Dramatische Szenen haben sich auch in Söll (Bezirk Kufstein) abgespielt. Dort kam es in einem Siedlungsgebiet zu einem größeren Hangrutsch. Verletzt wurde dabei laut Bürgermeister Alois Horngacher glücklicherweise niemand. Eine Verbauung und ein Auffangbecken verhinderten Schlimmeres. Einige Häuser wurden jedoch vorsorglich evakuiert. 16 Personen wurden deswegen in einem Hotel untergebracht und dort von Rettungskräften versorgt.
Auch im Bezirk Kitzbühel, rund um den Fernpass, in Osttirol und im Zillertal sorgte der Regen für Probleme, zumal es am Vormittag vielerorts „munter“ weiter schüttete. Zudem hätten viele Menschen die Schäden am eigenen Haus und/oder Grundstück erst nach dem Aufstehen am Sonntagmorgen bemerkt, wie die Leitstelle Tirol nun bekannt gab. Die Bundesregierung in Wien sagte den Betroffenen bereits Hilfe aus einem Katastrophenfonds zu.
Auf der Kürsinger Hütte am Großvenediger im Bezirk Pinzgau (Salzburger Land) sitzen derzeit 35 Bergsteiger auf einer Höhe von über 2500 Metern fest und sind von der Außenwelt abgeschnitten. Muren haben den Zustiegsweg über das Obersulzbachtal unpassierbar gemacht.
„Es gibt derzeit auch keine Möglichkeit, jemanden mit dem Hubschrauber auszufliegen, weil wir hier dichten Nebel haben. Der Regen hat mittlerweile aufgehört. Vielleicht sind am Montag Hubschraubertransporte möglich. Alle Menschen in unserem Bereich sind glücklicherweise wohlauf“, sagte Gerd Frühwirth, Stellvertretender Vorsitzender der Alpenvereinssektion Salzburg-Stadt und Teil der Bergsteigergruppe in einem Gespräch mit dem ORF via Satellitentelefon.
Der Zivilschutzalarm für die Stadt Kufstein konnte inzwischen aufgehoben werden, wie das Land Tirol nun mitteilte. Dennoch forderten die Behörden die Bevölkerung auf, in ihren Häusern zu bleiben und die Einsatzkräfte nicht zu behindern. Ausuferungen des Kienbachs, Kreuzbachs und des Mitterndofer Bachs hatten in der Nacht zu massiven Überflutungen im Stadtgebiet von Kufstein geführt. Auch am Morgen standen Teile der Stadt noch unter Wasser.
Und die Lage bleibt angespannt: Auf Basis der aktuellen Niederschlagsprognosen sei derzeit von keiner raschen Entspannung der Hochwassersituation auszugehen. Man erwarte im Laufe des Sonntags weitere Regenmengen von bis zu 40 Litern pro Quadratmeter, hieß es. Zudem sind einige Straßen in Tirol wegen Murenabgängen gesperrt - und zwar die B108 (Felbertauernstraße) zwischen Mautstelle und Hinterburg, die B181 (Achenseebundesstraße), die B177 im Bereich der Staatsgrenze, die B173 (Eibergbundesstraße) und die Gerlosstraße (B165) ab Gerlos Richtung Gerlospass.
In Tirol wurden in der Zeit zwischen Samstag, 18 Uhr, und Sonntag, 6 Uhr, insgesamt 356 Rettungseinsätze im Zusammenhang mit dem Unwetter registriert. Besonders betroffen war das Tiroler Unterland, allen voran der Bezirk Kufstein. Alleine im Stadtgebiet Kufstein gab es knapp 200 Einsätze. Die Innenstadt stand auch am Sonntagmorgen noch unter Wasser. Teilweise kommt es auch zu Stromausfällen oder -abschaltungen.
Die Schäden seien enorm, das Ausmaß werde erst jetzt bei Tageslicht langsam sichtbar, erklärte Kufsteins Bürgermeister Martin Krumschnabel in einer ersten Stellungnahme gegenüber Medienvertretern vor Ort. Auf die Einsatzkräfte warte nun ein „herausfordernder Sonntag“, betonte Landesfeuerwehr-Inspektor Alfons Gruber. Zur Unterstützung wurden am Sonntag auch zwei Katastrophenzüge angefordert. Auch Einsatzkräfte aus Bayern sind bereits zur Hilfe geeilt.
Fotos aus Hallein:
Im Bundesland Salzburg ist die Situation weiterhin ziemlich unübersichtlich. Wie der ORF meldet, wurden seit Samstagnachmittag im gesamten Bundesland über 700 Feuerwehreinsätze registriert. Schwerpunkte waren die Bezirke Tennengau, Pinzgau und Flachgau. Seit Samstag, 15 Uhr, waren die Pegel verschiedener Flüsse stetig gestiegen. Bei Mittersill hatte die Salzach bereits zu dieser Zeit die erste Warnstufe überschritten.
In der Nacht war dann in Hallein Katastrophenalarm ausgelöst worden, nachdem der Kothbach über die Ufer getreten und eine Flutwelle durch die Stadt gefegt war und Autos mitgerissen hatte. Im Bereich der Altstadt kam es zu massiven Überschwemmungen. Die Halleiner Bevölkerung wurde aufgefordert, in den Häusern zu bleiben, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten und sich auch von den Dämmen der Fließgewässer fernzuhalten. Darum bat das Land Salzburg in einer Presseaussendung.
Am Sonntagmorgen (18. Juli) wurde in Kuchl ein Murenabgang gemeldet - mit Folgen: Denn deswegen könnte das Trinkwasser verunreinigt worden sein, weshalb die Behörden nun empfehlen, dieses mindestens drei Minuten lang abzukochen. Weitere Untersuchungen bezüglich der Wasserqualität laufen derzeit, hieß es.
Das kleine Dorf Kelchsau (Tirol) ist seit etwa Mitternacht von der Außenwelt abgeschnitten, wie die Tiroler Tageszeitung nun berichtet. Demnach wurde die Kelchsauer Landesstraße zum Teil von der Kelchsauer Ache regelrecht weggerissen. Auch die zweite Straße, die nach Kelchsau führt, ist seit der Nacht wegen einer unterspülten Brücke nicht mehr befahrbar.
Am Samstagabend fand im Dorf übrigens noch ein größeres Fest statt, weswegen nach Angaben der Landespolizeidirektion Tirol etwa noch 80 auswärtige Besucher im Gemeindebereich eingeschlossen sind. Feuerwehr und Bergrettung sind im Einsatz.
In der Nacht hat sich die Lage unter anderem in Kufstein dramatisch zugespitzt. Dort wurde am späten Samstagabend noch Zivilschutzalarm, sprich Katastrophenalarm, ausgelöst. Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und sich in höher gelegene Gebiete zu begeben. Bereits gegen Mitternacht hatten im Bezirk viele Zuflüsse des Inns die Messstände für ein 30-jähriges Hochwasser überschritten, vor allem die Brixentaler Ache bei Bruckhäusl und die Kelchsauer Ache bei Hörbrunn.
„Bitte bleibt alle zuhause und meidet Keller und Garagen“, schrieb die Stadt Kufstein in einem Facebook-Post. Im gesamten Bezirk sowie im Nachbarbezirk Kitzbühel gilt seit Samstagabend die Warnstufe orange.
Sintflutartige Regenfälle haben in der Nacht zum Sonntag weitere Teile Österreichs erfasst. Sowohl in Salzburg als auch in Tirol und der Bundeshauptstadt Wien waren die Feuerwehren im Dauereinsatz, wie die Agentur APA meldete. Im Stadtgebiet von Hallein sei Zivilschutzalarm ausgelöst worden, ebenso wie in Mittersill im Pinzgau sowie in Kufstein in Tirol. In der Stadt Salzburg wurde der Hochwasserschutz entlang der Salzach aufgebaut. Allerorts beobachteten die Krisenstäbe die Pegelstände von Bächen und Flüssen.
In Hallein überfluteten die Wassermassen Teile der Altstadt. Ein Bach hatte sich am Abend zu einem reißenden Strom entwickelt, bestätigte die Polizei am Samstag entsprechende Videos, die im Internet zu sehen waren. Nach Angaben der Feuerwehr lagen am späten Abend keine Meldungen über Vermisste, Verletzte oder gar Tote vor. Menschen, die in ihren Häusern eingeschlossen waren, seien mit Hilfe von Booten oder Lastwagen geborgen worden, sagte Landesfeuerwehr-Kommandant Günter Trinker.
Halleins Bürgermeister Alexander Stangassinger sprach gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ von einer Katastrophe. Glücklicherweise gibt es bislang keine Hinweise auf Verletzte oder Vermisste, wie auch die Polizei mitteilte.
In Kufstein werden die Menschen aufgefordert, Gebäude nicht zu verlassen und sich in höhere Stockwerke zurückzuziehen. Im Stadtgebiet erreichte das Wasser der Zulaufbäche des Inns bereits die Straßen. Wegen möglicher Erdrutsche wurde ein Teil der Felbertauernstraße gesperrt.
In Wien sorgten starker Regen und Gewitter für Hochbetrieb bei den Feuerwehren. Meist wurden die Feuerwehrleute wegen überfluteter Keller oder Unterführungen gerufen, bis zum Sonntagmorgen berichtete die Berufsfeuerwehr von über 500 Einsätzen. Bis Sonntagmittag gebe es für das Bundesland Salzburg eine Starkregenwarnung, meldete der ORF am späten Abend.
mh/dpa
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