich.

Die Arbeit der betroffenen russischen Diplomaten „ist eine Bedrohung für diejenigen, die bei uns Schutz suchen“, erklärte Baerbock zur Begründung. „Dies werden wir nicht weiter dulden. Das haben wir dem Botschafter Russlands heute Nachmittag mitgeteilt.“

Der russische Botschafter Sergej Netschajew war von Staatssekretär Andreas Michaelis ins Auswärtige Amt einbestellt und über die Ausweisung informiert worden. Die betroffenen Personen haben fünf Tage Zeit, um Deutschland zu verlassen. Bei den Russen handelt es sich nach diesen Informationen um Personal, bei dem von einer Zugehörigkeit zu russischen Nachrichtendiensten auszugehen ist.

Update, 16.50 Uhr - Bundesnetzagentur übernimmt Gazprom Germania als Treuhänder

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt die Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die deutsche Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom ein. Habeck begründete dies am Montag mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften.

Update, 16.50 Uhr - Steinmeier räumt erstmals Fehler in Russland-Politik ein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte er am Montag in Berlin. Eine bittere Bilanz sei auch: „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“

Steinmeier war in den vergangenen Tagen dafür kritisiert worden, dass er sich bislang nicht zu eigenen Fehleinschätzungen insbesondere in seiner Zeit als Außenminister geäußert habe. Nun sagte er, die Verantwortung für den Krieg liege bei Kreml-Chef Wladimir Putin. „Die sollten wir nicht auf uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat.“

Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. „Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“ Der Bundespräsident betonte, mit einem Russland unter Putin werde es „keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben“.

Update, 15.56 Uhr - Regierung will nach Gräueltaten weiter Energie aus Russland beziehen

Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha wird auch innerhalb der Ampelkoalition wieder intensiv über einen sofortigen Stopp von Energielieferungen aus Russland diskutiert. Die Bundesregierung bleibt bislang bei ihrer Haltung, diesen Schritt aus Sorge vor den Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft nicht zu gehen.

Entsprechend äußerten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil.

Nach Schätzung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel geben die EU-Staaten täglich rund 380 Millionen Euro für russisches Gas und etwa 360 Millionen Euro für Öl aus. Kritiker sehen darin eine indirekte Mitfinanzierung des Krieges in der Ukraine.

Bis zum Sommer werden aus Sicht des Wirtschaftsministeriums die russischen Ölimporte nach Deutschland voraussichtlich halbiert sein. Mit dem Ende des Sommers und zum Herbst hin könne Deutschland komplett auf russische Kohle verzichten. Beim Gas ist die Lage komplizierter. Der Anteil der russischen Gaslieferungen sank aber laut Ministerium bereits von 55 auf 40 Prozent.

Update, 14.39 Uhr - Ukraine droht mit Vergeltung für Massaker von Butscha: „So etwas Böses darf nicht ungestraft bleiben“

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat der russischen Armee ein Massaker an Zivilisten in dem ukrainischen Ort Butscha vorgeworfen und mit Vergeltung gedroht. „So etwas Böses darf nicht ungestraft bleiben“, sagte er am Montag in Kiew. „Unsere Aufklärung identifiziert systematisch alle Eindringlinge und Mörder. Alle! Jeder wird zu seiner Zeit bekommen, was er „verdient“ hat“, hieß es in der auf Facebook veröffentlichten Mitteilung.

Die Bilder aus dem Kiewer Vorort mit Leichen auf den Straßen sorgen seit Sonntag international für Empörung. Resnikow machte die russischen Einheiten verantwortlich, die den Ort wochenlang besetzt gehalten hatten. Er verglich ihr Vorgehen mit dem der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) in der Ukraine im Zweiten Weltkrieg.

Er zog auch eine Parallele zum Bürgerkrieg in Jugoslawien: In Butscha seien mehr Menschen getötet worden als in Vukovar. 1991 waren in der kroatischen Stadt Vukovar mehr als 250 Zivilisten und Kriegsgefangene von serbischen Kräften und der jugoslawischen Armee ermordet worden.

Update, 14.24 Uhr - Auch Polens Regierungschef attackiert Merkel wegen Russland-Politik

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen, zum Erstarken Russlands beigetragen zu haben. „Frau Bundeskanzlerin, Sie schweigen seit Beginn des Krieges. Dabei hat gerade die Politik Deutschlands während der vergangenen zehn, fünfzehn Jahre dazu geführt, dass Russland heute eine Stärke hat, die auf dem Monopol des Verkaufs von Rohstoffen basiert“, sagte Morawiecki am Montag bei einer Pressekonferenz in Warschau.

Auch jetzt bremse die Bundesregierung innerhalb der EU, wenn es um weitere Sanktionen gegen Moskau gehe, sagte Morawiecki weiter. Dies sei aus den Protokollen von EU-Treffen ersichtlich. „Jeder, der die Mitschriften liest, wird wissen, dass Deutschland die größte Bremse ist, wenn es um entschiedenere Sanktionen geht.“ Morawiecki appellierte deshalb an Kanzler Olaf Scholz (SPD), seine Haltung zu Russland zu überdenken.

„Nicht die Stimmen der deutschen Unternehmen, der deutschen Milliardäre, die Sie jetzt wahrscheinlich von weiteren Maßnahmen abhalten, sollten heute in Berlin laut zu hören sein“, sagte der nationalkonservative Regierungschef. „Es ist die Stimme dieser unschuldigen Frauen und Kinder, die Stimme der Ermordeten, die von allen Deutschen und von allen deutschen Politikern gehört werden sollte.“

Update, 12.39 Uhr - Nach Attacke von Selenskyj wegen Russland-Politik: So reagiert Merkel

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich trotz massiver Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hinter die Entscheidung gestellt, die Ukraine 2008 nicht in die Nato aufzunehmen. „Bundeskanzlerin a.D. Dr. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest“, teilte eine Sprecherin Merkels am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Zugleich unterstützte die Ex-Kanzlerin die internationalen Bemühungen, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden.

„Angesichts der in Butscha und anderen Orten der Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin a.D.“, erklärte die Sprecherin.

Selenskyj hatte Merkel zuvor zu einer Reise nach Butscha aufgefordert, wo in den vergangenen Tagen nach dem Abzug russischer Truppen mehr als 300 Todesopfer gefunden wurden. In dem Kiewer Vorort könne sich Merkel - ebenso wie Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy - ein Bild ihrer gescheiterten Russland-Politik machen. Beim Gipfel 2008 hatten die Nato-Staaten der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht. Merkel und Sarkozy blockten Forderungen anderer Nato-Partner nach einem raschen Beitritt ab.

Update, 11.33 Uhr - „Sie blamiert Deutschland“: Söder fordert Entlassung von Verteidigungsministerin Lambrecht

CSU-Chef Markus Söder fordert die Entlassung von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. Die SPD-Politikerin sei in ihrem Amt „komplett überfordert. Sie blamiert Deutschland vor der Ukraine und unseren westlichen Partnern“, sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag nach Angaben von Teilnehmern in einer internen Sitzung des CSU-Vorstands. Weiter: „Scholz müsste eigentlich eine Kabinettsrochade machen.“ Darüber berichtete auch die „Bild“-Zeitung.

Hintergrund für die neue Schärfe an Kritik ist Lambrechts ablehnende Entscheidung zur Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine. Nach einem Bericht der „Welt“ hatte Lambrecht die Anfrage aus Kiew „abschlägig beschieden“, da alle eigenen Schützenpanzer in Nato-Verpflichtungen eingebunden seien. Söder betonte dagegen: „Es sind mehr Waffen für die Ukraine nötig. Deutschland muss Waffen liefern, ohne Kriegspartei zu werden. Deutschland macht zu wenig.“

Update, 10.46 Uhr - Selenskyj attackiert Merkels Russland-Politik: „Sehen sie sich die Gefolterten mit eigenen Augen an“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Reise in die von schweren Gräueltaten erschütterte Stadt Butscha eingeladen. In dem Kiewer Vorort könnten sich Merkel - ebenso wie der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy - ein Bild von ihrer gescheiterten Russland-Politik der vergangenen Jahre machen, sagte Selenskyj am Sonntagabend in einer Videobotschaft.

Im Jahr 2008 hätten die Nato-Staaten, darunter Deutschland, der Ukraine eine Aufnahme in Aussicht gestellt, dann aber aus Rücksicht auf Russland einen Rückzieher gemacht. Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin.

„Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat“, sagte Selenskyj. „Sehen sie sich die gefolterten Ukrainerinnen und Ukrainer mit eigenen Augen an“.

Die Bilder aus Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, sorgten am Sonntag international für Entsetzen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die kleine Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.

Update, 10.09 Uhr - Satellitenbilder sollen Massengrab bei Butscha zeigen

Ein Satellitenbild der us-amerikanischen Firma Maxar soll ein Massengrab auf dem Gelände einer Kirche in Butscha zeigen. Dort sind nach ukrainischen Angaben die Leichen von hunderten Zivilisten begraben, die von russischen Truppen getötet wurden.

Bei der Kirche handele es sich um die „Kirche des Heiligen Andreas und Pyervozvannoho Allerheiligen“. Die Aufnahme stammt nach Angaben von Maxar vom 31. März.

Bisher über 300 Leichen in Butscha geborgen - Selenskyj lädt Merkel ein

Laut ukrainischen Medienberichten sind nach dem Massaker in der Stadt Butscha bei Kiew mehr als 300 Leichen von Zivilisten geborgen worden. Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung „Ukrajinska Prawda“ am Montag unter Berufung auf einen Bestattungsdienst. Am Montag wurde die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt. Einige Leichen seien in Hinterhöfen vergraben, hieß es.

Die Bilder aus der Vorortgemeinde der Hauptstadt, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, haben international für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das. Die russische Botschaft in Berlin sprach beispielsweise von einer „Inszenierung des Kiewer Regimes für westliche Medien“.

Am Sonntag hatte die ukrainische Seite bereits vom Fund eines Massengrabes mit etwa 280 Toten berichtet, die während der russischen Angriffe nicht würdig hätten bestattet werden können. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft kündigte eine Obduktion der Leichen an, um das Verbrechen aufzuklären. Auch internationale Ermittler sollen eingeschaltet werden. Insgesamt sollen im Kiewer Gebiet bislang die Körper von mehr als 400 toten Zivilisten geborgen worden sein.

Die Nacht in der Kurzzusammenfassung:

fgr/dpa/afp

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